Global Governance
Komplexes Gefüge
Internationale politische Agenden sind von großem öffentlichem Interesse, aber oft schwer zu verstehen, denn viele unterschiedliche Parteien verfolgen hierbei eine große Vielfalt von Interessen. Ein Beispiel dafür ist die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Sie wurde entwickelt, um den vom Menschen verursachten Klimawandel zu abzumildern.
Tim Cadman von der australischen Griffith University spricht von einer „Blackbox der internationalen Regime“. Gemeinsam mit Kollegen hat er ein Online-Tool entwickelt, das Daten zum Verständnis des Szenarios liefert. Auf einer Veranstaltung des ZEF (Zentrum für Entwicklungsforschung) der Universität Bonn im Mai betont er, dass es Entscheidungsträgern helfen könnte.
Teil des Problems ist, dass mehrere Akteure mit mehreren Agenden Einfluss auf unterschiedlichen Ebenen ausüben. Dies werde allzu oft ignoriert, so Cadman. Umfangreiche Visualisierungen könnten deshalb nützlich sein. Seine Climate Regime Map dient der Analyse der UNFCCC. Das Modell wurde vor dem Pariser Klimagipfel 2015 entwickelt und ist online zugänglich. Es spiegelt die Komplexität des politischen Systems wieder und ist entsprechend auch selbst nicht leicht zu lesen. Ein Farbcode weist auf spezifische Themenfelder wie Finanzen, Kapazitätsaufbau oder Monitoring hin. Die Climate Regime Map lässt sich in drei verschiedenen Modi nutzen:
- Der „hierarchical mode“ zeigt die verschiedenen Ebenen der UNFCCC-Aktivität – einschließlich Gipfelkonferenzen, Tochterinstitutionen und diversen anderen Akteuren.
- Der „nested mode“ zeigt, wie sich einzelne Initiativen auf übergreifende Konzepte beziehen.
- Der „connections mode“ zeigt, wie verschiedene Parteien und Behörden miteinander verbunden sind.
Kürzlich wurde ein zweites Tool veröffentlicht, die EcoRegime Map. Das Konzept der Ökosystem-Dienstleistungen zielt darauf ab, den Wert der Natur für das Wohlergehen der Menschen monetär zu bewerten. International gewinnt das Konzept an Bedeutung. Die EcoRegime Map zeigt, wie internationale und transnationale Akteure es nutzen und sich die Interpretation von Ökosystem-Dienstleistungen im Laufe der Zeit verändert hat.
Cadman sagt, dass es schwieriger war, das zweite Modell zu gestalten: „Diese Arena ist viel komplexer.“ So galt es etwa, öffentliche Interessengruppen von privaten zu unterscheiden. Darüber hinaus ist das Spektrum der verschiedenen Ökosystem-Dienstleistungen sehr breit gefächert, wobei Definitionen tendenziell auf empirischer Forschung und nicht auf politisch gewünschten Zielen beruhen. Einige Ansätze gehen nicht über die finanzielle Bewertung von Ökosystem-Dienstleistungen hinaus. Andere hingegen beinhalten Konzepte zum Ausgleich von Kosten oder der Bezahlung tatsächlicher Preise. Wieder andere beinhalten allgemeine Politikkonzepte. Typischerweise entwickelt sich die zugrundeliegende Wissenschaft noch weiter.
Sowohl die Climate Regime Map als auch die EcoRegime Map dienen in erster Linie als Bestandsaufnahme. Bei genauerer Betrachtung zeigen sie, welche Themen politische Aufmerksamkeit bekommen. Sie liefern auch Informationen über die Entwicklung der Politik und ihre Implementierung. Die Climate Regime Map zeigt zum Beispiel, dass die UNFCCC diverse Klimaschutzmechanismen entwickelt hat, es aber noch an Anpassungskonzepten mangelt. Zudem bleibt das Capacity Development unterfinanziert. Die EcoRegime Map wiederum offenbart, dass Ökosystem-Dienstleistungen besser erforscht werden müssen und dass vorhandenes Wissen nicht oft genug zu sinnvollen Initiativen führt.
Die Tools sind sicherlich nützlich, können aber auch recht chaotisch erscheinen, wie Cadman selbst einräumt. Um von ihnen zu profitieren, müssen Nutzer Zeit investieren und sich mit den Modellen vertraut zu machen. Der Aufwand lohnt sich, verspricht Cadman: „Die Tools könnten Geschichten erzählen, die erst durch die Visualisierung der Daten offensichtlich werden.“
Links
Climate Regime Map:
https://climateregimemap.net/
EcoRegime Map:
https://ecoregimemap.net/