Banken

Grünes Wachstum für Südosteuropa

Öffentlich-private Partnerschaften haben sich bei der Finanzierung von Mikro-, kleinen und mittleren Unternehmen bewährt. Deshalb werden sie nun in weiteren Bereichen angewendet – vor allem um Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien zu fördern. Als ersten Finanztopf dieser Art hat die KfW Entwick­lungsbank zusammen mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) den „Green for Growth Fund, Southeast Europe“ (GGF) für Südosteuropa gestartet.

[ Von Lloyd Stevens und Luke Franson ]

Viele Geberländer und -organisationen mussten in jüngster Zeit erleben, wie beschränkt ihre finanziellen und operativen Möglichkeiten sind. Zunehmend versuchten sie, private Partner mit ins Boot zu holen. So kam es zu einem Boom öffentlich-privater Partnerschaften (PPP), in denen privat Beteiligte öffentliche Aufgaben mit übernehmen oder einen Teil der technischen, betrieblichen und wirtschaftlichen Risiken tragen. Zunächst begrenzt auf Infrastrukturprojekte, wurden PPPs mit der Zeit auch für viele weitere gesellschaftlich relevante Zwecke eingesetzt – unter anderem im Finanzsektor.

PPP auf den Finanzmärkten

Normalerweise wird für ein PPP-Projekt ein dafür eigens eingerichtetes Investmentvehikel, beispielsweise ein Fonds, geschaffen. Investitionen werden dabei nahezu vollständig unter Berücksichtigung kommerzieller Prinzipien getätigt. Mit dem Geld aus dem Fonds soll ein gesellschaftliches Ziel finanziert werden wie die Förderung von Mikro- und Kleinunternehmen oder Klimaschutzmaßnahmen. Lange Zeit wurde in diese Bereiche zu wenig investiert, sei es durch äußere Umstände oder aufgrund von Informationslücken. Umso größer ist nun der öffentliche Handlungsdruck.

Im PPP-Modell zeichnen Entwicklungsministerien oder Geberorganisationen nachrangige „C-Kapitalanteile“ eines mehrfache Kapitaltranchen umfassenden Fonds, um mögliche Verluste abzufangen, die bei den durch den Fonds getätigten Investitionen entstehen können. Die nächste Tranche an Mezzanine-Kapital wird überwiegend von internationalen Finanzinstitutionen (IFI) finanziert – multilaterale Entwicklungsbanken, die Marktmittel bereitstellen, die sie jedoch aufgrund ihrer staatlichen Eigentümerschaft häufig zu attraktiven Konditionen mobilisieren können. Diese Mezzanine-Tranche (B-Kapitalanteile) dient ebenfalls zum Ausgleich eventueller Verluste, die über den Anteil der C-Kapitalanteile hinausgehen. Beide Tranchen ergeben ein ausreichendes Risikopolster, um vorrangige Wertpapiere (A-Aktien) und Schuldverschreibungen auch an private Investoren zu verkaufen.

Von einem kommerziell ausgerichteten Fonds wird typischerweise erwartet, dass Investoren, die in die C-Kapitalanteile investiert haben, auch mit der höchsten Rendite rechnen dürfen, weil sie das größte Risiko tragen. Das ist bei den PPP-Fonds im Allgemeinen jedoch anders. Geberorganisationen geht es vor allem um eine erfolgreiche „Entwicklungsrendite“ und weniger um die Maximierung des finanziellen Ertrags. Durch die Hebelung privaten Kapitals können sie eine weitaus größere entwicklungspolitische Gesamtwirkung – einschließlich einer größeren Breitenwirkung bei der Erreichung der Zielgruppen – erreichen als mit klassischen Geberprogrammen.

Liegt der zulässige Hebelfaktor eines Fonds zum Beispiel bei sieben zu eins (das bedeutet ein Polster von mindestens 12,5 Prozent C-Aktien), können mit jedem vom Geber eingebrachten Euro insgesamt sieben Euro für Investitionen ausgegeben werden. Da die Investitionsmittel generell revolvieren – das bedeutet, dass Investitionen zurückgezahlt und diese Mittel dann wieder ausgelegt werden –, steigt dieser Effekt um ein Mehrfaches. Für Geberorganisationen ist das sinnvoll, da sie eher die Gesamtwirkung ihrer entwicklungspolitischen Maßnahmen als die finanzielle Rendite steigern möchten. Gleichzeitig verringert sich für private Investoren das Risiko, was einen Investitionsanreiz darstellt.

