Rohstoffe

Notwendige Standards

Bei der Förderung und Verarbeitung von Rohöl, Gas oder wertvollen Erzen ­ignorieren viele Länder ökologische und soziale Folgen. Die deutsche Industrie sollte darauf achten, dass ­gewisse Standards eingehalten werden, empfehlen Wissenschaftler. Und zwar am besten schon beim Abbau der Stoffe im Ausland.

Äquatorialguinea hat alles, wovon Diktatoren träumen: viel Erdöl, noch unerschlossene Bodenschätze an Gold, Zink, Diamanten sowie seltene Metalle. Allerdings stirbt in dem westafrikanischen Staat fast jedes zehnte Neugeborene. Das von Korruption und unergiebiger Landwirtschaft geprägte Land gehört wie Gabun oder Angola zu den Beispielen dafür, dass Rohstoffe allein keinen Wohlstand bedeuten. Viele Staaten, die reich an Rohstoffen sind, gehören zu den ärmsten Ländern der Welt.

Das Siegburger Südwind-Institut untersucht das Phänomen seit Mitte 2010 auf drei Ebenen:
– Folgen des Abbaus von Rohstoffen für Unternehmen und Bürger in Entwicklungsländern,
– Auswirkungen auf die Entwicklungs­zusammenarbeit und
– Verhalten von Investoren gegenüber der Rohstoffbranche.

Eine erste Studie hat das Institut nun veröffentlicht. Rohstoffreichtum kann demnach einer positiven Entwicklung durchaus Impulse geben. Oft profitieren aber nur kleine Eliten; das breite Volk bleibt in Armut. Die Autoren illustrieren, welchen Einfluss der Rohstoffreichtum für Förderländer hat und welche Faktoren bewirken, dass aus dem Reichtum ein Fluch wird. Sie machen deutlich, dass nicht nur interne Risiken wie schlechte Regierungsführung und schwache Institutionen zählen. Steueroasen für multinationale Exporteure, ungleich verteilte Handelsmacht, sowie mangelnde Ethik externer Akteure schlagen ebenfalls durch. Gegenbeispiele sind Botswana und Chile: Beide Länder haben den Bergbau nicht vollständig privatisiert; der Staat blieb an Minengeschäften mitbeteiligt.

Schon heute setzen viele Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit darauf, interne Risiken von Rohstoffreichtum zu bekämpfen. Oft aber dominieren andere politische Interessen, wie Handel, Außenpolitik oder Sicherheit. Im zweiten Teil der Studie nehmen die Wissenschaftler deshalb auch Rohstoffstrategien der Bundesregierung und der Europäischen Union unter die Lupe.

Die Strategien hätten sich über die Jahre zwar weiterentwickelt, resümiert auch Irene Knoke, eine Autorin der Studie bei Südwind, doch sie entsprächen weiterhin den Forderungen der Privatwirtschaft. Industrieländer reagierten auf Ressourcenknappheit zu selten damit, ihren eigenen Verbrauch zu überdenken. Stattdessen folgten Handelspolitiker in Brüssel und Berlin dem Wunsch großer Industrieverbände, mehr Druck für freien Rohstoffzugang zu machen und Förderländer zum Verzicht auf Ausfuhrzölle zu drängen. „Interessen der Entwicklungsländer fallen dadurch oft unter den Tisch“, sagt Knoke. Laut Südwind-Institut sollte die globale Rohstoffdiplomatie nicht davor zurückschrecken, auch Unternehmen zu einklagbaren Umwelt- und Sozialstandards zu zwingen.

Peter Hauff