Subventionen
Kontraproduktive Politik
Im Jahr 2009 verpflichteten sich die G20-Staaten, fossile Brennstoffe nicht weiter zu fördern. Das war ein historischer Moment – aber dabei blieb es. Geschehen ist seither wenig, denn die Regierungen fürchten öffentlichen Widerstand.
Die Höhe aller staatlicher Subventionen ist unklar. Schätzungsweise lagen im Jahr 2012 die Gesamtausgaben dafür weltweit bei 544 Milliarden Dollar. Viele Entwicklungsländer geben mehr für Treibstoff-Subventionen als für soziale Dienstleistungen und Infrastruktur aus.
Ein Nachteil der Subventionen ist, dass sie zu noch mehr Verbrauch von fossilen Brennstoffen anregen, und diese sind die größte Quellen von Treibhausgas-Emissionen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass sich durch Kürzung der staatlichen Zuschüsse der globale Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um sechs Prozent reduzieren ließe.
Es wäre gut zu wissen, welche Arten von Subventionen es gibt. Im Grunde ist alles, was eine Regierung tut, um Benzin- oder Strompreise für Verbraucher zu senken, eine Subvention. Dies gilt ebenso für Maßnahmen, die Produzentenpreise anheben. Es gibt also eine Vielzahl von Subventionen: Steuervergünstigungen, Zuschüsse, vergünstige Kredite, Preiskontrollen, Beschaffungspflichten und dergleichen mehr.
Entwicklungsländer subventionieren fossile Brennstoffe seit Jahrzehnten. Viele Regierungen senken Treibstoffpreise generell. Andere fördern deren Nutzung in Landwirtschaft oder Bergbau. Das geschieht auch in entwickelten Ländern. Laut IEA sind die staatlichen Subventionen für fossile Energieträger von 311 Milliarden Dollar im Jahr 2009 auf 544 Milliarden Dollar im Jahr 2012 gestiegen. Werden entgangene Steuereinnahmen berücksichtigt, betrug die Summe 2012 sogar 2 Billionen Dollar. Laut Internationalem Währungsfonds entspricht das mehr als acht Prozent aller Staatseinnahmen weltweit.
Auf jeden Fall müssen Regierungen transparenter handeln. Sie müssen aufhören, der Öl-, Gas-, Kohle- oder Agroindustrie heimlich Staatsleistungen zukommen zu lassen. Manche Länder werden Brennstoffsubventionen beibehalten wollen, die sie für sinnvoll halten. Sie sollten dann aber sicherstellen, dass die Öffentlichkeit prüfen kann, ob der Aufwand wirklich sinnvoll ist.
Fehlgeleitete Ressourcen
Tatsächlich sind Energiesubventionen selten sinnvoll. Paradoxerweise führen sie weder zu der meist proklamierten Energiesicherheit noch dienen sie anderen Entwicklungszielen. Sie bremsen aber immer Maßnahmen gegen den Klimawandel. Sie verleiten geradezu zur Energieverschwendung. Sie sind ein Anreiz, sich nicht um effiziente Nutzung zu kümmern und nicht in erneuerbare Energien zu investieren. Das Ergebnis ist eine enorme Fehlallokation von Ressourcen.
Und das gilt über den Energiesektor hinaus. Denn Treibstoffsubventionen konkurrieren mit öffentlichen Ausgaben für Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und anderen Dingen, um die sich Regierungen kümmern sollten. Billige Energie fördert zudem die Schwerindustrie – entwicklungspolitisch wäre es aber besser, die Leichtindustrie zu fördern, weil diese mehr Arbeitsplätze schafft.
Treibstoffsubventionen bremsen derweil private Investitionen in den Energiesektor. Kleine und mittelständische Unternehmen können nicht mit staatlich garantierten Niedrigpreisen mithalten. Allerdings können nur wenige Regierungen besonders rohstoffreicher Länder ihre gesamte Bevölkerung mit billigem Strom versorgen. In der Regel spalten Subventionen Gesellschaften – in jene, die profitieren, und jene, die leer ausgehen. Viele ländliche Gebiete sind nicht ans nationale Stromnetz angeschlossen. Private Investitionen könnten ihre Lage verbessern, aber die Subventionen verderben die Preise.
Gute Absichten, schlechte Ergebnisse
Viele Länder bezuschussen Treibstoffe, um die Verbraucher zu schützen und die Preise für die arme Bevölkerung niedrig zu halten. Ölfördernde Länder im Nahen Osten und in Südostasien betrachteten die Zuschüsse als Möglichkeit, ihre Bevölkerung am Ressourcenreichtum teilhaben zu lassen. Was wie eine gute Absicht aussieht, nutzt aber vor allem den Reichen, denn diese verbrauchen viel mehr Energie als die Armen. Diese können sich oft nicht einmal einen Motorroller leisten, haben keinen Zugang zu Elektrizität und sind nach wie vor auf traditionelle Brennmaterialien wie Holz und Dung angewiesen. Auch hier hat insbesondere die Landbevölkerung das Nachsehen.
Was auch immer Subventionen bringen sollen – sie saugen jedenfalls die Staatskassen aus. Schmuggel ist das kleinere Übel, das daraus folgt. Schwerer wiegt die Staatsverschuldung. Staatseinnahmen zu erzielen ist mühsam, denn Steuern sind unbeliebt. In dem Maß, in dem Energie importiert wird, belasten Subventionen zudem die Handelsbilanz, denn sie ermuntern zum Kraftstoffverbrauch.
