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Editorial

Obamas Themen

Der Begriff „Bankster“ ist wieder aktuell. Geprägt wurde er in der großen Depression nach dem Wall-Street-Debakel von 1929. Ökonomische Hoffnungslosigkeit breitete sich damals weltweit aus und trug in Deutschland zum Aufstieg der Nazis bei, was zu Genozid und Zweitem Weltkrieg führte.

Die globale Finanzkrise der letzten zwei Jahre hatte ihr Epizentrum wieder in New York. Abermals hat der Ruf der Finanzwirtschaft arg gelitten – nicht nur in Amerika. Auch deutsche Institute verspekulierten sich massiv. Manager versteckten Risiken in immer komplexeren Wertpapieren, versprachen immer höhere Gewinne und ließen immer gefährlichere Spekulationsblasen entstehen. Billiges Zentralbankgeld hielt das Ganze am Laufen. Am Ende wurden Staatsinterventionen mit Steuergeldern in Höhe von Billionen von Dollar und Euro nötig, um eine zweite große Depression zu verhindern.

Strengere Regulierung hätte das Schlimmste verhindern können. Für die Menschheit wäre es vermutlich besser gewesen, der Finanzsektor hätte sich auf seine wichtigste Aufgabe beschränkt, nämlich Kapital an Kunden mit Geschäftsideen zu leiten, damit diese Realität werden können. Genau das tun Mikrofinanzinstitutionen (MFIs). Die Gründung und Expansion von Klein- und Kleinstunternehmen zu ermöglichen ist vielleicht das wichtigste Mittel im Kampf gegen die Armut.

Viel zu lange scheute der formale Banksektor in Entwicklungsländern davor zurück, Kunden jenseits der reichen Elite zu bedienen. Diese Lücke schließen die MFIs seit zwei Jahrzehnten in wachsendem Maße. Zu ihnen zählen kleine Selbsthilfevereine ebenso wie große Organisationen mit mehr als tausend Mitarbeitern. Wenn MFIs expandieren und ihre Kunden wohlhabender werden, müssen zunehmend diverse Bedürfnisse bedient und muss immer mehr Geld mobilisiert werden. MFIs, die mit Spareinlagen Unternehmenskredite refinanzieren, sind wichtige lokale Wachstumsmotoren.

Im Lauf der Zeit wird eine weitere Art von Finanzdienstleistung relevant: Versicherungen. Wer der schlimmsten Armut entkommen ist, kann seine Familie mit kleinen Prämien vor den dramatischen finanziellen Folgen von Krankheit und Tod schützen. Experten zufolge wäre Versicherungsschutz für rund drei Milliarden Menschen, die bislang keinen Zugang haben, sinnvoll.

Versicherungen arbeiten indessen ganz anders als Banken. Ihre mathematischen Grundlagen sind komplizierter, sie verteilen individuelle Risiken auf eine große Zahl versicherter Personen. Eigene Policen anzubieten, überfordert MFIs normalerweise. Wollen sie zum Beispiel mehr tun als nur die einfachsten und geläufigsten Gesundheitsrisiken ihrer Kunden abdecken, brauchen sie ein etabliertes Versicherungsunternehmen als Partner.

Auch der Staat spielt eine Rolle. Kluge Gesetzgebung muss dafür sorgen,
– dass die große Masse der Menschen in einem Land Spar- und Kreditoptionen erhält, dabei aber vor den Folgen hochriskanter Spekulation geschützt wird, und
– dass Versicherungspolicen möglich werden, die sich die große Mehrheit in den armen Ländern leisten kann.
Beides ist wichtig – was unter anderem an der Innenpolitik von US-Präsident Barack Obama zu erkennen ist. Und um marginalisierten Menschen auf die Beine zu helfen, hat auch das Europäische Parlament ein neues Mikrokreditprogramm für kleine Existenzgründer beschlossen.

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