Sozialunternehmen
Finanzierung schaffen
Neue Transportmöglichkeiten im ländlichen Raum, bessere Vermarktung für Kleinbauern oder digitale Gesundheitsberatung: die Felder für Sozialunternehmer sind weltweit vielfältig. Ihr Anspruch ist, gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben und gleichzeitig profitabel zu wirtschaften. Gerade in der Startphase stehen Sozialunternehmer aber häufig vor der Herausforderung, genügend Kapital zu erhalten.
„Hypothetisch gesprochen, gibt es genügend Geld auf dem Markt, um in Sozialunternehmer zu investieren. Und es gibt Hunderttausende von Unternehmern, die Geld brauchen. Es besteht ein Ungleichgewicht zwischen den zwei Seiten, die sich aus irgendeinem Grund nicht finden und zusammenarbeiten“, sagte Franziska Reh von Uncap – Unconventional Capital, einem Start-up, das innovative Finanzierung für junge Unternehmer in Subsahara-Afrika bietet, in einem Interview mit der Siemens Stiftung.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Laut Patricia Jumi, der Geschäftsführerin von GrowthAfrica, haben die Gründer Schwierigkeiten, sich selbst und ihre Ideen zu präsentieren. GrowthAfrica unterstützt junge Unternehmer in Afrika. Viele Stiftungen haben bereits Förderprogramme, um die Fähigkeiten der Unternehmer zu stärken. Doch häufig kommt es auch schlicht deshalb nicht zu einer Finanzierung, weil etwa die Unternehmerin aus Südafrika und der deutsche Investor sich nie begegnen. Die Sozialunternehmer sind noch nicht genügend bekannt, um über Kontinente hinweg Aufmerksamkeit zu erlangen. Weitere Hürden sind kulturelle Unterschiede und fehlendes Verständnis von Investoren für Märkte und ihre Potenziale.
„Investoren haben ihre eigenen Kriterien, was es heißt, investmentbereit zu sein (...). Manchmal fühlt es sich fast nach verdeckten Kriterien an, die wahrscheinlich eher auf einem Bauchgefühl basieren. Dies führt zu Verwirrung zwischen den Investoren und Unternehmern“, so Jumi im Interview mit der Siemens Stiftung. Reh und Jumi waren zwei von mehr als 40 Teilnehmenden des Runden Tisches zu Innovativer Finanzierung für Sozialunternehmer der Siemens Stiftung und des gemeinnützigen Vereins enpact im Juli in Kairo. Dabei standen standardisierte Lösungen für Investoren im Vordergrund. Denn die handverlesene Suche nach einem Investor für jeden Sozialunternehmer ist ineffizient und teuer. Über standardisierte Lösungen hingegen soll ein sozialer Wandel in großem Maßstab stattfinden.
Die Teilnehmenden arbeiteten vor allem das große Potenzial digitaler Plattformen heraus. Online könnten sich Sozialunternehmer und Investoren teilautomatisiert finden. Dadurch würde die zeitaufwendige Sorgfaltsprüfung der Investoren günstiger und effizienter. Idealerweise würde die Vorauswahl geeigneter Kandidaten auf der Auswertung von Daten und Fakten und nicht auf diffusen Vorurteilen basieren. Voraussetzung der auf maschinellem Lernen basierenden Plattformen sind allerdings große Datensätze. Diese stehen nicht in jedem Land und in jeder Branche zur Verfügung.
Eine andere innovative Möglichkeit könnten Finanzierungsinstrumente wie beispielsweise Fonds sein, die Gelder aus unterschiedlichen Quellen bündeln und maßgeschneidert an einzelne Sozialunternehmer vergeben. Denn landwirtschaftliche Unternehmen haben andere Bedarfe als beispielsweise Unternehmen im Gesundheitsbereich. Laut dem Siemens-Bericht könnte die Bündelung solcher Gelder entlang bestimmter Regionen oder Sektoren entstehen. So würden die Investoren angelockt, die genau in diesem Bereich wirken wollen. Diese Form der Finanzierung könnte auch für viele Stiftungen hilfreich sein. Denn diese können aufgrund ihrer Regularien häufig nur schwer in Sozialunternehmen investieren. Gerade Stiftungen sollten aber laut dem Bericht ihr Standing nutzen, um mehr privates Kapital für Mischfinanzierungen anzuziehen.
Link
Siemens Stiftung, 2019: Innovative Financing for Social Entrepreneurs. Results and Reflections from the Round Table in Cairo.
https://www.empowering-people-network.siemens-stiftung.org/fileadmin/user_upload/Publications/SiemensStiftung_Report_Round_Table_Cairo_2019_SCREEN_final.pdf