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„Es geht nicht nur um Geld“

Die Regierungen großer Schwellenländer wie Brasilien, China und Indien interessieren sich aus verschiedenen Gründen für moderne, saubere und effiziente Energietechnik. Deutschland gilt dabei als Vorbild, wie KfW-Direktor Stephan Opitz im Interview erläutert.Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der KfW Bankengruppe.
Die Fußball-WM kann kommen: Die Stadiondächer des brasilianischen Austragungsorts Belo Horizonte werden mit von der KfW finanzierten Solargroßanlagen ausgestattet. KfW Photo archive/ Photographer: Florian Kopp Die Fußball-WM kann kommen: Die Stadiondächer des brasilianischen Austragungsorts Belo Horizonte werden mit von der KfW finanzierten Solargroßanlagen ausgestattet.

Warum sind die Schwellenländer klimapolitisch wichtig?
Laut den jüngsten Berechnungen des Weltklimarats haben die weltweiten Treibhausgasemissionen seit dem Erdgipfel von Rio de Janeiro 1992, bei dem die UN-Klimarahmenkonvention entstanden ist, um rund ein Drittel zugenommen. Der größte Teil dieses Zuwachses kommt aus den Schwellenländern – wobei China der Spitzenreiter ist. Das ist eine Folge des schnellen Wachstums dort, was zunächst eine große Erfolgsgeschichte ist. Die wirtschaftliche Entwicklung hat viele Menschen aus der Armut gehoben. Die Mittelschichten sind gewachsen. Konsumgewohnheiten haben sich verändert. Das hat leider Folgen für das Klima.


Interessieren sich die Regierungen solcher Länder denn für klima­freundliche Energietechnik?
Ja, das tun sie, und zwar aus mehreren Gründen, und viele ihrer Pläne sind sehr ambitioniert. Klimaschutz ist dabei vermutlich nicht das vorrangige Ziel. Es geht den Schwellenländern mindestens ebenso darum, weniger abhängig von der Einfuhr fossiler Brennstoffe zu werden. Außerdem wollen sie ihre Wettbewerbs­fähigkeit steigern. Sie wissen, dass der Markt für moderne Technologien im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz schnell wächst, und wollen den Anschluss nicht verlieren. Obendrein machen ihnen Umweltprobleme zu schaffen. Luftverschmutzung ist in chinesischen und indischen Städten ein riesiges Problem, das die Menschen bewegt. Andererseits werben wir natürlich auch für die von uns finanzierten Klimaschutzprojekte. Wenn, wie jetzt vor der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien, ein Stadion mit einem Solardach ausgerüstet wird, erregt das Aufsehen und weckt Bewusstsein für das Potenzial in dem Land. Das ist wichtiger als die neugeschaffene Stromerzeugungskapazität von rund 1,5 Megawatt.  

Geht Klimaschutz zu Lasten der Armen?
Nein, das ist nicht der Fall. Eine moderne, saubere und effiziente Energieversorgung ist eine wichtige Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und damit für Armuts­bekämpfung. Die Nutzung heimischer, erneuerbarer Energiequellen und die Erhöhung der Energieeffizienz sind für jede Volkswirtschaft gut. Umgekehrt kann Armutsbekämpfung zu Lasten des Klimaschutzes gehen, wenn Länder intensiv auf Kohle setzen, weil sie eine wirtschaftliche und zuverlässige Strom- und Wärmeversorgung verspricht. Am Ende würde ich aber den Zielkonflikt nicht dramatisieren: Viele Schwellen­länder wollen ihre Energieversorgung diversifizieren und versuchen, das Wachstum der Nachfrage zu deckeln. Hier gehen Klimaschutz und Entwicklung dann Hand in Hand.

