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Kommentar

Historischer Schritt

Die Internationale Labour Conference (ILC) strebt eine bindende Konvention über die Rechte von Haushaltsangestellten an. Die ILC unterscheidet dabei nicht zwischen Frauen mit und ohne Aufenthaltserlaubnis. [ Von Stefan Rother ]

Mehr als 100 Millionen Menschen sind der International Labour Organisation (ILO) zufolge weltweit als Haushaltsangestellte tätig. Es handelt sich überwiegend um Frauen, die wichtige Aufgaben übernehmen: Sie betreuen Kinder, pflegen alte Menschen und ermöglichen Eltern – meist Müttern – die Rückkehr in den Beruf.

Dennoch zählt diese Beschäftigtengruppe international zu den besonders schlecht geschützten. Missbrauch nimmt viele Formen an: von unbezahlten Überstunden über Freiheitsberaubung bis hin zu Gewalt und sexuellem Missbrauch. Betroffene können sich oft kaum wehren. Sie sind isoliert, abhängig und oft nicht in der Lage, sich zu organisieren. Vielfach sind sie minderjährig.

In reichen Ländern verrichten oft Migrantinnen, die meist nur eingeschränkte Rechte haben, Haushaltsarbeiten. Frauen, die ohne Papiere eingereist sind, haben zudem Grund, Behördenkontakt zu fürchten. Erschwerend kommt hinzu, dass Rekrutierungsagenturen Frauen oft mit hohen Vermittlungsgebühren bis hin zur Schuldknechtschaft belasten. Auch in Entwicklungsländern ergeht es Haushaltshilfen vielfach schlecht. Sie stammen häufig vom Land, haben keine Ausbildung und sind ihren Auftraggebern ausgeliefert.

Eigentlich sollten internationale Grundrechte für alle Arbeitnehmer gelten. Aber in vielen Staaten schließt das Arbeitsrecht Hausangestellte explizit aus. Dahinter steht die Vorstellung, Hausarbeit sei keine richtige Arbeit. Der Migrantinnenstatus erklärt derweil, warum sich Gewerkschaften in reichen Ländern lange nicht für diese Frauen interessiert haben. Dort werden billige Arbeitskräfte geduldet, sofern sie heimische Jobsuchende nicht verdrängen. Die Herkunftsländer wiederum sind meist mehr an Heimatüberweisungen interessiert als daran, wie es den Migrantinnen in der Ferne ergeht – zumal Dienstpersonal es auch in der Heimat nicht leicht hat.

Vor diesem Hintergrund ist es als historisch zu bewerten, dass die 99. International Labour Conference (ILC) in Genf im Juni den ersten großen Schritt zu einer Konvention genommen hat, die einen besseren Schutz für Hausangestellte gewährleisten soll. An der ILC sind Regierungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen beteiligt. Interessenorganisationen haben vor und während der Tagung Druck gemacht.

Das Ergebnis ist, dass der zuständige Ausschuss beschloss, nicht nur eine Liste von Empfehlungen aufzustellen, sondern eine bindende Konvention anzustreben. Opposition leisteten vor allem asiatische Staaten wie Indien. Aber auch Kanada und die Arbeitgebervertreter sprachen sich gegen ein „robustes Instrument“ aus. Während sich die USA früher geradezu provozierend desinteressiert zeigten, engagierten sich die Abgesandten der Obama-Regierung ungewohnt positiv.

Festzuhalten ist, dass die ILC Hausangestellten Grundrechte wie die Assoziationsfreiheit, den Anspruch auf Arbeitsverträge und geregelte Dienstzeiten zugesprochen hat. Die Konferenz ist zudem auf spezifische Fragen wie etwa das Recht auf Privatsphäre eingegangen. Grundsätzlich gilt all das auch für Hausangestellte ohne Aufenthaltserlaubnis, denn die ILC hat diesen Statusunterschied gar nicht weiter behandelt.

Wichtige Schritte stehen allerdings noch an. Im kommenden Jahr wird der Entwurf erneut beraten und soll dann vom ILC-Plenum beschlossen werden. Gewerkschaftsvertreter halten es für wahrscheinlich, dass die Arbeitgeberseite den Prozess bremsen wird.

Wenn das Plenum die Konvention beschließt, müssen die Nationalstaaten sie danach ratifizieren. Manche vergleichbare ILO-Konventionen wurden bislang leider nur von wenigen Ländern unterzeichnet. Wahrscheinlich werden viele Staaten, die sich zur Ratifizierung entschließen, doch wieder zwischen Menschen mit und ohne Aufenthaltserlaubnis unterscheiden und letztere vom Arbeitsrecht ausschließen.

Trotz solcher Einwände ist die Entscheidung, eine Konvention anzustreben, zu begrüßen. ILO-Direktorin Manuela Tomei freut sich zu Recht über den „kulturellen Wandel“, demzufolge Hausangestellte künftig als reguläre Arbeitnehmer wahrzunehmen sind.

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