60 Jahre Carl Duisberg Gesellschaft

Entwicklung geht vom Menschen aus

Die Carl Duisberg Gesellschaft (CDG) wird 60 und sie ist mit ihrer Gründungsidee moderner denn je. Globalisierung braucht Menschen, die die Welt kennen. Die durch die CDG initiierte Vermittlung praxisbezogener Bildung sowie internationaler Handlungskompetenz ist eine zentrale Entwicklungsressource und eine notwendige Voraussetzung, um Entwicklung erfolgreich für alle zu gestalten. Dieser Handlungsansatz wird in der Arbeit von InWEnt konsequent fortgeführt und ausgebaut.


[ Von Bernd Schleich ]

Der Chemiker und Bayer-Direktor Carl Duisberg unterstützte in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die Arbeitsaufenthalte junger deutscher Ingenieure in den USA. Als Werkstudenten sammelten sie wertvolle Erfahrungen für ihre berufliche Zukunft und bauten internationale Netzwerke auf. Diese Arbeit des "Amerika Werkstudenten Dienstes" – durch die erste Weltwirtschaftskrise unterbrochen, in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen und in den Marshall Plan integriert – ist der Ursprung der 1949 gegründeten CDG für internationalen Bildungsaustausch und Personalentwicklung.

„Die Zukunft beginnt in den Köpfen“ hieß und heißt das Motto der CDG. Ihr Geschäftsfeld, die internationale Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte, birgt großes Potenzial für jedes Gemeinwesen – für eine prosperierende Wirtschaft, für die Reformfähigkeit der Politik, die Weltoffenheit und Toleranz der Gesellschaft sowie die konstruktive Zusammenarbeit und freundschaftliche Verbundenheit zwischen Nationen. Grenzübergreifende Weiterbildung ist daher eine Geschäftsidee mit großer Konjunktur; zu Zeiten des deutschen Wirtschaftswunders in der noch geteilten Welt des Kalten Krieges ebenso wie in der globalisierten Gegenwart, in der die meisten Waren und Dienstleistungen einen weltumspannenden Entstehungsweg zurücklegen und auf einem globalen Markt konkurrenzfähig sein müssen. Internationale Weiterbildung ist ein Betätigungsfeld, das heute moderner ist denn je, denn Globalisierung braucht Menschen, die Globalisierung leibhaftig im Ausland erfahren haben und kompetent mit dieser Herausforderung umgehen können.

Stetige Ausdifferenzierung und ein erfreuliches Wachstum der Aufgaben prägten die ersten 50 Jahre der Geschichte der CDG: Was als einseitige Entsendung deutscher Studenten ins Ausland unter der Überschrift "Jugendaufstieg und Selbsthilfe" begann, wurde in den 1950er und 1960er Jahren im Auftrage der Bundesrepublik durch die Förderung ausländischer Fortbildungsgäste in Deutschland schnell zu einem beidseitigen Bildungsaustausch ergänzt. Eine wachsende Zahl von Bildungs- und Stipendienprogrammen für Praktikanten, Lehrlinge, Studenten sowie Fach- und Führungskräfte ebnete nicht nur jungen Deutschen den Weg in die Welt, sondern eröffnete zugleich jungen Teilnehmenden aus dem Ausland den Lernstandort Deutschland.

Damit einher ging der sukzessive Ausbau der Organisationsstruktur mit Büros in allen Ländern des wiedervereinigten Deutschlands und auch internationalen Repräsentanzen in New York, Tokio, Brüssel und São Paulo. Die Konzentration auf den Austausch mit Industrieländern brach schon früh auf zugunsten umfangreicher Fortbildungsprogramme mit Fach- und Führungskräften aus Transformations- und Entwicklungsländern. In diesem Zuge wurde auch die klassische Fort- und Weiterbildung zu wirtschaftlich-technologischen Kerndisziplinen um Management Trainings und Nachhaltigkeitsthemen (Good Governance, verantwortungsvolle Nutzung von Umweltressourcen) bereichert. Die Vermittlung so genannter „weicher“ interkultureller Kompetenzen wurde als weiterer Schlüssel zu globalem Erfolg in die Trainingprogramme integriert. Denn wer im Beruf internationalen Zielen dienen will, braucht notwendig einen kundigen und konstruktiven Umgang mit anderen kulturbedingten Werthaltungen und Arbeitsstilen sowie die Fähigkeit in fremden Kulturkreisen zu kommunizieren.

