KfW

Noch nie war die Zusammenarbeit mit Afrika so spannend!

Interview mit dem für Afrika zuständigen KfW-Bereichsleiter Helmut Gauges über die Fortschritte und Chancen des Kontinents. Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer KfW-Beilage im Druckheft von E+Z/D+C.
KfW-Bereichsleiter Helmut Gauges unterwegs in Marokko. KfW Bankengruppe/Alexander von Kapherr KfW-Bereichsleiter Helmut Gauges unterwegs in Marokko.

Wo sehen Sie drei große Herausforderungen für Afrika, mit denen auch die KfW umgehen muss?

Die Herausforderungen sind auf den ersten Blick ganz ähnlich wie die anderer Kontinente und Entwicklungsländer. Das größte Problem in Afrika ist schlechte Regierungsführung, dysfunktionale staatliche Verwaltungsstrukturen und ein hohes Ausmaß an Korruption. Die zweite große Herausforderung ist das Infrastrukturdefizit, das sich durch alle Bereiche zieht. Die Defizite sind deutlich größer als auf allen anderen Kontinenten – das betrifft Bildungs- und Gesundheitssysteme, aber auch Transportmöglichkeiten und die Energie- und Wasserversorgung. Es ist beispielsweise teurer und langwieriger, ein Gut von der einen Seite Afrikas auf die andere zu transportieren als von China nach Afrika.

Die dritte große Herausforderung ist die stark gewachsene – und weiter wachsende – Bevölkerung. Wir haben in Afrika eine sehr junge Bevölkerungsstruktur, verbunden mit der Gefahr hoher Jugendarbeits- und Perspektivlosigkeit.

Und ich nenne noch eine vierte Herausforderung, die vielleicht noch nicht so deutlich sichtbar ist: Wir reden alle über den Klimawandel, über einen Anstieg von zwei Grad im weltweiten Durchschnitt – für Afrika bedeutet das eine besondere Herausforderung, denn die Resilienz und Kapazität, mit den Konsequenzen des Wandels umzugehen, ist nicht vorhanden. Das bedeutet, dass die Dürre in Teilen Afrikas noch weiter zunehmen wird, in anderen Gebieten die Starkwetterereignisse zunehmen und letztlich die Ernährungsgrundlagen schwinden werden. Ich nenne das Beispiel Mosambik, das in diesem Jahr schon von zwei Zyklonen schwer getroffen wurde. Mit den Überschwemmungen kehrt dort übrigens auch die Malaria zurück.

Wenn man alle vier Herausforderungen zusammennimmt, dann ist unschwer zu prognostizieren, dass der Migrationsdruck noch zunehmen wird – wenn wir diese Herausforderungen nicht meistern.


Afrika ist Top-Thema – auch wegen des Themas Migration. Was bedeutet das für die KfW Entwicklungsbank?

Mit den Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, ist in der Politik und auch in der Gesellschaft angekommen, dass die Probleme Afrikas nicht nur Probleme eines Nachbarkontinents sind. Das Wohlergehen Europas ist mit dem unseres Nachbarn Afrika untrennbar verbunden. Ein prosperierendes Afrika ist unentbehrlich, um – in Afrika wie in Europa – nachhaltiges Wachstum und Stabilität zu erreichen. Schleuserkriminalität und illegale Migration können nur dann überwunden werden, wenn es für die jungen Menschen eine wirtschaftliche Perspektive gibt. Insofern ist eine der Maßnahmen, die die Bundesregierung, aber auch die Europäische Kommission beschlossen haben, die Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in Afrika und das betrifft natürlich auch die KfW. Wir haben unsere Zusagen in der FZ mit Afrika als Folge signifikant gesteigert.


Sie sind schon viele Male nach Afrika gereist, um sich Projekte vor Ort anzusehen. Was ist Ihnen dabei nachhaltig in Erinnerung geblieben, und was stimmt Sie – trotz der Herausforderungen – optimistisch?

