Deutsch-französische Entwicklungshilfe
Premiere im Südsudan
Seit der Südsudan als jüngster Staat Afrikas am 9. Juli seine Unabhängigkeit erklärte, versucht dessen autonome Regierung einen eigenen Weg zu finden – ohne Unterdrückung. Zuvor hatte der muslimisch geprägte Norden den Süden dominiert. Jetzt rücken keine religiösen Konflikte mehr in den Vordergrund, sondern Probleme durch Wassernot: Nur 29 Prozent der Bürger im Südsudan haben Zugang zu Trinkwasser, und nur fünf Prozent können sanitäre Einrichtungen nutzen. In Städten ist die Misere am tiefsten: Nur jeder siebte Bürger hat, wo er wohnt, überhaupt einen Wasserhahn.
Erstmals bündeln Frankreich und Deutschland in dem Entwicklungsland ihre Mittel und Maßnahmen, um den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern. Die Vereinbarung hierzu unterzeichneten Diplomaten aus Paris und Berlin am Vorabend der Unabhängigkeitserklärung in der neuen Hauptstadt des Südsudan, Juba. Deutsche Entwicklungshelfer kümmern sich neben sauberem Trinkwasser auch um die Abwasserentsorgung. „Gleichzeitig ist uns wichtig, dass die internationale Gemeinschaft sich im Südsudan arbeitsteilig engagiert“, so Dirk Niebel. Der Entwicklungsminister warnte im Juli davor, dass der junge Staat von einer Geberwelle überrollt werde. Die EU soll deshalb Maßnahmen koordinieren.
Den Südsudanesen sitzen mehr als zwanzig Jahre Bürgerkrieg im Nacken; ihr Land muss grundlegend erneuert werden – auch in den Köpfen. Dabei hilft die gesamte Weltgemeinschaft: 2011 sollen mit Unterstützung von UNICEF mehr als 300 000 Menschen erstmals Zugang zu sauberem Trinkwasser erhalten und über Hygiene aufgeklärt werden. Um dauerhaften Frieden zu sichern, investiert UNICEF im Südsudan außerdem verstärkt in Bildung. So werden Schulen gebaut oder repariert, Kinder erhalten Hefte und Schultaschen, und Lehrer werden neu ausgebildet.
Zwischen beiden Teilen des Sudan schwelen viele ungelöste Fragen. Am meisten umstritten ist die Aufteilung der Gewinne aus Ölexporten. Öl ist hauptsächlich im Süden zu finden, der Export läuft aber über den Norden. Wer das Nilwasser nutzen darf, und welche Grenzen wo verlaufen, ist ebenfalls ungeklärt.
Die Lage der 300 000 Rückkehrer, die seit Oktober 2010 aus dem Nordsudan kamen, ist laut Welthungerhilfe dramatisch. Viele Flüchtlinge sitzen völlig mittellos am Rande der Dörfer. Sie haben keine Unterkünfte, kein Land mehr und keine Erwerbschancen. Auch der Status der südsudanesischen Flüchtlinge im Norden, die dort zum Teil seit Jahrzehnten leben und nicht zurückkehren möchten, muss geklärt werden. (ph)