Klimawandel
Umweltzerstörung heizt Darfur-Krieg an
Die Studie, die UNEP im Auftrag der Regierung in Khartum und der Regierung des Südsudan durchgeführt hat, fragt nach den ökologischen Folgen der Kriege im Süd- und im Nordsudan und untersucht, inwieweit sie durch Umweltprobleme verursacht wurden. Im Südsudan hat Streit um das Nilwasser den Krieg 1983 mit ausgelöst, Öl- und Gasfunde haben ihn später angeheizt und Edelhölzer ihn mitfinanziert. Als besonders bedrohlich wertet die Untersuchung aber die Degradation von Acker- und Weideland. Die Konkurrenz um Land wird im Sudan lokal ausgetragen, nicht auf der nationalen politischen Bühne wie im Fall der anderen Ressourcen. Sie hat in den Trockengebieten des Nordsudan, vor allem in Darfur und Kordofan, seit langem zu sporadischer Gewalt zwischen Ackerbauern und nomadischen Hirten geführt. Die konnte in der Regel aber schnell mit traditionellen Verfahren beigelegt werden.
Dass dies nun nicht mehr gelingt, erklärt das UNEP zum einen damit, dass immer weniger Nutzland zur Verfügung steht. Ein Grund dafür ist der Klimawandel: Seit 1930 ist die Regenmenge in Darfur um ein Drittel gesunken, die Grenze der Wüste ist 50 bis 200 Kilometer südwärts vorgedrungen. Zudem haben Abholzung und Bodenerosion infolge falscher Nutzung zum Verlust von Weide- und Ackerland beigetragen. In einigen Gebieten wie den Nuba-Bergen okkupierten außerdem bewässerte Großfarmen gutes Land.
Zum anderen ist der Bedarf an Nutzland stark gestiegen. Das liegt erstens am Bevölkerungswachstum, verbunden mit dem Fehlen von Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft. Zweitens wuchs der Viehbestand im Norden des Sudan seit 1960 um das Mehrfache; mehr Tiere auf weniger Land verursachten Überweidung. Im Norden Darfurs führten diese Prozesse zum „ökologischen Kollaps“, so der UNEP-Bericht. Unter wachsendem Existenzdruck trieben Hirtenvölker ihre Herden weiter nach Süden. Zugleich drangen Ackerbauern nordwärts vor, nahmen Weideflächen einschließlich Wasserstellen zum Tränken der Tiere in Besitz und behinderten die Viehwege. Schärfere lokale Konflikte waren die Folge.
Das trug zum Ausbruch des Krieges 2003 bei, war aber laut UNEP nicht sein entscheidender Grund. Den sieht es in der Politik im Sudan – auch wenn das, vielleicht mit Rücksicht auf die Auftraggeber, nicht genau ausgeführt wird. Der Bericht erwähnt, dass seit 1970 Rechts- und Verwaltungsreformen lokale Schlichtungsinstitutionen untergraben haben. Erst die Einbeziehung der lokalen Streitigkeiten in nationale Konflikte sowie das brutale Vorgehen der Regierung gegen Dissidenten und gegen die Rebellen in Darfur haben aber laut Sudan-Experten zu dem Krieg dort geführt. Auch Folgen des Krieges im Südsudan, etwa die Verbreitung von Feuerwaffen, haben eine Rolle gespielt.
Die Wechselwirkungen von Umweltkrisen und Gewalt müssen bei der Suche nach Frieden berücksichtigt werden, betont das UNEP. Für Darfur werde keine politische Lösung funktionieren, ohne dass die ländliche Wirtschaft stabilisiert, angepasste Landnutzung gefördert und in nachhaltige Entwicklung investiert wird. Zudem solle man umweltbedingten Konflikten entgegenwirken, die sich anderswo abzeichnen – etwa infolge der erneuten Zuwanderung von Hirten in die Nuba-Berge und der ökologischen Schäden der Ölförderung. Die Brisanz von Umweltkonflikten – besonders der Landkonkurrenz in Trockengebieten – wachse.
Das gilt nicht nur für den Sudan. Das jüngste Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung warnt, dass der Klimawandel die Wasserknappheit in trockenen Regionen verschärfen, die Nahrungsproduktion in den Tropen erschweren und die umweltbedingte Migration im Süden verstärken wird. Das könne Gewaltkonflikte anheizen oder neu auslösen – in erster Linie, wenn ohnehin schwache Staaten weiter destabilisiert werden. Internationale Kriege um Öl oder Wasser seien dagegen wenig wahrscheinlich. Zu den Brennpunkten gehört laut WBGU der Sahel-Gürtel Afrikas, in dem der Nordsudan liegt. (bl)