Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Bundeswehr

Hand in Hand zum Erfolg

Sicherheit und Entwicklung bilden die Grundlagen für dauerhaften Frieden. Sicherheit gibt es nur, wenn Entwicklung greift, und für Entwicklung ist Sicherheit unerlässlich. Dieser Zusammenhang sollte sich in einem koordinierten Einsatz ziviler und militärischer Mittel bei der Bewältigung internationaler Krisen widerspiegeln.
Soldaten aus Niger  in einem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung in Niamey. Weibezahl Soldaten aus Niger in einem Seminar der Konrad-Adenauer-Stiftung in Niamey.

In Deutschland herrscht Misstrauen zwischen der Bundeswehr und zivilen entwicklungspolitischen Akteuren. Das ist zum einen historisch begründet: Nach dem Ende des Nationalsozialismus, der Überhöhung alles Militärischen und den schrecklichen im deutschen Namen verübten Verbrechen war eine positive Wahrnehmung deutscher militärischer Auslandseinsätze lange unmöglich. Zudem wies der Kalte Krieg der Bundeswehr die ausschließliche Rolle der Landesverteidigung zu.

Andererseits war Sicherheitspolitik in der Entwicklungshilfe über viele Jahrzehnte kaum ein Thema. Es gab wenig Berührungspunkte zwischen militärischen Einsätzen und humanitärer oder technischer Hilfe. Dieses „nebeneinander statt miteinander“ hat sich zum Teil bis heute bewahrt. Es wird verstärkt durch Ressentiments auf beiden Seiten, die nicht erst im Einsatzland beginnen, sondern sich schon in den zuständigen Bundesministerien für Verteidigung und für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abbilden. Man spricht sich nicht nur gegenseitig Kompetenzen ab, sondern die Ressorts konkurrieren auch um Bundesmittel. Aktuell zeigt das die politische Diskussion um das NATO-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben, gegenüber der UN-Verpflichtung, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungshilfe zu investieren.

Die Bundeswehr unterliegt einer vorbildlichen demokratischen Kontrolle. Befehls- und Kommandogewalt liegen bei der Politik. Die Regierung macht keine Politik für die Bundeswehr, sondern diese steht der Politik als Mittel zur Verfügung. Deutschland gestaltet seine Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik auch mit Hilfe der Bundeswehr. Somit ist ein militärischer Einsatz nicht nur an die Zustimmung des Parlamentes gebunden, sondern muss auch in der Öffentlichkeit immer wieder neu begründet werden.


Internationale Verantwortung

Seit Ende des Kalten Krieges ist die Verantwortung Deutschlands im internationalen sicherheitspolitischen Geschäft gestiegen. Die wachsende Zahl von Flüchtlingen, insbesondere aus Afrika, der partielle Rückzug Amerikas als globale Interventionsmacht und das Gefühl einer gestiegenen Anzahl bewaffneter Konflikte bestimmen den öffentlichen Diskurs. Aber auch rund zwei Jahrzehnte nach dem ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr scheint die Notwendigkeit einer neuen Rolle Deutschlands in der Weltpolitik noch nicht in der Gesellschaft angekommen zu sein.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte sich schon kurz nach ihrem Amtsantritt im Dezember 2013 für eine stärkere militärische Präsenz Deutschlands in Afrika ausgesprochen und diese vor allem mit altruistischen Motiven begründet: „Wir können nicht zur Seite schauen, wenn Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind, schon allein aus humanitären Gründen. In Zentralafrika entfaltet sich ein blutiger Krieg zwischen Christen und Muslimen. Wir können nicht zulassen, dass der Konflikt die ganze Region in Flammen setzt“, sagte sie in einem Interview. Fast zeitgleich sprachen sich auch der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier während der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 energisch für die Übernahme von mehr militärischer Verantwortung in Krisengebieten aus.

Solche neuen Töne ernteten zwar das Lob der internationalen Partner, lösten aber im Inland gemischte Reaktionen aus. Aus Politik und Wissenschaft kamen positive Kommentare, doch die Mehrheit der Bevölkerung lehnte weitere Bundeswehr-Einsätze ab. In einer Umfrage im Januar 2014 sagten 45 Prozent der Befragten, Deutschland tue militärisch bereits zu viel, 30 Prozent hielten das Engagement für „genau richtig“. Zum Zeitpunkt der Befragung waren rund 5 000 deutsche Soldaten im Auslandseinsatz, die überwiegende Mehrheit in Afghanistan. Derzeit sind es etwas mehr als 3 500. Militärische Einsätze mit eigenen sicherheitspolitischen oder gar wirtschaftlichen Interessen zu begründen, kommt in Deutschland nicht gut an. Der frühere Bundespräsident Horst Köhler musste zurücktreten, nachdem er auf dem Rückflug von einem Besuch in Afghanistan gesagt hatte, im Notfall sei auch „militärischer Einsatz notwendig, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“. Diese Aussage hatte bei seinen Kritikern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.


