Frauen in der Wirtschaft

Das Selbstwertgefühl von Unternehmerinnen stärken

Soziale Faktoren spielen eine wesentliche Rolle für den Erfolg von Unternehmerinnen. Sie können als förderlich oder hinderlich erlebt werden. Im Rahmen einer Analyse in der Dominikanischen Republik wurde ermittelt, was Unternehmerinnen zu mehr Selbstvertrauen verhilft.
In der Dominikanischen Republik bietet der Tourismussektor Einkunftsmöglichkeiten. picture alliance / imageBROKER / Reinhard Dirscherl In der Dominikanischen Republik bietet der Tourismussektor Einkunftsmöglichkeiten.

In den vergangenen Jahren haben Unternehmerinnen weltweit starke Fortschritte gemacht. Laut dem GEM 2022/23 Women‘s Entrepreneurship Report (GERA, 2023) möchte eine von sechs Frauen weltweit in absehbarer Zeit ein Unternehmen gründen – gegenüber einem von fünf Männern. Der Anteil der Frauen, die Unternehmen gründen wollen, ist in Ländern mit niedrigen Einkommen mit 28,2 Prozent am höchsten. In Ländern mit hohen Einkommen sind es nur elf Prozent.

Allerdings gilt es hervorzuheben, dass Frauen bei der Unternehmensgründung weiterhin mit enormen Hürden kämpfen. Ein erheblicher Teil davon sind wirtschaftliche Herausforderungen, aber auch psychosoziale Faktoren verdienen Aufmerksamkeit.

Über die Jahrzehnte hat die Forschung gezeigt, dass psychologische und soziale Faktoren starken Einfluss auf unternehmerische Motivation haben. Persönliche Eigenschaften wie Selbstwirksamkeit oder Selbstwertgefühl, Anpassungsfähigkeit und Führungsqualitäten sind eng mit unternehmerischer Initiative verknüpft. Zentral sind auch soziale Einflüsse wie familiärer Hintergrund, Bildung und Alter. Laut einer quantitativen Studie aus Spanien von 2012 sind informelle Faktoren wie wahrgenommene unternehmerische Fähigkeiten, familiäre Rollen und soziale Netzwerke für weibliches Unternehmertum relevanter als formelle Faktoren wie Finanzierung, Ausbildung und Förderung.

Geringe Selbstwirksamkeit bremst Unternehmergeist

Obwohl sie dieselben unternehmerischen Fähigkeiten wie Männer haben, fühlen sich viele Frauen weniger gut darauf vorbereitet, geschäftlich erfolgreich zu sein. Die Forschung legt nahe, dass viele Frauen mit unternehmerischen Fähigkeiten es vermeiden, ein Unternehmen zu gründen – auch weil ihr Selbstwirksamkeitsgefühl aus sozialen und kulturellen Gründen zu schwach ist.
 

In ihrem GEM 2021/22 Women‘s Entrepreneurship Report analysierte die Global Entrepreneurship Research Association Trends im weiblichen Unternehmertum in 50 Ländern. Von allen berücksichtigten Ländern war der Anteil der Erwachsenen, die entweder dabei sind, ein Unternehmen zu gründen, oder bereits eines leiten, in der Dominikanischen Republik am höchsten. Dort gaben 43,7 Prozent der Frauen eine Existenzgründung an, verglichen mit 40,1 Prozent der Männer.

Diese Zahlen klingen zwar ermutigend, allerdings gründen viele Dominikanerinnen traditionelle oder Subsistenzunternehmen – meist, weil sie dafür nicht viel investieren müssen. Oft sind diese Sektoren aber gesättigt und bringen daher eher wenig Gewinn.

Im Rahmen meiner Masterarbeit an der Universität Leipzig führte ich 2023 eine Studie mit 20 Unternehmerinnen in der Dominikanischen Republik durch. Zehn davon hatten eine Fachausbildung, ein Postgraduierten- oder ein Masterstudium absolviert. Neun hatten ein Hochschul- oder Universitätsstudium abgeschlossen, eine war technisch ausgebildet. Trotz ihrer hohen Bildungsabschlüsse hielten die meisten dieser Frauen ihre unternehmerischen Fähigkeiten für ungenügend.

Soziales Umfeld ist enorm wichtig

Meine Studie unterstreicht den starken Einfluss des sozialen Umfelds auf Unternehmerinnen. Sie zeigt, dass die Familie wichtig ist bei der Förderung unternehmerischer Aktivitäten, besonders für Frauen: Bei 90 Prozent der Befragten war oder ist ein Familienmitglied unternehmerisch tätig. Das stützt die These, dass das Aufwachsen mit einem solchen Vorbild in der Familie die Wahrscheinlichkeit erhöht, eigene unternehmerische Fähigkeiten zu entwickeln.

Zudem ist es für Frauen wichtig, soziale Unterstützung zu erfahren, wenn sie entscheiden, ein Unternehmen zu gründen. Ohne Ermutigung durch Familie und Freunde verlieren viele die Motivation, bis hin zur Aufgabe. Sieben der 20 Dominikanerinnen aus der Studie gaben an, dass ihr soziales Umfeld ihre Entscheidung, ein Unternehmen zu gründen, nicht unterstützte, was ihre Motivation beeinträchtigte.

