EU-Politik

Gebündelte Hilfe

Die Entwicklungshilfe der Europä­ischen Union ist stark fragmentiert: Viele Geber führen viele kleine Projekte durch. Von mehr Abstimmung könnten sowohl Empfänger- als auch Geberländer profitieren. Vorteile und Risiken müssen nur angemessen abgewogen werden.
Ankündigung von Straßenarbeiten in Kampala, Uganda, finanziert von der EU. Ron Giling/Lineair Ankündigung von Straßenarbeiten in Kampala, Uganda, finanziert von der EU.

Die staatlichen Entwicklungshilfegelder (Official Development Assistance, ODA) der EU stammen aus verschiedensten bilateralen und multilateralen Quellen. Die vielen unterschiedlichen Geber pro Mitgliedsstaat mit ihren vielen kleinen Hilfsbeiträgen treiben die Transaktions- und Verwaltungskosten in die Höhe. Durch bessere Koordination könnten diese Kosten gesenkt und die Ziele besser erreicht werden, stellt eine kürzlich veröffentlichte Forschungsarbeit des Südwind-Instituts fest, an der auch das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik mitwirkte.

Die EU bemühe sich zwar, ihre Projekte zu vereinheitlichen, so die Autoren, doch sie komme nur langsam voran. Ziele habe sie schon formuliert: Der 2007 verabschiedete „EU Code of Conduct on Complementarity and Division of Labours in Development Policy" will Verwaltungsformalitäten reduzieren, grenzüberschreitend Mittel bündeln und besser abgestimmte und schnellere Hilfe leisten. Da die Umsetzung des Kodexes jedoch freiwillig ist, seien die Vorgaben bisher kaum erreicht worden. Auch der erneute Versuch der Kommission, mit der 2012 unterbreiteten „Agenda of Change" eine länderübergreifende Koordination voranzutreiben, zeige bislang kaum Erfolg. Die Agenda regte lediglich eine Harmonisierung innerhalb der EU-Institutionen an, nicht jedoch eine Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten.

Durch bessere Abstimmung könnte die EU der Studie zufolge schätzungsweise mehrere Milliarden Euro einsparen. Die EU-Mitgliedstaaten sind daran durchaus interessiert, doch über Form und Ausmaß sind sie uneins. Die Autoren sehen als Grund für das schleppende Fortschreiten der länderübergreifenden Koordination daher vor allem mangelnden Einsatz, Verpflichtung und Engagement seitens der Mitgliedstaaten. Diese seien zumeist der Ansicht, dass die Verteilung von Entwicklungshilfegeldern ein Instrument nationaler Außenpolitik darstelle und damit ihre Entscheidung sei. Tatsächlich sind nationale Richtlinien in manchen Fällen eine Barriere für grenzüberschreitende Strategien. Die Gebersysteme seien nicht ausreichend an die zunehmend komplexen Vorgänge in den Partnerländern angepasst.

Nach Einschätzung der Autoren fürchten viele Mitgliedsstaaten zudem eine Monopolposition der EU in der Entwicklungspolitik und den Verlust ihres Mitspracherechts. Auch die Entwicklungsbranche sei von Wettbewerb durchzogen. Geber verfolgten mit ihrer Entwicklungspolitik immer auch eigene Interessen, und jeder versuche, diese auf internationaler Ebene durchzusetzen. Wenn die Hilfe beispielsweise gleichzeitig den Privatsektor des Geberlands fördern soll, so haben Hilfsorganisationen wenig Interesse an einer länderübergreifenden Angleichung.

Bessere Koordination sei aber wichtig, warnen die Autoren der Studie: Die Unübersichtlichkeit der EU-Hilfe könnte die Partnerländer sonst unnötig belasten. Auf der anderen Seite dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade durch intensivere Koordination ebenfalls Transaktionskosten anfallen. Groß angelegte Meetings bedeuten zum Beispiel einen größeren Verwaltungs- und Kostenaufwand. Außerdem könne es nach Einschätzung der Autoren bei ineffizienter Koordination zu einer Verlangsamung von Prozessen kommen, was vor allem in Post-Konflikt-Ländern problematisch sei.

Die Autoren fordern einen umfassenden Ansatz für EU-weite Koordination von Entwicklungsstrategien, damit die Effektivität und Effizienz der Hilfsvorhaben gesteigert werden können. Die potenzielle Monopolposition der EU müsse dabei gegen mögliche Opportunitätskosten abgewogen werden. Da in der EU letztendlich vieles auf freiwilliger Basis geschehe, sollten die Mitgliedstaaten ihre Eigeninteressen überdenken. Eine EU-weite Koor­dination solle ihren Fokus auf erstrebenswerte Ergebnisse und Ziele statt auf interne Strukturen legen. Die Autoren geben zu bedenken, dass Erfolg und Misserfolg der EU letztlich in der Hand ihrer Mitgliedstaaten liegen.

Floreana Miesen