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Altkleider

Von Billigkleidung hat niemand etwas

In den westlichen Ländern wird immer mehr Kleidung gekauft und dementsprechend wieder entsorgt – das meiste davon landet im Altkleidercontainer. Davon wird ein großer Teil als Secondhand-Ware nach Afrika und Lateinamerika verkauft. Warum das so ist, erklärt Textilrecycling-Experte Thomas Fischer.
Altkleidercontainer in Deutschland. picture alliance / ZB / Z6944 Sascha Steinach Altkleidercontainer in Deutschland.

Sie sind ein Verband mit etwa 100 überwiegend gewerblichen Unternehmen, die ihr Geld mit der Entsorgung von Altkleidern verdienen. Ihre Unternehmen stellen Altkleidercontainer auf und sind auf kostenlose Kleiderspenden angewiesen. Wie finanzieren sich Ihre Unternehmen?
Die Unternehmen finanzieren sich allein durch den Verkauf der Altkleider mit höchster Qualität, der sogenannten Creme-Ware. Das Sammeln und Sortieren von Altkleidern lohnt sich ökonomisch nur, wenn mindestens etwa 60 Prozent der gesammelten Kleidung verkauft werden kann, denn alles andere kostet unsere Mitgliedsunternehmen Geld, da alle Schritte des Sortierens zeitintensiv von Hand gemacht werden müssen. Die Altkleider, die nicht verkauft werden können, sowie textile Fremdstoffe, die leider immer wieder in Containern landen, müssen fachgerecht entsorgt werden, was ebenfalls kostet. Nur reine Baumwolle kann derzeit recycelt und als Putzlappen verwendet werden. Der nichtwiederverwertbare Rest geht als sogenannte Ersatzbrennstoffe in die Verbrennungsanlagen. Das sind meist billige Synthetikfasern und Mischgewebe.

Wieviel Altkleidung fällt in Deutschland an?
2013 fiel etwa eine Million Tonnen Altkleidung an, 2018 waren es 1,3 Millionen. Die Tendenz ist steigend. Aber seit der Pandemie haben wir keine verlässlichen Zahlen mehr, denn diese beziehen sich auf die verkaufte Menge im textilen Einzelhandel. In den vergangenen zwei Jahren war alles anders als sonst.

Sie verkaufen den Großteil der Secondhand-Kleidung in Entwicklungsländer. Die Exporte nach Afrika stehen in der Kritik. Argumente sind, dass die Altkleidung aus dem Westen die dortige Textilindustrie kaputt macht. Was entgegnen Sie dem?
Auch die karitativen Anbieter wie Rotes Kreuz oder Caritas verkaufen die Altkleidung für den Export in Entwicklungsländer, weil der Bedarf an Secondhand-Kleidung bei Bedürftigen in Deutschland gar nicht so groß ist wie Ware vorhanden. Wir verkaufen unsere Kleidung hauptsächlich an Großhändler in Polen und den Niederlanden und von dort gehen sie in die Zielländer in Afrika und Lateinamerika. Zu dem Argument, die Altkleiderexporte würden die heimische Textilindustrie zerstören, muss man sagen, dass es so etwas in vielen Ländern gar nicht gibt oder dass die traditionelle Kleidung, die dort hergestellt wird, nicht den Wünschen vieler Konsumenten entspricht. Sie wollen bezahlbare modische Kleidung aus Europa.

Vor einigen Jahren versuchten Länder wie Kenia, Ruanda, Uganda und Tansania einen Importstopp von Altkleidern umzusetzen, was außer in Ruanda nicht gelang. Warum?
Einer der Gründe ist, dass die Märkte in Afrika sich seit Jahrzehnten etabliert haben und viele Leute vor Ort vom Verkauf leben. Außerdem wollen diese Menschen die Kleidung haben. Das Problem ist nicht die Secondhand-Ware aus Europa, sondern die Billigklamotten aus Synthetik, mit denen Asien Afrika überschwemmt. Diese Chinaware kommt auch zunehmend zu uns, was ein großes Problem ist. Die Mode ist so schnelllebig, dass die Hersteller 12 bis 16 Kollektionen pro Jahr auf den Markt bringen. Die Qualität dieser Kleidung ist sehr schlecht. Sie ist nach ein paar Mal waschen aus der Form oder kaputt und kann nicht mehr weiter verkauft oder recycelt werden. Allerdings wäre der derzeitige Bedarf an Kleidung mit Baumwolle gar nicht mehr zu decken.

Was wäre Ihr Wunsch diesbezüglich?
In Bezug auf Wegwerfkleidung gibt es eine zunehmende Sensibilisierung. Meine Hoffnung ist, dass die Verbraucher weiter umdenken hin zu weniger, aber dafür qualitativ hochwertigerer Kleidung und dass die Hersteller dem Rechnung tragen und wieder nachhaltiger produzieren. Auch wenn es auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein scheint, aber weniger Konsum ist nicht schädlich für unsere Branche. Denn von Billigware haben wir nichts. Wird wieder mehr hochwertige Kleidung gekauft, landet auch mehr davon in unseren Containern. Nur hochwertige Altkleider können zur Weiterverwendung vermarktet werden und sorgen dafür, dass die bislang kostenfreie Abgabe von Altkleidern weiter so funktioniert.


Thomas Fischer ist Referent für Kreislaufwirtschaft beim Fachverband Textilrecycling beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse).
fischer@bvse.de

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