Gesundheitswesen
Ärztemangel ist ein globales Problem
personal. Die Lage in Afrika verschärft sich dadurch, dass dort ausgebildete Fachkräfte ihre Heimat verlassen, um im Ausland zu arbeiten. Bisweilen sind traditionelle Heiler die Einzigen, die sich um die Kranken kümmern. Aber ihre Rolle ist umstritten.
„Man sieht Menschen sterben, Mütter und Kinder, die nicht versorgt werden, weil Ärzte und Krankenschwestern das Land verlassen. Das ist sehr ungerecht“, sagt Lorna Muhirwe vom Uganda Protestant Medical Bureau. Auch Dorothy Ngoma von der National Organisation of Nurses and Midwives of Malawi bezeichnet den Fachkräftemangel im medizinischen Bereich als „globales Problem“.
In der Tat fehlt medizinisches Fachpersonal und Ärzte, auch in reichen Ländern wie Kanada oder Britannien. Doch diese haben die Mittel, Fachkräfte aus Entwicklungsländern abzuwerben – was die Lage dort weiter verschlimmert. Letztlich bilden arme Nationen Ärzte und Krankenschwestern aus, die dann zum Arbeiten ins Ausland gehen. Das sei besonders gravierend für sehr arme Länder wie Malawi, die nicht das Geld haben, um die Menschen davon abzuhalten, das Land zu verlassen, betont Ngoma.
So arbeiten in Manchester inzwischen angeblich mehr Pflegekräfte und Mediziner aus Malawi als in Malawi selbst – wo sie dringend benötigt werden. Müttersterblichkeit, HIV/Aids und Malaria sind große Themen, aber auch Tuberkulose – jährlich gebe es 30 000 Neuinfektionen. Dieser Situation wird das malawische Gesundheitssystem nicht gerecht. So komme dort ein Arzt auf 65 000 Menschen – in Frankreich oder Deutschland sei ein Mediziner für 211 zuständig. Und auch dort wird das Personal knapp. „Wir haben alle geschlafen“, sagte Ngoma in Berlin im Februar auf einer von der Stiftung Weltbevölkerung und Action for Global Health (AfGH) organisierten Tagung Mitte über Zugangsprobleme zur medizinischen Basisversorung in Entwicklungsländern.
Die Herausforderung ist klar, die Lösung aber nicht einfach. „Ärzte bildet man nicht über Nacht aus“, betonte Ngoma von der Schwestern- und Hebammenorganisation. Dabei plagen die Gesundheitswesen armer Länder noch viele andere Sorgen, vom allgemeinen Geldmangel, über falsche Mittelverteilung, das bisweilen problematische „earmarking“ von Projektgeldern oder einfach nur der schlechten Organisation des Sektors, wie auf der Tagung abermals deutlich wurde.
Besonders in ländlichen Gegenden sind daher traditionelle Heiler nach wie vor gefragt. Dort ist oft schon die grundlegendste medizinische Versorgung nicht gewährleistet. „Es ist kaum möglich, Ärzte oder Krankenschwestern dazu zu bewegen, aufs Land zu gehen“, sagte Betty Nakazzi Kyaddondo von der Abteilung für Familiengesundheit im ugandischen Finanzministerium. Vor allem dann nicht, wenn ohnehin schon Mangel besteht.
Traditionelle Heiler genießen in der Bevölkerung seit jeher ein großes Ansehen, wie sie berichtet. Aber ungeachtet dessen seien sie oft auch die Einzigen, die sich um die Kranken kümmerten. Gleiches gelte für die traditionellen Geburtshelfer. Diese stehen zwar unter Dauerkritik, und werden auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) misstrauisch betrachtet, haben aber schon deshalb eine große Bedeutung, weil es oft keine Alternativen gibt – eine Diskussion, die nicht nur in Afrika geführt wird (siehe E+Z 02/09).
Folgten die Regierungen der einzelnen Länder den Handlungsempfehlungen der WHO, gäbe es allerdings bald keine traditionellen Heiler mehr, vermutet Ministerialbeamtin Kyaddondo. „Wenn wir allen internationalen Empfehlungen folgen, helfen wir unserem Land nicht“. (eli)