Letztlich soll durch PPP-Fonds ein funktionsfähiger Markt mit eigenem Wachstumsantrieb entstehen, der gleichzeitig einen Entwicklungsbeitrag leistet. Dafür ist es wichtig, privates Kapital effektiv und nachhaltig zu mobilisieren. Die Geberorganisationen und IFIs ermöglichen also den Brückenschlag zwischen einer reinen Geber­finanzierung über staatliche Ausgaben und einer kommerziellen Finanzierung über privates Kapital. So können die eingangs erwähnten Hindernisse überwunden und Informationslücken geschlossen werden. Diese halten private Anleger davon ab, in entwicklungspolitisch wichtige Aufgaben zu investieren, die ihnen kaum vertraut sind oder in die sie nur bei einem prohibitiv hohen Risikoaufschlag investieren würden.

Ermutigender Start

„Finance in Motion“ ist ein auf Entwicklungsfinanzierung spezialisiertes Asset-Management-Unternehmen für alternative Investments. Es kann solide Erfolge mit solchen Investmentfonds vorweisen: Zunächst in der Konzeption, danach als Fondsberater, unterstützen die Experten von Finance in Motion den European Fund for Southeast Europe (EFSE), den weltweit größten Fonds für Mikrofinanzierung und Finanzierung für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) mit Kapitalzusagen von über 800 Millionen Euro. Der EFSE wurde von der KfW Entwicklungsbank unter Beteiligung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ins Leben gerufen. Inzwischen stehen hinter diesem Fonds eine Vielzahl von Geber- und Finanzinstitutionen sowie eine große Zahl privater Investoren. Damit gilt der EFSE heute als Leuchtturminitiative für PPP-Entwick­lungsprojekte.

Die Hauptinvestoren des EFSE übertrugen das erfolgreiche EFSE-Modell auf PPP-Fonds für andere Zwecke. So finanziert zum Beispiel der REGMIFA-Fonds Mikrokredite und Kredite für kleine und mittlere Unternehmen südlich der Sahara. Seit kurzem werden auf Basis des EFSE-Modells auch Investitionen in Energieeffizienz (EE) und in erneuerbare Energien (RE) gefördert. Der „Green for Growth Fund“ (GGF) in Südosteuropa ist das erste Praxisbeispiel für eine PPP-Finanzierung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Der regionale Kontext

Unter Südosteuropa versteht der GGF die Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien und die Türkei. Es handelt sich hier um einen wichtigen Markt für die Finanzierung von EE/RE. Diese Länder befinden sich alle – wenn auch auf unterschiedlichen Stufen – im Beitrittsprozess zur EU, sei es durch Unterzeichnung des Acquis Communautaire oder durch den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess im westlichen Balkan. Demgemäß ist das EU-Ziel, den Energieverbrauch und Kohlendioxidausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken, auch für diese Länder von Relevanz.

Aufgrund ihrer Geschichte haben Südosteuropas Volkswirtschaften (außer der Türkei und Albanien) eine recht geringe Energieeffizienz und erzeugen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung viel CO2. Statistiken der Internationalen Energieagentur (2009) belegen: Serbiens Wirtschaft zum Beispiel braucht im Verhältnis mehr als doppelt so viel Energie und Kohlenstoff als die deutsche. Da ist Albanien im Vorteil; es kann viel Wasserkraft nutzen. Bedingt gilt dies auch für die Türkei.

Sobald diese Märkte der EU beitreten, wird ihr Wirtschaftswachstum auch den Energiebedarf steigern. Schon heute importiert Südosteuropa viel Energie aus dem Ausland und hängt von Gas und Strom aus Nachbarländern ab. Wie dringend notwendig mehr Unabhängigkeit wäre, spürt vor allem die Türkei, ein Land, das 80 Prozent seiner Energie einführt.

