Hirten
Tansanische Massai im industriellen Zeitalter
In Nord-Tansania gründete Martin Kariongi Ole Sanago das Institute for Orkonerei Pastoralists Advancement (IOPA), um Viehhütern zu helfen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Seit 1991 arbeitet IOPA in den Weidegegenden des nördlichen Tansania (Arusha, Kilimandscharo und Manyara). Das Institut unterstützt die Massai beim Wandel von der traditionellen Viehzucht hin zum professionellen Unternehmertum.
„Die Massai produzieren viel Milch. Und es sind Frauen, die für diesen Bereich zuständig sind“, erklärt Sanago. „So kam die Idee der Milchweiterverarbeitung auf, so dass die Frauen die Milch ihrer Kühe an diese Fabrik verkaufen können. Dadurch haben sie nun Geld und können ihren Kindern Schuluniformen kaufen und andere notwendige Dinge.“
Inzwischen stehen fünf Milchverarbeitungsfabriken in fünf Dörfern, und jede kann 1000 bis 1500 Liter Milch pro Tag verarbeiten. Es werden Käse, Butter, Joghurt und Ghee (geklärte Butter) hergestellt. Dies hat vieles im Leben der Massai-Frauen verändert: Sie haben andere Kleinunternehmen gegründet, wie Hühner- oder Ziegenzucht, was ihnen ein weiteres Einkommen verschafft. Der Erfolg der Frauen hat die Ehemänner inspiriert, ihre Frauen bei der Buchhaltung zu unterstützen. So arbeitet die gesamte Familie an verschiedenen unternehmerischen Aktivitäten mit.
„Als die Milchverarbeitungsfabrik gebaut wurde, brauchten wir Strom und Wasser, um sie zu betreiben“, sagt Sanago. „Wir konnten die Kosten senken, als wir begannen, unseren eigenen Strom und Wasser zu produzieren. Allein der Brunnen in Orkesumet produziert ausreichend Wasser für mehr als 3,8 Millionen Nutztiere und rund 1,3 Millionen Menschen.“
Bis dato wurden 189 Haushalte an das Stromnetz angeschlossen, darunter Schulen, Gesundheitszentren und Kirchen. Dies wiederum ermöglichte es anderen Kleinunternehmern – wie Schweißern – in neuen Gegenden zu arbeiten.
Die Errichtung des Bürgerradios Terrat Radio ermöglichte es jungen Massai-Männern und Frauen, den Wandel in ihrer Gesellschaft aktiv voranzutreiben. „Viele Männer hassen das Radio, weil die Frauen dort ihre Sorgen offenbaren“, sagt ein Radiomanager. In der Tat berichtet das Radio auch über schwierige Themen wie weibliche Genitalverstümmelung. Seit 2010 hat IOPA auch ein Zufluchts- und Rehabilitationszentrum für Frauen, die vor häuslicher Gewalt fliehen.
Martin Sanagos Rat für alle, die etwas Neues probieren wollen: Wenn du eine Idee hast, setze sie um, und „sei bereit, allein auf weiter Flur zu stehen. Wenn du ein einfaches, angenehmes Leben haben willst, kannst du keine Veränderungen bewirken.”
Grace Atuhaire ist Journalistin und Bloggerin aus Uganda. Sie lebt in Nairobi, Kenia.
graceseb@gmail.com