Städtepartnerschaften
Partnerschaften für Klimaschutz
Wie kam es zu dem Projekt?
Wir haben im Jahr 2008 festgestellt, dass es bei den Städtepartnerschaften kein systematisches Vorgehen beim Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel gab. Viele Kommunen führten zwar immer wieder Einzelprojekte durch, wie einen Solarkocher zu spenden oder eine Photovoltaikanlage zu organisieren. Aber es gab keinen strategischen Plan, der über einzelne Vorhaben hinausging. Genau das wollten wir ändern. Mitte 2009 wurde auf der von der SKEW organisierten „Bundeskonferenz der Kommunen und Initiativen" in München das Ziel formuliert: „50 kommunale Klimapartnerschaften bis 2015". Wir haben dann zunächst deutsche Städte mit bestehenden Kooperationen im Globalen Süden angesprochen, ob sie Interesse an einer Klimapartnerschaft hätten. Das hat gut funktioniert. Wir haben aber auch erfreut festgestellt, dass das Thema Klima für viele Kommunen einen interessanten Einstieg in neue kommunale Partnerschaften darstellt. Ein Beispiel ist Horb am Neckar, das erstmals mit einer Klimapartnerschaft mit Belo in Kamerun kooperiert.
Das Thema Klimaschutz ist also für die meisten Kommunen nicht ganz neu?
Nein, wir fangen nie bei null an. Die deutschen Kommunen haben teils sehr gute und umfassende Klimaschutzkonzepte, aber auch in vielen Süd-Partnerländern gibt es bereits ausgearbeitete Programme für Klimaschutz und Klimaanpassung. Wir schauen, was es an vorhandenen Arbeitsstrukturen gibt und wie die Datenlage aussieht, um eine Basis für weitere Entscheidungen innerhalb der Klimapartnerschaften zu haben. Wir wollen nichts duplizieren, sondern vorhandene Ressourcen und Strukturen nutzen.
Können die Kommunen aus dem Süden überhaupt auf verlässliche Daten zurückgreifen?
Ja, unsere Erfahrung ist, dass die Südpartner zumindest teilweise deutlich besser aufgestellt sind als die Nordpartner erwarten. Zum Teil liegen den Kommunalverwaltungen Daten aus eigenen Erhebungen vor; zum Teil gibt es Daten, die auf nationaler Ebene erhoben und runtergebrochen wurden. Es sind auch internationale Erhebungen vorhanden, vor allem wenn es darum geht, die Folgen des Klimawandels für eine Region und eine Kommune abzuschätzen.
Wie läuft die Projektumsetzung konkret?
Wenn sich Partnerstädte zu einer Klimapartnerschaft verpflichtet haben, beginnt für die beteiligten Kommunen aus Nord und Süd eine intensive Arbeitsphase von etwa eineinhalb Jahren. In dieser Zeit müssen sie bilaterale Handlungsprogramme erarbeiten. Dabei begleiten wir sie fachlich, organisieren und finanzieren wechselseitige Entsendungen von kommunalen Fachexperten und führen internationale Workshops zur Vernetzung der einzelnen Klimapartnerschaften durch. Uns ist es dabei sehr wichtig, dass beide Partner gleichermaßen daran arbeiten. Wir liefern eine klare Orientierung, wie ein Handlungsprogramm gestaltet werden soll und welche Gremien eingerichtet werden müssen.
Was sind die Themen der Handlungsprogramme?
Es geht um Energieversorgung, um erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die Themen Abfall- und Wassermanagement sind immer wiederkehrend und zum Beispiel in Tansania von besonderer Bedeutung. Dort sind Kommunen in der Nähe des Kilimandscharo bereits jetzt sehr stark vom Abschmelzen der Gletscher durch die Erderwärmung betroffen und sie spüren, dass sich der Klimawandel massiv auf die Landwirtschaft auswirkt. Ein weiteres Thema ist der Katastrophenschutz: Wie reagiert man auf zunehmende Intensität von Unwettern, Stürmen und Anpassung der Küstenregionen an steigende Meeresspiegel? Ökosystembasierte Anpassung, z. B. über Renaturierung von Feuchtgebieten, ist dazu ein wichtiges Stichwort. Auch Aufforstung spielt eine wichtige Rolle. Und dann geht es auch immer darum, wie man die Bevölkerung – bei den Partnern, aber auch bei uns – durch Bildungsmaßnahmen für die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung sensibilisieren kann.
Wie geht es weiter, wenn die Handlungsprogramme stehen?
Dann kommt die konkrete Umsetzung. Die ersten Handlungsprogramme, mit denen 2011 begonnen wurde, sind jetzt fertiggestellt. Darin gibt es Projektlisten mit Prioritäten, die die Partner nun umsetzen müssen. Das ist ihre Aufgabe. Wir begleiten diesen Prozess natürlich noch, aber nicht mehr so intensiv wie zuvor. Es geht dann meist erst einmal ganz elementar darum, Fördergelder zu beantragen. Dabei helfen wir auch. Ein Beispiel ist die Renaturierung einer Lagune in Cape Coast in Ghana, an der seit 2012 gearbeitet wird und die wir aus Mitteln vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziell unterstützen.
Ist es schwer für die Städte an Fördermittel heranzukommen?
Für die deutschen Kommunen ist es ein ganz neues Feld, da es bis vor wenigen Jahren gar nicht vorgesehen war, dass sie auch nationale Fördergelder beziehen können. Erst durch die Klimapartnerschaften wurde es möglich, dass deutsche Kommunen Anträge etwa im Rahmen der Klimafazilität stellen können. Bonn war mit seiner Partnerstadt Cape Coast die erste Kommune, die dort ein Projekt beantragt und bewilligt bekommen hat. Mittlerweile gibt es weitere Möglichkeiten, dass Kommunen über uns Mittel des BMZ für ihre Partnerschaften bekommen, die sie im Ausland bei den Partnern umsetzen können. Bisher konnten dies nur Vereine tun, weshalb Klimaprojekte über sie liefen. Für Kommunen eröffnen sich jetzt neue Chancen, sich stärker einzubringen.
Wo liegen die Grenzen der Zusammenarbeit mit Kommunen in Entwicklungsländern?
Die Frage, was darf die Kommune und welche Kompetenzen hat sie, ist entscheidend. Das bestimmt wesentlich, was eine kommunale Partnerschaft leisten kann. Ein Beispiel: Wenn es eine zentrale, nationale Energieversorgung gibt, die die alleinige Kompetenz hat, ist es natürlich schwierig, sich Gedanken über dezentrale Energieversorgungssysteme zu machen. Wir in Deutschland haben natürlich ein anderes Staatsverständnis als die Menschen in vielen Partnerländern. Bei uns ist die kommunale Selbstverwaltung eine ureigene Kompetenz. In den Entwicklungsländern geht es hingegen oft um Dezentralisierung, das heißt, da müssen Aufgaben, die ursprünglich zentral geregelt sind, erst nach unten übertragen werden. Die Kernfrage hierbei ist, in wieweit Kommunen Mittel von der Regierung bekommen und eigene Einnahmen generieren können. Sie sind handlungsfähiger, wenn sie selbst Steuern erheben und entscheiden können, was sie damit machen.
Stefan Wilhelmy ist Abteilungsleiter der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt bei ENGAGEMENT GLOBAL.
stefan.wilhelmy@engagement-global.de
http://www.service-eine-welt.de
Link:
Übersicht der Klimapartnerschaften:
http://www.service-eine-welt.de/klimapartnerschaften/klimapartnerschaften-landkarte_klima.html