Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Klimawandel

Recht auf internationale Unterstützung

Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt, was das Pro-Kopf-Einkommen, und zugleich eines der reichsten, was die Artenvielfalt betrifft. Etliche Pflanzen- und Tierarten sind auf dem viertgrößten Inselstaat der Welt endemisch, kommen also nur dort vor. Der Klimawandel gefährdet nicht nur die einzigartige Flora und Fauna, sondern damit auch die Existenzgrundlage der Bevölkerung, die weitgehend von den natürlichen Ressourcen des Landes abhängig ist. Der Leiter des dortigen KfW-Büros, Burkhard Margraf, spricht über die Auswirkungen des Klimawandels und wie darauf reagiert wird.

[ Interview mit Burkhard Margraf ]

Madagaskar hat einen Artenreichtum wie kaum ein anderes Land. Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Natur- und Artenschutz aus?
Temperaturerhöhung und veränderte Niederschlagsmuster bedeuten für die Waldökosysteme Madagaskars einen enormen Stress. Dabei sind diese durch Rodung und expansiven Landbau ohnehin schon stark belastet. Was den Artenschutz angeht: Kürzlich fanden amerikanische Forscher heraus, dass besonders empfindliche Reptilien und Amphibien versuchen, in höhere und damit kühlere Bergregionen auszuweichen. Dieser Versuch, der schleichenden Erwärmung durch eine Verlagerung ihrer Lebensräume zu entkommen, war aber bisher vergeblich.

An vielen Orten dieser Welt macht sich die Veränderung der klimatischen Verhältnisse bereits deutlich und zum Teil auf dramatische Weise bemerkbar. Wie zeigt er sich in Madagaskar, und inwieweit ist die Bevölkerung davon betroffen?
Meteorologen beobachten eine Häufung von Extremereignissen, besonders von tropischen Wirbelstürmen. In den Jahren 2004 und 2007 etwa wüteten die Zyklone Gafilo und Indlala in ungekanntem Ausmaß. Aber auch verlängerte Trockenphasen und Überflutungen nach sehr starkem Regen werden immer mehr zum Problem. Die Landbevölkerung ist dadurch oft tödlichen Gefahren ausgesetzt – zudem steigt damit auch das Armutsrisiko erheblich.

Der Einsatz für Natur- und Artenschutz kann auch der lokalen Bevölkerung helfen, mit den veränderten Bedingungen umzugehen. Wie?
Neben den ethischen Argumenten, die hinsichtlich der einzigartigen Flora und Fauna Madagaskars ein besonderes Gewicht haben, stabilisiert der Artenschutz auch Naturräume, die für den Menschen wichtig sind. Weil die KfW Entwicklungsbank gute Erfahrungen mit einzelnen Parks gemacht hat, unterstützt sie nun das madagassische Nationalparksystem – und zwar im Rahmen einer Korbfinanzierung.

Was trägt Naturschutz darüber hinaus zur Mitigation bei, also inwiefern hilft er dabei, den Klimawandel zu verhindern?
Angesichts des Artensterbens und der akuten Not der Bevölkerung spielt das Thema Klimaschutz in Madagaskar eher eine Nebenrolle. Aber durch den Erhalt von Waldgebieten wird CO2 gebunden, was nicht unwesentlich zum Schutz des Weltklimas beiträgt. Aber der Wald wird natürlich nicht nur schonend genutzt, sondern natürlich roden die Menschen auch viel – etwa um Holzkohle und Flächen für den Landbau zu gewinnen. Dafür wurden bereits achtzig Prozent der Wälder zerstört. Und das, obwohl die Insel früher fast vollständig bewaldet war. Auch hier setzt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit an. In den kommenden Jahren werden KfW und GTZ madagassische Landwirte dabei unterstützen, mehr als 9000 Hektar Wald für die nachhaltige Holzkohlegewinnung aufzuforsten.

Wie wägt die Regierung klimapolitische und wirtschaftspolitische Interessen ab?
Die Regierung führt mit gemischtem Erfolg einen verzweifelten Kampf gegen die Armut im eigenen Land. Klimapolitik bedeutet vor diesem Hintergrund eher, finanzielle Ressourcen und technisches Wissen zur Bewältigung der primären Politikaufgaben zu gewinnen. Die Initiative des madagassischen Präsidenten, die Schutzflächen seines Landes zu verdreifachen, ist international sehr anerkannt. Dieses Ziel zum Schutz der Natur ist im Fünfjahresplan der Regierung fest verankert.