Steigender Energiebedarf lässt sich entweder konventionell durch Kohle, Öl und Gas abdecken – oder durch erhöhte Energieeffizienz und den Technologiesprung von einer kohlenstoffintensiven Industrie zur nachhaltig angelegten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Angesichts der globalen Erwärmung und knapper Vorkommen fossiler Energieträger ist es zweifellos vernünftiger, auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu bauen. Diesem Ziel hat sich der Green for Growth Fund verschrieben. Der GGF leiht Banken in Südosteuropa zu günstigen Konditionen Geld, damit diese Investitionen privater Haushalte, Unternehmen und Gemeinden in Energieeffizienz und erneuerbare Energien finanzieren.

Rund 70 Prozent der Fondsmittel fließen in Kredite für Finanzinstitute. Dieses Geld soll „grünen“ Finanzprodukten zum Durchbruch auf dem regionalen Markt verhelfen. Technische Berater stehen dem GGF zur Seite. Sie helfen den Partnern aus Südosteuropa, Markt­nischen zu identifizieren, neue Darlehensformen zu entwerfen, Personal auszubilden und die neuen Produkte einzuführen.

Darüber hinaus investiert der GGF auch direkt in RE-Projekte, indem er zum Beispiel Geld für kleine Wasser- oder Windkraftanlagen, für Biomasse-Projekte oder für solare Stromerzeugung bereitstellt. Egal, ob die Förderung durch den GGF direkt oder indirekt durch Finanzinstitute stattfindet, stets fördert sie Investitionen, die nachhaltig dazu beitragen, im Zielland einen grünen Energiemarkt aufzubauen.

Damit er seinem Anspruch gerecht wird, sind bei der Vergabe von GGF-Mitteln mindestens 20 Prozent Energieeinsparung und/oder eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 20 Prozent vorgeschrieben. Dies entspricht den EU-Klimaschutzzielen. Die GGF-Partner müssen ihre Fortschritte dokumentieren und darüber Rechenschaft ablegen. Die Zahl sinnvoller Investitionsmöglichkeiten ist groß (siehe Kasten).

Ausblick

Da die Infrastruktur und technischen Anlagen in der südosteuropäischen Industrie oft alt sind und viel Energie verbrauchen, verspricht der GGF enormes Wachstum. Wie weit sich diese Hoffnungen erfüllen werden, hängt davon ab, wie sich der rechtliche und ordnungspolitische Rahmen in diesen Ländern entwickelt. PPP-Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien benötigen zudem ausreichend solide Marktstrukturen.

Der GGF plant in den nächsten fünf Jahren Investitionen im Wert von mehr als 400 Millionen Euro in Südosteuropa. Diese Investitionssumme entspricht den GGF-induzierten Einsparungen von über 70 000 Tonnen Kohlendioxid-Emissionen pro Jahr, wobei diese Zahl nur direkte und unmittelbare Einsparungen erfasst. Sind die Investitionsdarlehen einmal vollständig zurückgezahlt, hören die Energiespareffekte nicht auf – sie dauern über Jahrzehnte an. Anders als bei Beihilfen oder Zuschüssen fließt das vom GGF investierte Geld anschließend weiter in ähnliche Zukunftsprojekte. Angesichts dieser multiplen Effekte der Darlehen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien wird der GGF jedes Jahr in neue Projekte investieren können. Während der gesamten Laufzeit des GGF sollen so bis zu 420 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden, was dem Wegfall von 81 000 Autos pro Jahr entspricht.

Da diese Investitionen über den Finanzsektor abgewickelt werden, stärken sie auch den Aufbau einer grünen Finanzindustrie. Dass der GGF Finanzinstituten vor Ort Investitionsmittel zur Verfügung stellt und ihnen technische Unterstützung dabei bietet, so genannte „grüne Finanzprodukte“ zu etablieren, vervielfacht die Wirkung. Sind die GGF-Darlehen einmal getilgt, werden die Finanzinstitute ihr Personal und Know-how weiterhin einsetzen und ihr einschlägiges Angebot erweitern.

Der GGF wird seine Mission dann erfüllt haben, wenn er in seiner Zielregion nicht mehr gebraucht wird – und die Lücke zwischen dem jungen Markt für Energieeffizienz und erneuerbare Energie und dem Finanzsektor geschlossen ist. Bis dahin werden die Fachleute von Finance in Motion zielstrebig daran arbeiten, Südosteuropas Markt für Energieeffizienz und erneuerbare Energie zu erschließen und zu stärken.