Gentechnik
Weshalb Uganda kein Gentechnik-Gesetz hat
Landwirtschaft spielt in Uganda eine zentrale Rolle, sowohl für die Versorgung der Bevölkerung als auch für den Export. Viele Familien leben von regenbewässerter Subsistenzlandwirtschaft, doch nicht immer reicht das Essen für alle. Die FAO (UN Food and Agriculture Organization – Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN) schätzt, dass im Jahr 2020 knapp ein Fünftel der Bevölkerung unter gravierender Ernährungsunsicherheit litt. Die Weltbank schätzt zudem, dass nach dem zweiten Corona-Lockdown 2021 die Hälfte der Bevölkerung von moderater Ernährungsunsicherheit betroffen war.
Eine Erklärung für die anhaltende Ernährungsunsicherheit ist die Klimakrise: Viele Gebiete leiden unter langen Trockenperioden, weil sich Niederschlagsmuster verändert haben. Andererseits haben Extremwetter 2022 zu schweren Überflutungen geführt.
Erschwerend kommt hinzu, dass in keinem anderen Land in Afrika mehr Geflüchtete leben als in Uganda – mehr als 1,5 Millionen. Die Menschen fliehen vor Konflikten aus Nachbarländern wie dem Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo. Auch sie müssen mit Nahrung versorgt werden. In Uganda leben derzeit knapp 50 Millionen Menschen (siehe Beitrag von Jörg Döbereiner auf www.dandc.eu).
Als eine Lösung für mehr Ernährungssicherheit gilt die Nutzung von Gentechnik. Laut Expertenmeinung lassen sich die Erträge mancher Nutzpflanzen mit ihrer Hilfe verdreifachen. Pflanzen lassen sich so verändern, dass sie Schädlingen und Trockenheit trotzen oder bessere Nährwerte aufweisen. Andererseits wird sie auch genutzt, um Nutzpflanzen gegen Pestizide resistent zu machen, sodass der Einsatz von Dünger und Unkrautvernichtungsmitteln drastisch erhöht werden kann. Solche Konzepte sind nicht nur ökologisch sehr schädlich, sie erfordern auch hohen und teuren Input.
Da Uganda aufgrund der Klimakrise wohl weiterhin mit Dürren zu kämpfen haben wird, ist die Aussicht auf genmodifizierte Pflanzen, die weniger Wasser brauchen, verlockend. Auch höhere Erträge wären begrüßenswert angesichts des durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungswachstums von gut drei Prozent.
Noch kein Gesetz zu Gentechnik
Gebremst wird der Einsatz von Gentechnik bislang durch fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen. Unklar sind beispielsweise Fragen der Haftung bei negativen Auswirkungen. Auch Aspekte des Patentschutzes sind nicht geklärt. Ugandas Wissenschaftsministerin Monica Musenero betont, es brauche Gesetze, um Innovation und Forschung im Bereich der Biotechnologie voranzubringen und mit Risiken umzugehen. Sie hält klare Rechtsbestimmungen für nötig, um hochwertige Produkte zu bekommen und das Vertrauen der Bevölkerung zu sichern.
Der Gesetzgebungsprozess stockt jedoch seit Jahren. Präsident Yoweri Musevini hat zweimal (2017 und 2019) einen vom Parlament beschlossenen Entwurf abgelehnt und Verbesserungen verlangt. Seither gab es keinen Durchbruch.
Museveni und viele andere treibt die Sorge um, der Einsatz von Gentechnik könne menschliche DNA verändern. Er forderte, gentechnische Veränderungen auf Pflanzen und Nutztiere zu beschränken. Museveni argumentiert auch mit der Gefährdung der Biodiversität. Der Präsident verlangt, dass ein künftiges Gesetz die Errichtung von Gen- und Saatbanken vorsieht, in denen ursprüngliche Tier- und Pflanzenarten aufbewahrt und geschützt werden. Fachleute weisen aber auch darauf hin, dass Biodiversität der Evolution unterliegt, sodass es nicht reicht, altes Genmaterial zu sichern. Dieses muss sich nämlich selbst in lebendigen Ökosystemen weiterentwickeln. Folglich müssen traditionelle Nutzpflanzen auch weiter angebaut werden, wenn ihre Gene nicht wertlos werden sollen (siehe Parvis Koohafkan auf www.dandc.eu).
Kleinbäuerliche Profite fraglich
In Uganda und anderen Entwicklungsländern sind die Chancen kleinbäuerlicher Betriebe, von Gentechnik zu profitieren, viel kleiner als die von Großbetrieben oder gar großer multinationaler Saatgut- und Agrarchemiehersteller. Kleinbetriebe könnten zudem in Abhängigkeit von solchen Konzernen geraten – etwa, weil sie jährlich neues Saatgut, Dünger und Pestizide kaufen müssten (zur Rolle kleinbäuerlicher Betriebe für die Ernährungssicherheit siehe Interview mit Hildegard Lingnau auf www.dandc.eu).
In Uganda kommt hinzu, dass noch eine deutlich größere landwirtschaftliche Fläche bewässert werden könnte als bisher. Mit einer Ausweitung der Bewässerung könnte, so das Argument, die Produktivität ebenfalls gesteigert werden – ohne die Risiken der Gentechnik eingehen zu müssen.
„Ernährungssicherheit ist das am wenigsten überzeugende Argument für Gentechnik“, sagt die ugandische Forscherin und Aktivistin Mary Serumaga – vor allem wenn sie von ausländischen Institutionen empfohlen werde und die dahinterstehenden Interessen nicht klar seien. Sie wirft Investoren und reichen Nationen vor, über die Köpfe derer hinweg zu entscheiden, die tatsächlich von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen sind. In den wichtigen internationalen Verhandlungsrunden seien etwa kleinbäuerliche Betriebe nicht ausreichend vertreten, so Serumagas Vorwurf. Die Diskussion über das Gentechnik-Gesetz in Uganda geht weiter.
Indessen ist das Land allerdings bereits an Kooperationen beteiligt, um Ernteerträge und auch Erträge aus der Nutztierhaltung zu verbessern. Federführend ist die 2005 gegründete Nationale Agrarforschungsorganisation (NARO – National Agricultural Research Organization). Sie schloss sich 2020 der Initiative „Feed the Future” von USAID (United States Agency for international Development) an, welche die US-Behörde auch in anderen Entwicklungsländern vorantreibt. Ein Ziel ist es, Innovationen voranzubringen, die bessere Erträge und Nährwerte versprechen – nicht unbedingt mittels Gentechnik. Bereits vor dieser Kooperation hat USAID in Uganda eine orangefarbene Süßkartoffelsorte mit hohem Vitamin-A-Gehalt eingeführt, die nicht mittels Gentechnik erzeugt wurde.
Ronald Ssegujja Ssekandi ist ein Autor aus Uganda und betreut für E+Z/D+C die Kolumne Heutzutage.
sekandiron@gmail.com