Geldgeber
Flexibel und innovativ
Die Bill and Melinda Gates Stiftung, deren einschlägige Investitionen 2010 nur kapp unter denen der „Official Development Assistance“ (ODA) der USA lagen, ist selbstverständlich eine Ausnahmeerscheinung. Zusammengenommen sind aber die Zahlungen aller anderen Stiftungen mit dem Volumen der Entwicklungshilfe von Finnland oder Irland vergleichbar.
Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) hat über mehrere Monate eine Feldstudie in Tansania durchgeführt, um die Qualität der Stiftungsarbeit zu prüfen. Es wurden Interviews mit Stiftungsmitarbeitern und wichtigen Stakeholdern, Ministerialbeamten und internationalen Akteuren geführt. Relevant waren selbstverständlich Repräsentanten der Organisationen, die Unterstützung von Stiftungen erhielten. Für Tansania als Forschungsgegenstand nennen die Autoren zwei Gründe: Das Land gilt als Geberliebling, und Bemühungen um die Koordination aller Beteiligten und möglichst große Effizienz sind weit vorangeschritten.
Die Studie räumt Probleme bei der Begriffsbestimmung ein. Klassischerweise verfügen Stiftungen über einen Kapitalstock, mit dessen Erträgen Vorhaben finanziert werden oder der in Sonderfällen auch aufgebraucht werden darf. Manche wohltätige Institutionen in der Entwicklungspolitik nennen sich aber Stiftung, obwohl sie ihre laufende Arbeit mit Spenden finanzieren. Die DIE-Wissenschaftler haben in ihrer Studie nur solche Träger erfasst, die zumindest über einen eigenen Kapitalstock verfügen.
Die Feldforschung bestätigt den verbreiteten Eindruck, dass Stiftungen im Vergleich zu anderen Trägern innovativ arbeiten. Das sagten Stiftungsmitarbeiter ebenso wie Geldempfänger. Stiftungen engagieren sich den Daten zufolge besonders dort, wo staatliche Stellen keine Priorität sehen. Vor allem kleine Stiftungen neigten dazu, sehr spezifische Probleme anzugehen, um ihr Profil zu schärfen.
Wie die Wissenschaftler festhalten, neigen die Stiftungen nicht dazu, losgelöst von anderen Akteuren zu operieren. Absprachen seien üblich, ihr Grad variiere jedoch. Völlig unabhängiges Operieren sei sehr selten. Kleine Stiftungen hätten öfter Schwierigkeiten, in Koordinierungsgremien Gehör zu finden, als große. Die Abstimmung zwischen Stiftungen und Staat finde häufig auf subnationaler Ebene statt.
Unternehmensverbundene Akteure
Stiftungen, die multinationalen Konzernen verbunden sind (siehe Aufsatz von Ulrike Wahl von der Allianz-Stiftung auf Seite 476 f.), sehen laut Studie ihre Geldempfänger oft als Geschäftspartner mit hoher Autonomie. Die DIE-Autoren bewerten das als positiv, weil es zu hoher Flexibilität und geringen Verwaltungskosten führe. Insgesamt bescheinigen die Wissenschaftler Stiftungen generell hohe Problemorientierung.
Die Kontakte zu den Geldempfängern, so die Studie, werden meist auf persönlicher oder geschäftlicher Ebene geknüpft. Das geschehe auf Konferenzen oder durch Partnerorganisationen. Nur wenige Stiftungen akzeptierten ganz neue Anträge von Außenstehenden. Ist eine Verbindung allerdings hergestellt, sprechen Interviewpartner von engem und regem Kontakt zwischen Geldgebern und -empfängern. Die Autoren berichten zudem, dass die geförderten Initiativen meist keinen klaren Unterschied zwischen Stiftungen und anderen nichtstaatlichen Organisationen sähen.
Wie die Studie ausführt, ist die Stiftungsarbeit für tansanische Behörden nicht immer sichtbar. Die unahbängigen Träger sind nicht verpflichtet, alle Zahlungen offenzulegen. Dies mache es schwer, die Finanzierungen zu verfolgen und sich einen Überblick über finanzierte Projekte zu beschaffen. Auch die unterschiedlichen Ebenen des tansanischen Staats tauschen sich den Angaben nach nicht regelmäßig über Projekte aus. Folglich komme es zu regionaler und fachlicher Doppelarbeit sowie suboptimaler Allokation von Mitteln. Yvonne Walter
Link:
Lundsgaarde, E., Funk, E., Kopyra, A., Richter, J., und Steinfeldt, H., 2012: Private foundations and development cooperation: insights from Tanzania
http://www.die-gdi.de > Publikationen > Studies > 2012 > Studies 69