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Landwirtschaft

Das Potenzial von Neem-Bäumen nutzen

Neem-Samen verbessern die Lebensbedingungen ghanaischer Landwirt*innen. Auch die Umwelt profitiert, da sie die Abhängigkeit von chemischen Pestiziden und Düngemitteln verringern.
Neem-Blätter können zur Herstellung eines organischen Pestizids verwendet werden. picture-alliance/blickwinkel/McPHOTO/O. Diez Neem-Blätter können zur Herstellung eines organischen Pestizids verwendet werden.

Ernten und die Vorbereitung der Ernte für die Lagerung sind mühselige Arbeiten. Neigt sie sich dem Ende zu, machen Bauern normalerweise eine Pause.

Für Nora Achiligabe geht die Arbeit jedoch weiter. In der Nebensaison pflückt, reinigt und verpackt sie hauptsächlich Neembaum-Samen für den Verkauf. „Ich bekomme 180 Cedi – fast 15 Dollar – für je 50 Kilogramm, weil meine Samen immer sauber sind. Mit diesen Einnahmen können wir sicherstellen, dass wir genug zu essen haben, und die Grundbedürfnisse unseres Haushalts decken“, sagt sie. „Meine größte Lieferung waren 459 Säcke, die 82 620 Cedi, etwa 6700 Dollar, einbrachten. Ein gutes Geschäft.“

Achiligabe ist Mutter von vier Kindern und lebt in Sahanayili, einer Gemeinde im Bezirk Nanton in Ghanas Northern Region. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sind fast 60 Prozent der Frauen, die in Ghana auf dem Land leben, in der Landwirtschaft tätig.

„Der Handel mit Neem-Samen hat in den letzten zweieinhalb Jahren viele finanzielle Probleme meiner Familie gelöst. Die Mais- und Sojaerträge unserer Farm sind gesunken. Das hat sich auf unsere Lebensmittelversorgung ausgewirkt, aber die Einnahmen aus dem Neem-Handel ergänzen das Wenige, das wir ernten“, sagt Achiligabe. Ein Länderbericht der Weltbankgruppe über Klima und Entwicklung bestätigt, dass lange Dürreperioden, Überschwemmungen und steigende Temperaturen als Folge der Klimakrise die Erträge in Ghana beeinträchtigen.

Achiligabe ist eine von mehr als 581 Frauen in drei Kooperativen, die über die Regionen Northern, Upper East und West verteilt sind und ghanaische Agrarunternehmen mit Neem-Saatgut beliefern.

Organische Pestizide und Düngemittel

Kingsworth Farms in Ghanas Hauptstadt Accra ist eines der Unternehmen, das Neem-Saatgut zur Herstellung von organischen Pestiziden und Düngemitteln verwendet. Ihre Produkte sind lokal und international gefragt. Der darin enthaltende Wirkstoff Azadirachtin wirkt als organisches Insektizid, Fungizid und Mitizid.

Forschungen zur Wirksamkeit von Biopestiziden wie Neem sind vielversprechend. Als Teil einer integrierten Schädlingsbekämpfungsstrategie können sie für viele Kulturen eingesetzt werden. Wissenschaftler*innen der University of Ghana haben etwa nachgewiesen, dass Neem-Samen-Extrakt gegen Diamantmottenbefall von Kohl wirkt. Es beseitigt außerdem andere Pflanzenschädlinge wie Heerwürmer, Blattläuse, Weiße Fliegen und Trauermücken.

Kingsworth Farms wurde vor drei Jahren als kleines Unternehmen gegründet. Inzwischen hat es die Zulassung von allen staatlichen Behörden erhalten, das Biopestizid zu produzieren und zu verkaufen.

„Wir sind derzeit eine der größten Fabriken des Landes mit einer Produktionskapazität von drei Tonnen pro Tag. Mittelfristig wollen wir auf 18 Tonnen aufstocken und die Absatzmärkte ins Ausland ausweiten, um vor allem Frauen würdige Arbeit zu bieten“, sagt James Quartey, Geschäftsführer des Unternehmens.

Um jederzeit liefern zu können, hat das Unternehmen 600 Hektar Neem-Setzlinge auf degradiertem Land in Dadieso in der Western North Region Ghanas angebaut und bereitet die Neubepflanzung von etwa 2000 Hektar ab nächstem Jahr vor.

Die Kosten chemischer Pestizide

Biopestizide werden dringend benötigt. Copperfield Banini, stellvertretender Direktor der Abteilung für Schädlings- und Krankheitsbekämpfung der ghanaischen Pflanzenschutz- und Zulassungsbehörde, befürchtet, dass die globale Erhitzung ein günstiges Klima für Schädlinge und Krankheiten schaffen wird. Dies würde den Einsatz von mehr chemischen Pestiziden fördern. Chemische Pestizide wiederum verursachen massive Umweltschäden, gefährden die Artenvielfalt und schaden der menschlichen Gesundheit.

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind besorgt, dass die Landwirtschaft in Ghana größtenteils auf chemische Pestizide angewiesen ist. Einige der nicht zugelassenen, aber in Ghana eingesetzten Pestizide enthalten Wirkstoffe, die von der WHO und der EU als sehr gefährlich eingestuft werden, weil sie Böden, Wasser und Artenvielfalt schaden.

Die Organisationen fordern Regierung und Privatsektor deshalb auf, in die Forschung zu alternativen Schädlingsbekämpfungsmethoden wie Biopestiziden zu investieren.

Klimafreundliche Technologie

Auch Ken Okwae Fening, der subregionale Koordinator des regionalen afrikanischen Postgraduiertenprogramms für Insektenkunde an der University of Ghana, ist von Neem-Produkten überzeugt. Schädlinge würden nicht so leicht resistent gegen sie, da sie mehrere Wirkmechanismen haben.

Auch wenn Neem-Produkte nicht frei von Nebenwirkungen sind, gelten sie als weniger schädlich für einige Nutzinsekten als viele synthetische Agrochemikalien.

Fening befürwortet die Idee, mehr Neem-Bäume insbesondere auf degradiertem Land zu pflanzen, damit sie auch als Kohlenstoffsenke dienen und für saubere Luft sorgen können. „Die Samen und Blätter sind nicht nur immer verfügbar und erschwinglich, sondern können auch genutzt werden, während der Baum unversehrt bleibt“, sagt der Agrarentomologe. „Außerdem ist das Sammeln der Samen eine gute Einkommensquelle vor allem für Frauen.“

Fening erklärt, dass die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Neem-Samen ein Beispiel für eine klimafreundliche Technologie sei, die den Ernteertrag ankurbelt, zur Lebensmittelsicherheit beiträgt und als alternative Einkommensquelle dient. So stärkt sie auch die Widerstandsfähigkeit gegen die Klimakrise auf lokaler Ebene.

Albert Oppong-Ansah ist ghanaischer Journalist und hat sich auf Umwelt- und Entwicklungsthemen spezialisiert.
ansahalbert@gmail.com