Einige Entwicklungsländer haben erkannt, dass Energiesubventionen nicht nachhaltig sind und versuchen, sie herunterzufahren. Sie können sich die Bezuschussung auch nicht mehr leisten, weil sich die Ölpreise auf dem Weltmarkt zwischen 2009 und 2013 mehr als verdoppelt haben. In den vergangenen zwei Jahren haben Indien, Jordanien, Marokko, Indonesien, Iran, Malaysia und Vietnam Subventionen gekürzt und Kraftstoffpreise erhöht. Thailand prüft Alternativen – und selbst das ölreiche Kuwait hat angekündigt, Diesel nicht mehr zu bezuschussen.
Wie Reformen umgesetzt werden sollten
Reformen sind notwendig aber schwierig. Die Politiker fürchten, die Öffentlichkeit – allen voran die städtischen Eliten – gegen sich aufzubringen, wenn sie Zuschüsse streichen. Die Bürger spüren die Kürzungen direkt, die meisten erwarten sich aber von dieser Politik keine Vorteile. Oft kommt es zu Protesten und Ausschreitungen, wenn Subventionen gestrichen werden sollen. Deshalb scheuen Regierungen vor sinnvollen Maßnahmen zurück.
Es gibt aber keine unüberwindbaren Hürden. Die Abschaffung von Subventionen kann auch gelingen. Dazu müssen Regierungen ein Bewusstsein schaffen für das, was sie tun – und zwar durch gut durchdachte öffentliche Aufklärung. Zudem sollten sie in einem klar definierten Zeitplan die Preise schrittweise erhöhen. Auch gezielte Transfers, die armen Menschen helfen, mit steigenden Energiepreisen zurechtzukommen, sind sinnvoll.
Die Philippinen haben bewiesen, dass es geht. Heute subventioniert das Land keine fossilen Brennstoffe mehr. Die Regierung unternahm Energiereformen erst, nachdem sie mit Verantwortlichen im ganzen Land gesprochen hatte. Öffentlichkeit, Industrie, Landwirtschaft und Handel wurden in die Debatte einbezogen. Die Zuschüsse wurden dann schrittweise reduziert und nach fünf Jahren ganz eingestellt.
Die Philippinen sind vom Klimawandel extrem betroffen. Immer wieder verwüsten Taifune das Land und die Menschen sind sich des Treibhauseffekts bewusst. Das hat die Reform sicherlich erleichtert. Doch diese wäre auch so möglich gewesen. Der Klimawandel ist ein wichtiger, aber definitiv nicht der einzige Grund, keine fossilen Energieträger mehr zu nutzen.
Malaysia hat ein ähnliches Programm wie die Philippinen gestartet. Heute informieren Plakate im ganzen Land darüber, was die Regierung für Erdölprodukte, aber auch für Reis, Mehl, Speiseöl und dergleichen ausgibt. Es wird deutlich, dass Kraftstoffsubventionen eine riesige Belastung sind, und die Preise für Brennstoffe steigen müssen. Diese Art der Aufklärung hilft den Menschen, sich auf Veränderungen vorzubereiten und ihre Konsumgewohnheiten umzustellen.
Angesichts des Klimawandels müssen Regierungen aufhören, Umweltverschmutzung zu subventionieren. Sie müssen dafür sorgen, dass Menschen und Unternehmen für die Treibhausgase, die sie erzeugen, zahlen. Die Volksrepublik China wie auch Korea erwägen, eine Obergrenze für CO2-Emissionen einzuführen und Emissionen ab 2016 mit einem Preis zu belegen. Dabei will China den Kohleverbrauch bis 2016 deckeln. Durch diese Politik kann der Staat mehr einnehmen und entsprechend mehr Geld für saubere, teuere und noch nicht fertig entwickelte Technologien wie etwa Carbon Capture and Storage ausgeben.
Fazit
Die Subventionen fossiler Brennstoffe ist aus mehreren Gründen schädlich. Sie beschränken andere, potenziell wichtigere Staatsausgaben. Sie setzen falsche wirtschaftliche Anreize und tragen zum Klimawandel bei. Obendrein verschärfen sie Ungleichheit, statt Armut zu mindern.
Laut IEA könnten viele Länder durch den Abbau der Treibstoffsubventionen praktisch sofort ihre CO2-Reduktionsziele für das nächste Jahrzehnt erfüllen. Langfristig steigern solche Reformen die wirtschaftliche Effizienz und setzen staatliche Mittel für eine nachhaltigere, wachstumsfreundliche Politik, etwa im Bildungsbereich, frei.
Subventionen können jedoch nicht über Nacht abgeschafft werden. Nirgendwo freuen sich Bürger über steigende Energiepreise. Die Philippinen brauchten fünf Jahre, um die Zuschüsse ganz abzuschaffen. Aber die Bevölkerung akzeptierte das schrittweise Vorgehen. Andererseits ist es sinnvoll, Subventionen möglichst bald abzubauen, und nicht zu warten, bis der Problemdruck so groß wird, dass sich Regierungen zu radikaleren und politisch heikleren Maßnahmen gezwungen sehen.
Anthony J. Jude arbeitet in der Abteilung für Nachhaltige Entwicklung der Asiatischen Entwicklungsbank.
ajude@adb.org