Versicherungen
Besser als der Bettelsack
Malawi spüre die Folgen des Klimawandels, sagt Ronald Mangani, der Finanzstaatssekretär des Landes. Dem Spitzenbeamten zufolge erkennt die Regierung die Gefahren und will sich auf Katastrophen vorbereiten. Deshalb sei sie auch Mitglied der ARC geworden. Die ARC ist eine Fachinstitution der AU und dient dazu, Klimarisiken kontinentweit zu streuen. Sie ist im Kern eine Versicherung und wird von Deutschland und dem britischen Königreich unterstützt. Im Auftrag der Bundesregierung hat die KfW Entwicklungsbank 50 Millionen Dollar zur ARC beigesteuert. Ein Teil des Risikos decken private Rückversicherungen ab.
Die ARC verkauft afrikanischen Staaten bislang Policen gegen Dürren. Andere Versicherungen – etwa gegen Sturmschäden – werden vorbereitet.
Wenn der Regen ausbleibt, soll die ARC zahlen. Als aber 8,5 Millionen Bauern in diesem Jahr von Trockenheit gebeutelt wurden, wollte sie zunächst kein Geld bereitstellen. Staatssekretär Mangani berichtet, sie habe angenommen, die Landwirte kultivierten eine andere Reissorte, als tatsächlich auf den Feldern verdorrt war. Hätten die Bauern länger heranreifende Sorten angebaut, hätte später Regen die Ernte noch gerettet. Das war aber nicht der Fall. Nach genauerer Analyse der Lage beschloss das ARC-Management, Malawi 8,1 Millionen Dollar für Nothilfe auszuzahlen. Mangani lobt die Lernfähigkeit der ARC.
2015 profitierten Senegal, Mauretanien und Niger von ihrer ARC-Mitgliedschaft. Zusammen bekamen sie 26 Millionen Dollar, um Dürrefolgen zu beheben. Für den Versicherungsschutz hatten sie zuvor insgesamt 8 Millionen Dollar bezahlt.
Nachdem Orkan Matthew im Herbst Haiti verwüstet hatte, erhielt die Regierung des Inselstaats fast 20 Millionen Dollar von der ähnlich strukturierten CCRIF. Andere Länder in der Region bekamen zusammen 9 Millionen Dollar.
Stefan Dercon, der Chefvolkswirt des britischen Entwicklungsministeriums (Department for International Development – DfID), lobt den Versicherungsansatz, weil er „Sicherheit in einer unsicheren Welt“ schaffe. Dass Haiti bereits zwei Wochen nach Matthew Geld bekam, sei bemerkenswert. Bislang seien nach Desastern langwierige Verhandlungen mit humanitären Organisationen und Geberregierungen nötig gewesen, bevor Mittel bereitgestellt wurden. Es sei mit dem „Bettelsack“ gearbeitet worden – einem „Finanzinstrument aus dem 12. Jahrhundert“.
Diese Methode sei für die betroffenen Regierungen peinlich, sagt Dercon. Obendrein koste sie Zeit und führe zu suboptimalen Ergebnissen. Schließlich gebe es Anreize, Notlagen zu überzeichnen, um ungerechtfertigt viel Geld einzustreichen. Die Informationslage sei oft dürftig, und die verschiedenen Partner koordinierten ihr Handeln nicht ausreichend. Der Ökonom betont, es sei viel besser, klare Verträge darüber abzuschließen, wie viel Geld unter welchen Umständen fließt. Dadurch werde Nothilfe „schnell und an Regeln gebunden“.
In der Praxis sind aber noch nicht alle Probleme gelöst. Das Beispiel Malawis zeigt, dass Katastrophenszenarien im Voraus nicht immer richtig eingeschätzt werden. Eine solide Datenbasis ist nötig, aber nicht überall gegeben. Obendrein reicht es nicht, wenn Regierungen über Mittel verfügen. Die betroffenen Menschen müssen erreicht werden. Dercon meint, Haiti werde sein Geld möglicherweise nicht gut einsetzen, denn es handele sich um „einen der schwächsten Staaten“ der Welt.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hält Versicherungsansätze grundsätzlich für unterstützenswert. Abteilungsleiterin Ingrid-Gabriela Hoven sagte im November bei einer Tagung der KfW in Frankfurt, jetzt sei der „perfekte Zeitpunkt“, um das voranzutreiben, und zwar nicht nur, weil Versicherungen zum Management von Klimarisiken, die voraussichtlich zunehmen werden, beitragen können. Aus Hovens Sicht sollten Versicherungen auf andere Weise in die Entwicklungspolitik eingebettet werden. So können etwa „smarte Subventionen“ dazu beitragen, durch Versicherungsschutz die soziale Sicherung armer Menschen zu verbessern, ohne die finanzielle Nachhaltigkeit der Ansätze zu gefährden und ohne Risikoneigung zus steigern.
Hans Dembowski