Auch das Feld der Auftraggeber wurde vielfältiger. Neben Bundeswirtschaftsministerium und Auswärtigem Amt traten in den 1960er Jahren das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und das Bundesforschungsministerium. Auch internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, deutsche Stiftungen oder der Deutsche Bundestag legten Bildungs- und Austauschprogramme auf und übertrugen der CDG die Unterstützung beziehungsweise Abwicklung gesamter Vorhaben. In dem breiten Portfolio der CDG standen daher das Wirtschaftsprogramm der Heinz Nixdorf Stiftung zur Förderung der Asien-Pazifik-Erfahrung neben den EU-Bildungsprogrammen LEONARDO DA VINCI und SOKRATES und dem ehemals von Studenten ehrenamtlich betriebenen ASA-Programm (Arbeits- und Studienaufenthalte für Studenten in Entwicklungsländern). Letzteres weitete der CDG schnell aus und öffnete es: für junge Berufstätige aus Deutschland und für Teilnehmende aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa für Arbeits- und Erfahrungsaufenthalten in Deutschland.

1999 leitete die gemeinnützige CDG e.V. im reifen Alter von 50 Jahren einen Verbund von Partnergesellschaften, Unternehmen, Kammern, Verbänden, Institutionen und Führungskräften der Wirtschaft. Die Programme für Fach- und Führungskräfte der CDG hatten bis dahin 250 000 Menschen durchlaufen, die heute als Multiplikatoren und Leistungsträger überall auf der Welt tätig sind.

Aktiver Gesellschafter von InWEnt

Im Jahr 2002 übertrug die CDG ihre Programmarbeit auf die InWEnt - Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH, die ebenfalls das operative Geschäft der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung (DSE) übernommen hat und fortan als neue Durchführungsorganisation der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit für internationale und personelle Zusammenarbeit fungiert.

CDG wie DSE sind als Gesellschafter von InWEnt weiterhin aktiv und gewährleisten die Anbindung ihrer Mitglieder an InWEnt. Der bundesweite Verein CDG e.V. kooperiert eng mit den Carl Duisberg Wirtschaftskreisen Berlin/Brandenburg und Hessen/Rheinland-Pfalz, mit dem Carl Duisberg Arbeitskreis Nordrhein-Westfalen (CDA) sowie dem Carl Duisberg Förderkreis Niedersachen (CDF). Zusammen sind 350 Mitglieder (u. a. Unternehmen, Kammern, Bildungseinrichtungen der Wirtschaft) in diesem Verbund aktiv. Sie vermitteln nicht nur Informationen zu Qualifizierungsangeboten der InWEnt, sondern sind weiterhin durch Veranstaltungen zur internationalen Wirtschaft und Entwicklung, durch Auslobung von Förderpreisen für Nachwuchskräfte oder durch die Betreuung ausländischer Fortbildungsgäste der InWEnt tätig.

InWEnt entwickelt ihrerseits die ehemaligen Programme der CDG weiter und baut sie konsequent für die Förderung nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung in Entwicklungsländern sowie für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Industrie- und Transformationsstaaten aus. Das ASA-Programm etwa hat durch den Aufbau eines Partnernetzwerks mit 12 europäischen Ländern (Global Education Network for Young Europeans), durch die Förderung von Führungskompetenz für Nachhaltigkeit (ASApreneurs – Shaping a Sustainable World), das Entwicklungspolitische Schulaustauschprogramm (ENSA) und die Zusammenarbeit mit dem DED bezüglich der Vorbereitung der weltwärts-Freiwilligen an Umfang und Profil hinzugewonnen. Nahezu 60 Prozent aller InWEnt-Programme haben heute Wirtschaftsbezug. Die Themenpalette reicht von der Managerfortbildung in GUS-Staaten, über die Sensibilisierung für Corporate Social Responsibility im lateinamerikanischen Mercosur bis hin zur Wirtschafts- und Handelsförderung in den Ländern des südlichen Afrika.

Der besondere Handlungsansatz der CDG, die Vermittlung wirtschaftsnaher und praxisbezogener Bildung sowie internationaler Handlungskompetenz als zentrale Entwicklungsressource sind als geistiges Gut der CDG in InWEnt nach wie vor lebendig. Entwicklung geht von Menschen aus! Von hervorragend geschulten Menschen aus allen Ländern geht eine globale Entwicklung zum Nutzen aller aus – eine nachhaltige Globalisierung mit menschlichem Antlitz.

Capacity Building ist ein unverzichtbarer Grundpfeiler einer modernen internationalen Zusammenarbeit. Dazu hat die CDG mit ihrer 60jährigen Geschichte als Wegbereiter und wichtiger Akteur einen großen Beitrag geleistet.