Argentinien
Staatsdefizit ist Kernproblem
Die argentinische Regierung hat ihre erste wirtschaftliche und finanzielle Probe erfolgreich bestanden. Politische Herausforderungen, welche die Regierungsfähigkeit belasteten, wurden schon mehrfach bestanden. Die Wirtschaft erholt sich langsam, aber kontinuierlich. Darauf bin ich stolz. Es ist richtig, dass der argentinische Peso an Wert verloren hat – aber nicht viel mehr als andere Währungen der Region. Grund dafür war vor allem der internationale Höhenflug des Dollars in Folge des Zinsanstiegs in den USA.
Das große Haushaltsdefizit, das uns seit Jahrzehnten belastet, macht uns für Kapitalmarktturbulenzen besonders anfällig. Die schlechte Politik der Vergangenheit hat uns an einen fixen Dollar-Kurs gewöhnt, und wenn der nur ein wenig schwankt, fürchten viele gleich eine Krise.
Wir haben aber keine Angst, sondern verfügen über Wege, solchen Schwankungen zu begegnen. Argentinien stand zu keiner Zeit kurz vor einer wirklichen Krise. Es gab lediglich Liquiditäts- und Koordinierungsprobleme, so dass bestimmte Maßnahmen nötig wurden:
- Die Leitzinsen der Zentralbank mussten ansteigen,
- die Regierung musste Finanzhilfen beim IWF beantragen und
- das Haushaltsdefizit reduzieren.
Ein wichtiger Meilenstein war der Triumph der „Lebacs“ genannten Zentralbankanleihen. Wegen mangelnder Liquidität musste die Zentralbank neue Papiere auflegen. Die Nachfrage nach Lebacs war sogar größer als erwartet. Das zeigt, dass die politischen Entscheidungen und die Zeichen, die die Regierung setzte, ausreichen, um das Vertrauen in die argentinische Wirtschaft wiederherzustellen.
Auch die internationalen Reaktionen, von Washington über Berlin bis zu den G20, halfen bei der Stabilisierung. Die Welt sieht uns erneut als vertrauenswürdigen Partner. Der 50-Milliarden-Dollar-Kredit des IWF, der über drei Jahre läuft, wird uns helfen, bis 2020 einen ausgeglichenen Primärhaushalt zu erreichen.
Präsident Mauricio Macri hält an den optimistischen Zielen fest, die manche für unrealistisch halten. Das Versprechen der ökonomischen Normalisierung, das er vor zwei Jahren in einer Regierungserklärung machte, gilt weiter. Er warnt davor, Argentiniens Lage schlechtzureden.
Dass es nun Koordinations- und Kommunikationsprobleme gab, lag unter anderem an der Unabhängigkeit der Zentralbank, die bewahrt werden muss. Argentinien muss zudem dringend sein Haushaltsdefizit reduzieren, denn es belastet alle Bürger. Es macht das Land auch von externer Finanzierung abhängig und damit verwundbar. Das ist der Kern des Problems.
Wir Argentinier brauchen Vorhersehbarkeit. Wir müssen sicher sein, dass unkontrollierte Staatsausgaben unsere Wirtschaft nicht erneut vernichten. Die Krux ist, dass die Argentinier – allen voran die Regierung – jetzt ein Problem beheben müssen, das sich seit vielen Jahrzehnten manifestiert hat und uns zur Jahrtausendwende in die Krise geführt hat.
In manchen Provinzen sind heute 70 Prozent der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Deshalb versuchen wir, echte Jobs zu schaffen – und für den Arbeitsmarkt auszubilden. Die beste Sozialpolitik besteht darin, Arbeit zu schaffen.
In den vergangenen turbulenten Wochen ist Argentiniens größter Windpark mit einer Investitionssumme von 3 Milliarden Dollar in Betrieb gegangen. Außerdem haben wir einen neuen Markt erschlossen: China hat seine Grenzen für frisches und tiefgefrorenes Fleisch geöffnet. Das ist ein Markt mit 200 Millionen potenziellen Konsumenten für diese Produkte. Auch der Biobereich spielt global gesehen eine wichtige Rolle und schafft Nachfrage nach argentinischen Erzeugnissen.
Echte Lösungen brauchen internationale Zusammenarbeit mit wechselseitiger Unterstützung. Wir müssen darauf achten, dass die Segnungen des Fortschritts auch bei denen ankommen, die am wenigsten haben. Nur durch Teilhabe aller erreichen wir eine ethische Globalisierung.
Cornelia Schmidt-Liermann ist argentinische Parlamentsabgeordnete und gehört der Partei von Präsident Mauricio Macri an.
csliermann@diputados.gov.ar
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Twitter: @CorneliaSL