Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft
Mörderischer Fremdenhass
Ein Freund wird an einen Autoreifen gefesselt und angezündet. Schreiend windet er sich vor Schmerzen, während die Flammen in verschlingen. Ein Verwandter wird in einen Verschlag gesperrt, mit Benzin übergossen und verbrannt. Umstehende schauen hilflos zu oder – noch schlimmer – feuern die Täter an. Solche Szenen hatten Menschen in Simbabwe vor Augen, als Ende März die Gewalt gegen Ausländer in Südafrika ausbrach.
Wir kennen derartige Vorfälle von früheren fremdenfeindlichen Ausschreitungen in unserem Nachbarland, vor allem von 2008. Die Angst wuchs, als entsetzliche Fotos und Videos in sozialen Medien zirkulierten. Ein Gewaltausbruch in Südafrika führt bei uns zu der gleichen Panik, wie wenn er im eigenen Land passierte, denn viele Simbabwer haben Freunde und Verwandte in Südafrika.
Die Gewalt nahm ihren Anfang, nachdem Medien den Zulu-König Goodwill Zwelithini mit den Worten zitiert hatten, Ausländer „müssen ihre Sachen packen und dahin zurückkehren, wo sie hergekommen sind“. Zuerst gab es Übergriffe in Durban, dann in den Townships von Johannesburg. Mindestens acht Tote und tausende Vertriebene sind die Folge. Zwelithini sagt jetzt, er sei missverstanden worden.
Traditionelle Führer wie Zwelithini gelten als Bewahrer der Kultur. Sie sollten ihr Volk über die historischen Verbindungen unterrichten, die über die heutigen Staatsgrenzen in Afrika hinausgehen. Beispielsweise haben einige Stämme in Simbabwe Verbindungen zu Stämmen in Südafrika. So ist es in ganz Afrika.
In ihrem Kampf gegen die Apartheid konnten sich die Südafrikaner auf die Solidarität des übrigen Afrikas verlassen. Heute zahlen einige von ihnen die Solidarität zurück, indem sie andere Afrikaner töten. Manche Täter sind wohl noch sehr jung. Vielleicht kennen sie die Geschichte ihres Landes zu wenig. Es ist die Aufgabe traditioneller Führer wie Zwelithini, dafür zu sorgen, dass sich das ändert.
Der Vorwurf, Ausländer nähmen den Südafrikanern „Jobs und Frauen“ weg, ist absurd. Südafrika gehört zu den glücklichen Ländern mit einer funktionierenden Rechtsordnung. Wenn jemand stiehlt, kann der Bestohlene ihn vor Gericht bringen. Allerdings werden natürlich weder Arbeitsplätze noch Frauen buchstäblich gestohlen. Vielmehr verfügen viele der Täter nicht über die nötigen Qualifikationen für die gut bezahlten Jobs, die einige der Einwanderer ausüben.
Die Opfer der Ausschreitungen allerdings gehörten zu den Armen. Sie schlugen sich als Straßenverkäufer, Wachleute oder Kellner durch. Ihr Einkommen liegt zusammengenommen weit unterhalb der Auslandsumsätze von südafrikanischen Unternehmen, die viele Märkte in Afrika dominieren.
Südafrikanische Großhändler betreiben Supermärkte und Bekleidungsgeschäfte auf dem gesamten Kontinent. Die größte Bergbaugesellschaft in Simbabwe, Zimplats, ist südafrikanisch. Südafrikanische Banken konkurrieren in Nachbarländern mit lokalen Banken, die ihrerseits keine Filialen in Südafrika haben.
In den vergangenen Wochen kehrten rund 1000 Simbabwer mit Hilfe von Regierung und Gebern in ihre Heimat zurück. Sie erzählen von Machete-schwingenden Mobs und mit Steinen und Stöcken Bewaffneten, die durch die Straßen zogen, Zulu-Kriegslieder sangen und auf jeden einschlugen, den sie für einen Ausländer hielten. Sie zündeten manche ihrer Opfer an und beraubten viele ihres hart verdienten Geldes, das sie ihren Familien zu Hause schicken wollten.
Einige Südafrikaner demonstrierten aber auch gegen die ausländerfeindlichen Ausschreitungen, um zu zeigen, dass sie das Werk einiger weniger Krimineller waren.
Simbabwes Präsident Robert Mugabe sagte Ende April bei einem Treffen der Staatschefs der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft in Harare, die Migranten müssten in ihre Heimatländer zurückkehren, um Südafrikas Wirtschaft zu entlasten. Nach Schätzungen der südafrikanischen Regierung leben mehr als 5 Millionen Einwanderer in dem Land. Zu Hause erwartet sie eine düstere Zukunft: Die Arbeitslosenrate liegt bei fast 90 Prozent, und immer mehr Unternehmen brechen ihre Zelte ab. Früher bot Südafrika eine Möglichkeit, politischer Instabilität und wirtschaftlichem Elend zu entkommen. Aber diese Zeiten sind vorbei.
Jennifer Dube ist Journalistin aus Simbabwe.
jdube2008@gmail.com