Und welche Rolle spielt der Natur- und Artenschutz dabei?
Man ist sich in Madagaskar sehr bewusst darüber, was Bevölkerungswachstum, Raubbau und Armut innerhalb weniger Jahrzehnte aus dem natürlichen Reichtum der Insel gemacht haben und wie die Lage der verbliebenen Waldflächen wäre, wenn man nicht massiv interveniert hätte. Durch Dürren und Bodenerosion würden sich die Lebensverhältnisse immer weiter verschlechtern. Deshalb hat die madagassische Regierung darum gebeten, ein kleines Vorhaben der Finanziellen Zusammenarbeit zum Erosionsschutz auf das ganze Land auszuweiten. Dieses rein selbsthilfe­orientierte Projekt hat sich zum erfolgreichsten Erosionsschutzprogramm der Insel entwickelt. Den Madagassen ist sehr bewusst, dass diese negativen Auswirkungen die Entwicklungsmöglichkeiten des Landes etwa beim Tourismus
beeinflussen werden. Natur- und Artenschutz sind deshalb definitiv keine Fremdworte in Madagaskar. Aber man muss sie sich leisten können – wie die Industriestaaten seit einigen Jahrzehnten. Die Megabiodiversität der Insel gilt als internationales öffentliches Gut, daher hat das Land ein Recht auf internationale Unterstützung.

Wie beteiligt sich die KfW Entwicklungsbank an dem ganzen Prozess?
Die Beiträge der Finanziellen Zusammenarbeit lassen sich, was Umwelt- und Ressourcenschutz angeht, in drei Teile untergliedern.
– Zum einen gibt es den Natur- und Ressourcenschutz: Für die Unterstützung der Nationalparkbehörde beim Aufbau und Unterhalt von Schutzgebieten wurden in den vergangenen Jahren rund 25 Millionen Euro bereitgestellt. Um diese Nationalparks nachhaltig finanziell fördern zu können, wurden fünf Millionen Euro in eine Beteiligung an der madagassischen Stiftung für die nachhaltige Absicherung von Naturschutzgebieten inves­tiert. Mit weiteren zwei Millionen Euro sollen privatwirtschaftliche Ansätze im Naturschutz, vor allem im Ökotourismus, finanziert werden. Die Umwelterziehung wurde mit rund 3,5 Millionen Euro gefördert, davon werden unter anderem Schulfibeln und Umweltmagazine gedruckt – damit wird die Bevölkerung direkt angesprochen.
– Der zweite Teilbereich, in dem die FZ zum Umweltschutz beiträgt, ist der Erosionsschutz, der bisher mit rund neun Millionen Euro unterstützt wurde.
– Und schließlich ist der dritte geförderte Bereich die Aufforstung. Diese Aufgabe ist mit den beiden erstgenannten Themen eng verzahnt. Hierfür hat die FZ fünf Millionen Euro bereitgestellt. Seit 2008 gibt es für die Vorhaben im Schwerpunktsektor zudem Budgethilfe. Im Zuge des „greening of the budget“ gingen sieben Millionen Euro an die madagassische Regierung, damit Geld für den gesamten Umweltsektor verfügbar ist.

Wer sind in diesen Vorhaben die wichtigsten Partner der KfW?
Das Ministerium für Umwelt, Forsten und Tourismus (MEFT) und das Ministerium für Landwirtschaft (MAEP). Darüber hinaus sind in den letzten Jahren auch andere Einrichtungen für unsere Arbeit bedeutend geworden, etwa die nationale Parkbehörde (Madagascar National Parks), die Stiftung für nachhaltigen Naturschutz und die Vertreter des Erosionsschutzvorhabens PLAE. Auch mit den Umweltorganisationen WWF und Conservation International sind wir seit Jahren sehr eng verbunden.

Wie steht denn die einfache madagassische Bevölkerung zu diesen ganzen Themen?
Weite Teile der Bevölkerung leben in großer Armut und haben andere Sorgen als Arten- und Klimaschutz. Trotzdem wächst das Bewusstsein dafür. Nicht zuletzt tragen dazu die Millionen Fibeln mit ökologischen Inhalten bei, die KfW und WWF gemeinsam haben drucken lassen. Die Inhalte von „Ny Voary“ sind integraler Bestandteil des Unterrichts an den madagassischen Grundschulen. In der Regel fehlen der Bevölkerung schlicht die Alternativen, einen angemessenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Man muss bedenken, dass das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 2007 bei 370 Dollar lag.

Fragen von Eleonore von Bothmer

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