Spritpreise

Angespanntes Verhältnis

Der Schmuggel von Benzin belastet die Beziehungen zwischen Benin und Nigeria. Seit Monaten ist die Grenze zwischen den beiden ECOWAS-Mitgliedern geschlossen.
Straßenverkauf von geschmuggeltem Benzin. Catherine Leblanc/Godong/Lineair Straßenverkauf von geschmuggeltem Benzin.

Im August 2019 hat Nigerias Bundesregierung die Grenzübergänge nach Benin gesperrt. Sie wollte so den Schmuggel von Benzin, kleinkalibrigen Waffen und Nahrungsmitteln – insbesondere Reis aus Asien – unterbinden. Benins Behörden warf sie vor, gemeinsame Sache mit Kriminellen zu machen. Führende nigerianische Unternehmer wie der Milliardär Aliko Dangote befürworteten das Vorgehen ihrer Regierung. Gelegentlich drangen nigerianische Sicherheitskräfte sogar auf das Territorium Benins vor.

Der Benzinschmuggel hat eine lange Geschichte, und er geht – wenn auch in geringerem Umfang – weiter. Um die 700 Kilometer lange Grenze weniger durchlässig zu machen, setzt Nigeria zusätzliche Patrouillen ein. Tankstellen nahe der Grenze wurden geschlossen. Um den Diebstahl aus Lagern des staatseigenen Mineralölunternehmens NNPC (Nigerian National Petroleum Corporation) zu reduzieren, wurden Sicherheitskontrollen erhöht.

Vodounou ist ein energiegeladener 30-Jähriger, dessen Familie vom Schmuggel lebt. Selten verbringt er eine ganze Nacht zu Hause bei Frau und Kindern. Mit dem Moped überquert er im Buschland illegal die Grenze zu Nigeria und füllt dort seine Kanister mit Benzin auf. Seine Frau Sé verkauft den Treibstoff dann tagsüber entlang der Schnellstraße von Cotonou nach Porto Novo. Vodounou berichtet, Benzin sei im Nachbarland nicht mehr leicht zu bekommen, was sein Geschäft erschwere. Früher holte er pro Tour 400 Liter Kraftstoff, aber jetzt ist er froh, wenn er auf 100 Liter kommt.

Gerüchten zufolge wird der Schmuggel von einflussreichen Mafiabanden kontrolliert, die mit Politikern und Beamten vernetzt sind. Früher schauten Amtsträger meist einfach weg, und in Benin tun sie das immer noch.

Nigeria ist ein ölproduzierendes Land, das Treibstoff subventioniert. Das ist die Sozialleistung, von der die Nigerianer am meisten profitieren. An regulären Tankstellen kostet Benzin in Nigeria nur etwa halb so viel wie in anderen westafrikanischen Staaten. Die Schmuggelware findet deshalb in Benin reißenden Absatz, obwohl die Qualität wegen Panscherei oft schlecht ist.

NNPC zufolge kostete der illegale Benzinhandel Nigeria vor der Grenzschließung etwa zwei Milliarden Naira (rund 5 Millionen Dollar) täglich. Seit der Schwarzhandel erschwert wurde, ist der Preis für geschmuggeltes Benzin in Benin deutlich gestiegen. Ein Liter kostet nur noch ein Prozent weniger als an regulären Tankstellen.

Doch die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich erheblich verschlechtert. Benins Außenminister Aurélien Agbénonci behauptet zwar, die Kommunikation sei gut. Aber einflussreiche Nigerianer halten sich kaum mit scharfer Kritik an Benins Präsident Patrice Talon zurück. Es ist ein offenes Geheimnis, dass auch die nigerianische Regierung davon ausgeht, dass der Staatsapparat in Benin wissentlich und tatenlos die Beniner von den Subventionen des Nachbarlands profitieren ließ, die eigentlich dazu da sind, den sozialen Frieden und die politische Stabilität in Nigeria sicherzustellen.

Die Grenzschließung trifft allerdings nicht nur die Schmugglerringe, sondern behindert auch den offiziellen Handel. Das belastet Berufspendler und Firmen mit Geschäftsbeziehungen ins Nachbarland und kann keine Dauerlösung sein.

Beide Ländern gehören der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS (Economic Community of West African States) an. Die ECOWAS hat ein Krisenkomitee gebildet, dessen Vermittlungsversuche aber auch nach mehreren Sitzungen zu keiner Annäherung geführt haben. Ein Ziel der ECOWAS ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern und Entwicklung voranzutreiben. Allerdings sind Wirtschaftsbeziehungen in Afrika oft informell, was die Durchsetzung staatlicher Politik erschwert. Das gilt auch für Benin und Nigeria.

Als dieser Artikel im April entstand, war Covid-19 das alles beherrschende Thema, das politische Entscheidungsträger in Anspruch nahm und alle anderen Probleme weniger wichtig erscheinen ließ. Dennoch fragen sich die Menschen auf beiden Seiten der Grenze, wann sie wieder geöffnet wird, und welche Regeln dann gelten werden.


Karim Okanla ist Mediendozent und freier Autor.
karimokanla@yahoo.com