Vor Ort nimmt man Fortschritte wahr; Dinge, die man sehen und messen kann. Man begegnet beispielsweise Kindern, die froh sind, dass sie in die Schule gehen dürfen; Frauen, die ihre Familienplanung nun selbst gestalten. Wir begegnen Müttern mit ihren Kindern, die mit unbedenklichem Trinkwasser versorgt werden, so dass die Kinder nicht an wasserinduzierten Krankheiten erkranken oder gar versterben. Wir erleben elektrifizierte Haushalte – in denen man nun am Abend lesen und lernen kann. Ganz zu schweigen von den vielen jungen Unternehmern, die wir mit Krediten versorgen und die ihr Unternehmen weiterentwickeln können und selber neue Arbeitsplätze schaffen. Unterlegt werden diese Beobachtungen durch sozioökonomische Evaluierungen, die deutliche Fortschritte belegen, was Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Einschulungsquoten, Wachstumsraten und mehr betrifft.

Das Bild, das die Medien von Afrika geprägt haben, arm und hoffnungslos, in Kriegen verloren, von Seuchen heimgesucht – das ist nicht alles in allem das Bild, das man vor Ort gewinnt. Klar – die gerade genannten Positivtrends haben nicht den Newswert wie der erneute Ausbruch von Ebola oder ein Militärputsch…

Afrika ist ein sehr, sehr reicher Kontinent. Afrika hat unglaublich viele Ressourcen: zum Beispiel das Potenzial für erneuerbare Energien – ausreichend, um den ganzen Kontinent zu versorgen, aber bislang ungenutzt. Das betrifft Wind- und Wasserkraft, aber auch die Solarenergie – mit doppelt so hohem Potenzial wie in Deutschland. Experten beziffern die Kapazitäten für Sonnenenergie auf 9.000 bis 11.000 Gigawatt – in Subsahara-Afrika. Zum Vergleich: im Jahr 2016 wurden in der Region insgesamt nur 122 Gigawatt erzeugt.

Also: Afrika ist ein reicher Kontinent und es besteht viel Grund für Optimismus. Die Potenziale sind entweder noch nicht genutzt oder eben auch ungleich verteilt.


Welche neuen Ansätze der Bundesregierung gibt es, und was tut die KfW für deren Umsetzung?

Die Bundesregierung hat mit ihrem Fokus auf Afrika einige Dinge neu gestaltet. Das BMZ hat einen Marshallplan mit Afrika vorgestellt, der die oben genannten Problemfelder in ganzheitlicher und partnerschaftlicher Weise aufgreift und sechs ausgewählte „Reformchampions“ in „Reformpartnerschaften“ unterstützt. In diesen neuen Partnerschaften werden einerseits Reformverpflichtungen, andererseits erhebliche finanzielle Unterstützung vereinbart, also fordern und fördern. Wo wir können, finanzieren wir sowohl mit den Bundesmitteln des BMZ als auch mit unseren eigenen Mitteln diese Reformanstrengungen. Die Reformen sollen die Rahmenbedingungen für private Investitionen verbessern. Wir in der KfW Entwicklungsbank unterstützen die Partnerregierungen zum Beispiel bei der Reform des Energiesektors, beim Ausbau eines Einlagensicherungsfonds für die Verbesserung der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen und bei der Risikoabsicherung für privatwirtschaftliche Investitionen. Wir sehen erste Reformschritte – zum Beispiel in Tunesien – und sind zuversichtlich, dass andere Länder nachziehen werden.

Zuletzt will ich nicht unerwähnt lassen, dass wir mit Hochdruck an dem Entwicklungsinvestitionsfonds arbeiten, den die Kanzlerin beim Afrika-Gipfel in Höhe von 1 Mrd. EUR angekündigt hat. Damit sollen europäische und afrikanische, sowohl mittelständische wie junge innovative Unternehmen bei ihren Investitionen in Afrika gefördert werden. Das wird in dieser Größenordnung ganz neue katalytische Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika auslösen.
Noch nie war die Zusammenarbeit mit Afrika so spannend!

Die Fragen stellte Susanne Schröder.


Link
KfW, 2019: Afrika – Kontinent der Chancen.
https://www.kfw-entwicklungsbank.de/PDF/Download-Center/PDF-Dokumente-Medienkooperation-mit-E-Z/2019_10_Afrika_D.pdf