Februarheft
Leserbriefe
Falsch definierte Ziele
E+Z/D+C 2012/02, S. 46, Editorial,
und S. 60 f., Vera Dicke: „Kurzübersicht: Aid-Effectiveness-Debatte“
Frau Dicke zitiert in ihrem Beitrag ein UN-Dokument mit der Aussage, dass
die „internationale Gemeinschaft die Millenniumsziele allenfalls noch erreichen kann, wenn sie ihre bisherigen Anstrengungen zügig verstärkt“. Ich vermisse bei derartigen Berichten immer den Hinweis, dass manche Regierungen in Entwicklungsländern ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Deshalb bleibt Entwicklungshilfe – wie im Editorial steht – eine Risikoinvestition.
Die Millenniumsziele sind nicht nur gefährdet, sondern es ist absehbar, dass sie nicht erreicht werden können. Sie spielen nur noch eine zentrale Rolle bei der Mobilisierung der Öffentlichkeit für immer mehr finanzielle Mittel für die Entwicklungshilfe. Wichtig wäre, offiziell einzugestehen, dass sie bei der Verabschiedung im September 2000 unzulänglich formuliert wurden und unzureichend sind, denn weder gute Amts- und Regierungspraxis noch die Achtung der Menschenrechte wurden als Ziele durchgesetzt.
Jetzt gibt es folgerichtig bereits Vorschläge zur „Agenda beyond 2015“. Das hängt auch mit der fast unumschränkten Machtfülle afrikanischer Staatschefs und einem Staatsverständnis zusammen, das Ämter als reine Einnahmequelle der herrschenden Volksgruppe begreift. Noch gilt in Afrika ein Regierungsposten als bessere Wohlstandsgarantie als eine gute Ausbildung in der Privatwirtschaft.
Volker Seitz, Botschafter a. D., Six-Fours-les-Plages, Frankreich