Besonders wer Partner oder Kinder hat, braucht die Unterstützung von Familie und Freunden, da familiäre Pflichten die Karriere erschweren können. Wurden Frauen sowohl emotional als auch finanziell unterstützt, nannten durchweg alle die emotionale Unterstützung als wichtiger.

Bedenklich ist, dass die Hälfte der Befragten angab, nicht mit anderen Unternehmerinnen in ihrem Bereich vernetzt zu sein. Nur fünf sind Mitglied in einschlägigen Organisationen oder Unternehmensverbänden. Ohne diese Art von Vernetzung entgehen den Frauen aber wichtige Möglichkeiten solcher Netzwerke – etwa der Zugang zu Vorbildern und Ressourcen.

Das Selbstwertgefühl von Frauen stärken

In meiner Studie ging es vor allem darum, ein Gruppen-Coaching-Programm für Unternehmen zu entwickeln, über das Teilnehmerinnen gemeinsam an ihrer persönlichen und geschäftlichen Entwicklung arbeiten können. Das einmonatige Onlineprogramm „Reprogram Your Business Mindset“ zielte auf Ängste, Blockaden und Glaubenssätze ab, die Unternehmerinnen oft ausbremsen. Es kombinierte Elemente aus Wirtschaft, Coaching, Neurolinguistischem Programmieren (NLP) und anderen Instrumenten der Selbstentwicklung, um die Frauen durch Stärkung ihres Selbstwertgefühls zu empowern. Die Frauen wurden dazu ermutigt, über die Bedeutung psychosozialer Faktoren nachzudenken und darüber, wie sie daran arbeiten können, um ihr Business zu verbessern.

Das Programm hatte eine positive Wirkung auf die Teilnehmerinnen und ihre Unternehmen. Anfangs kämpften viele wegen soziokultureller Stereotypen mit einem geringen Selbstwirksamkeitsgefühl bezüglich ihres Unternehmens. Gegen Ende des Programms hatte sich ihr Selbstbewusstsein aber verbessert. Die Frauen erkannten ihre persönlichen und unternehmerischen Fähigkeiten – und arbeiteten an ihnen, indem sie im eigenen Unternehmen aktiv wurden.

Außerdem wuchsen die Unternehmerinnen am Austausch mit anderen. Sie entdeckten während des Programms, dass es Freude macht, zu einer Gruppe zu gehören, in der sie sich verstanden fühlen und ihre Erfahrungen austauschen können.

Entwicklung neuer Strategien

Die Teilnehmerinnen setzten neue Strategien in ihren Unternehmen um. Unter anderem:

  • richteten sie ihre Unternehmen auf ihre persönlichen Werte aus,
  • diversifizierten sie Produkte und Dienstleistungen,
  • automatisierten sie Prozesse,
  • entwickelten sie eine Internationa­lisierungsstrategie,
  • kooperierten sie mit Partnern und
  • verbesserten sie ihre Entscheidungsfindung und auch das Umsetzen von Aufgaben.

Da der soziokulturelle Kontext das Niveau der unternehmerischen Selbstwirksamkeit bei Unternehmerinnen stark beeinflusst, wäre es wichtig, zu untersuchen, inwiefern sich die Ergebnisse verändern bei Unternehmerinnen in anderen Ländern, die entweder ähnliche oder andere Bedingungen vorfinden wie die Dominikanerinnen. Allgemein können Unternehmerinnen von einem auf ihre persönliche Entwicklung ausgerichteten Training sehr profitieren. Es kann ihnen helfen, berufliche und persönliche Fähigkeiten wie Führungsqualitäten, Kommunikation, Zeitmanagement und Entscheidungsfindung zu entwickeln und ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Auch die Zusammenarbeit und Vernetzung mit anderen Unternehmerinnen kann ihre Selbstwirksamkeit stärken. Auf diese Weise bekommen sie vor Augen geführt, dass sie in ihrem unternehmerischen Prozess nicht allein sind. Sie erhalten die Möglichkeit, inspirierende Gleichgesinnte in ihrer Branche zu treffen. Und das wiederum zeigt ihnen, dass ihre Ziele erreichbar sind.

LITERATUR

Global Entrepreneurship Research Association (GERA), 2023: GEM 2022/23 Women’s Entrepreneurship Report. 
https://www.gemconsortium.org/reports/womens-entrepreneurship

Sánchez Deschamps, A., Barriga, P., 2024: A revolutionary approach to study and empower Dominican women entrepreneurs’ self-efficacy using The Repertory Grid Technique (RGT) (Paper presentation). Business Association of Latin American Studies (BALAS) Conference 2024, São Paulo, Brazil.

Online programme “Reprogram Your Business Mindset”: https://abcdenegocio.com/reprograma-tu-business-mindset/

Andreina Sánchez Deschamps ist Unternehmensberaterin aus der Dominikanischen Republik. Mit der in diesem Artikel beschriebenen Studie hat sie ihren MBA-Abschluss in Small Enterprise Promotion and Training der Universität Leipzig erworben.
andreina.sanchez28@gmail.com

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