Findet die deutsche Politik der Energiewende international Anklang? Sind unsere Erfahrungen übertragbar?
Ja, die deutschen Erfahrungen sind wertvoll. Wir spüren ein großes Interesse daran. So setzt sich der deutsche Begriff „Energiewende“ zunehmend auch als englisches Wort durch. Unseren Partnern ist bewusst, dass die KfW sich auch im Inland mit diesen Themen beschäftigt und auskennt. Das schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Die meisten entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen haben nur Auslandserfahrungen. Wir sind die einzige Förderbank, die die Energiewende zu Hause und weltweit finanziert. Folglich trauen uns unsere Partner zu, sie kompetent zu unterstützten – etwa beim Aufbau eines soliden Fördersystems, eines komplexen Stromversorgungsnetzes, wie auch bei der Finanzierung neuer Anlagentechnik.

Auf welche Weise unterstützen Sie Schwellenländer bei der Energiewende?
Wir arbeiten eng mit staatlichen Entwicklungsbanken zusammen. Wir beraten sie, teilen mit ihnen unsere Erfahrungen, refinanzieren sie über unsere Kreditlinien und übernehmen zum Teil auch spezifische Risiken zum Beispiel mit Garantiefonds. Dieses Paket ist sehr wirkungsvoll. Auch das Engagement des Privatsektors ist wichtig. Deshalb finanziert auch die KfW-Tochter DEG Investitionen von Unternehmen, die dem Klimaschutz dienen. Zum Beispiel in Chile – einem Land, in dem der Anteil erneuerbarer Energien deutlich zulegen soll. So finanziert die DEG den Aufbau eines Solarparks in der Atacama-Wüste. Dort ist auch ein deutsches Unternehmen beteiligt, das seine Expertise einbringt.

Ist es sinnvoll, mit Haushalts­mitteln der deutschen Entwicklungspolitik große Schwellenländer, die selbst in der Weltwirtschaft eine gewaltige Rolle spielen, zu fördern?  
An Schwellenländer vergeben wir im Auftrag der Bundesregierung in erster Linie Darlehen. Wir nehmen hierfür Gelder am Kapitalmarkt zu besonders günstigen Bedingungen auf, die wir als öffentlich-rechtliche Bank Deutschlands bekommen. Aus dem Bundeshaushalt erhalten wir in einigen Fällen Mittel zur Subventionierung des Zinssatzes. In anderen Fällen geben wir lediglich unseren Zinsvorteil weiter. So spielen Steuergelder nur noch eine untergeordnete Rolle in der Zusammenarbeit mit Schwellenländern. Unsere Partner schätzen an der Kooperation mit uns neben der Finanzierung auch die professionelle Projektvorbereitung und -umsetzung. Es geht ihnen nicht nur um das Geld, sondern auch um unsere Kompetenz bei der Umsetzung von Lösungen.


Woran besteht denn größeres Interesse, an erneuerbarer Strom­erzeugung oder an der Steigerung der Energieeffizienz?
Energieeffizienz ist sehr wichtig. Oft sind Energieeffizienzvorhaben aber kleinteilig und kompliziert in der Umsetzung. Viele Faktoren müssen gleichzeitig stimmen. Das macht es schwerer, Energieeffizienz vor allem auf der Seite der Nachfrage, also bei Haushalten und Unternehmen, attraktiv zu machen. Hinzu kommt, dass es in vielen Partnerländern noch Subventionen im fossilen Bereich gibt – dann fehlt ­natürlich Verbrauchern wie Firmen der ökonomische Anreiz, den Energieverbrauch zu senken. Auf diesem Feld gibt es noch sehr viel zu tun. Aber ich bin sicher, dass die Förderung von Energieeffizienz in Zukunft ähnlich viel politische Aufmerksamkeit bekommen wird wie die Förderung erneuer­barer Energien. Denn das günstigste Kraftwerk ist das, das gar nicht gebaut werden muss. Die Fragen stellte Hans Dembowski

 

Stephan Opitz ist KfW-Direktor und Mitglied der Geschäfts­bereichsleitung der KfW Entwicklungsbank.