Krisen bedrohen Europa

Bürgerkriege und andere Krisen, etwa auf dem afrikanischen Kontinent, bedrohen indirekt in zunehmendem Maße die Sicherheit Europas: Flüchtlingsbewegungen führen zu illegaler Migration, staatsfreie Räume bieten Rückzugsgebiete für Terrorismus und organisierte Kriminalität. Der Schutz der natürlichen Ressourcen Afrikas und der Lebensgrundlagen der Menschen liegt ebenfalls im Eigeninteresse Europas. Lösungen für derartige mehrdimensionale Herausforderungen können sich nicht auf einzelne Maßnahmen beschränken und nicht in erster Linie militärischer Natur sein. Vielmehr müssen entwicklungspolitische, diplomatische und militärische Maßnahmen eng abgestimmt gebündelt zum Einsatz kommen.

Diese Erkenntnis hat sich in den vergangenen zehn Jahren durchgesetzt und spiegelt sich zum Teil im Umgang mit internationalen Krisen wider. In Mali beispielsweise ergänzen entwicklungspolitische Maßnahmen die Ausbildungsmission der EU (EUTM Mali), an der deutsche Soldaten maßgeblich beteiligt sind (siehe hierzu auch den Beitrag von Julia Egleder). Die UN-Unterstützungsmission MINUSMA umfasst den gemeinsamen Einsatz von Soldaten, Polizisten und Zivilisten. Während die Bundeswehr einen Beitrag zur Stabilisierung des Landes und zum Kapazitätsaufbau der Streitkräfte leistet, fördern entwicklungspolitische Maßnahmen die staatlichen Strukturen bis hinunter auf die Gemeindeebene und tragen dazu bei, die Lebensperspektiven für die Bevölkerung zu verbessern. Und in Berlin stimmen sich die zuständigen Ministerien kontinuierlich ab.

Die Rolle des Militärs im Rahmen einer modernen Sicherheitspolitik sollte nicht ausschließlich auf die Entsendung von Soldaten in Stabilisierungs- oder Interventionseinsätzen, also auf die militärischen Fähigkeiten, beschränkt sein. Vielmehr sollten Expertise und Kontakte, die die Bundeswehr durch eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften in Entwicklungsländern gesammelt hat, außen-, sicherheits- und entwicklungspolitisch nutzbar gemacht werden. Dazu braucht es einen ressortübergreifenden Ansatz, in dem staatliche Handlungs- und Steuerungsinstrumente der Sicherheitspolitik verzahnt werden. Bestehende Trennlinien zwischen Bundeswehr und staatlichen sowie nichtstaatlichen Institutionen der Entwicklungshilfe müssen aufgebrochen und durch langfristige Zusammenarbeit ersetzt werden.


Destabilisierende Sicherheitskräfte

In vielen Staaten Subsahara-Afrikas kommt der Sicherheitssektor seinen eigentlichen Aufgaben nicht nach. Das staatliche Gewaltmonopol kann nicht aufrechterhalten und Sicherheit nicht gewährleistet werden; dabei macht sich das Fehlen eines funktionierenden demokratisch kontrollierten Gewaltmonopols schmerzlich bemerkbar. Die Bevölkerung nimmt Sicherheitskräfte oftmals nicht als stabilisierenden Faktor, sondern als Bedrohung wahr. Die Vergehen der bewaffneten Macht reichen – je nach Staat beziehungsweise Region – von Korruption über Plünderung, Einschränkung der Freiheit und Menschenrechte bis hin zum offenen Terror gegenüber den eigenen Landsleuten. Oftmals nutzen politische Eliten die Sicherheitskräfte, um eigene persönliche oder politische Ziele zu erreichen. Das lähmt jede positive wirtschaftliche Entwicklung.

Entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit solchen Sicherheitskräften kam über viele Jahre für deutsche Organisationen kaum infrage. Allerdings kann Kooperation auf institutioneller Ebene durchaus geeignet sein, sowohl die Situation innerhalb der Sicherheitskräfte als auch das Verhältnis zur Bevölkerung deutlich zu verbessern – und zwar besonders, wenn die Zusammenarbeit nicht auf eine militärische Komponente beschränkt ist. Deshalb werden seit Jahren sowohl von der Bundeswehr als auch von zivilen Organisationen Maßnahmen durchgeführt, die Reformen des Sicherheitssektors im jeweiligen Einsatzland aktiv unterstützen.

Die Instrumente reichen von juristischer Beratung bei der Formulierung von Gesetzestexten zur Streitkräftereform über Trainings für Soldaten, Polizisten und Offiziere zur Rolle der Sicherheitskräfte in einer Demokratie, zum Bild des Staatsbürgers in Uniform oder der Rolle von Frauen in Armee und Polizei bis hin zu Unterstützung bei Ausrüstung und Ausbildung. Hierbei arbeiten Bundeswehr, staatliche Entwicklungsorganisationen, politische Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen erfolgreich Hand in Hand – zum Vorteil aller Beteiligten.


Tinko Weibezahl leitet das Regionalprogramm Sicherheitspolitischer Dialog Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er ist Reserveoffizier der Bundeswehr im Rang eines Majors.
tinko.weibezahl@kas.de

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.