Kommentar

Unmöglicher Auftrag

Robert Mugabe, Simbabwes Präsident seit der Unabhängigkeit, macht Premierminister Tsvangirai das Leben schwer. Mugabe hält sich nicht an das Abkommen, das er und sein Kontrahent vor einem Jahr unterzeichneten.


[ Von Jennifer Dube ]

Anlässlich des ersten Jahrestags des „Global Political Agreement“ (GPA) am 15. September gab es im Gegensatz zu anderen erinnerungswürdigen Daten in der Geschichte der Nation keine offizielle Feier. Das GPA hatte Morgan Tsvangirai von der MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) den Weg ins Amt des Premierministers von Simbabwe gebahnt. Die Macht teilte er mit Mugabe und dessen Partei ZANU PF.

In der Tat gibt es viel Ärger, aber wenig zu feiern. Anders als im GPA vorgesehen, hat Mugabe zum Beispiel Tsvangirais Kandidaten für das Amt des Staatssekretärs im Landwirtschaftsministerium, Roy Bennet, nicht berufen. Er ließ den Mann vielmehr im Februar wegen Terrorismusvorwürfen verhaften.

Konfliktstoff boten auch andere Personalentscheidungen. So erneuerte Mugabe im Alleingang die Verträge von Zentralbankchef Gideon Gono und Justizminister Johannes Tomana, obwohl Tsvangirai laut GPA ein Mitspracherecht gehabt hätte. Beide Amtsträger haben eine Vorgeschichte. Unter Gono raste die Inflationsrate Simbabwes auf über 200 Millionen Prozent hoch, und Tomana ist verantwortlich für die Inhaftierung vieler MDC-Anhänger.

Zur Erinnerung: Tsvangirais MDC schlug im vergangenen Jahr Mugabes
ZANU PF in den Parlamentswahlen. Auch in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen erhielt Tsvangirai mehr Stimmen. Darauf folgte eine Orgie der Gewalt, als Schläger der ZANU PF Anhänger der Gegenpartei angriffen. Um die Brutalität zu stoppen, zog Tsvangirai seine Präsidentschaftskandidatur zurück. Die Wahlkrawalle wurden international verurteilt, und unter multilateralem Druck handelten Mugabe und Tsvangirai das GPA aus.

Der Premierminister ist indessen immer noch ein bedrängter Mann. Mitglieder seiner eigenen Partei meinen, er solle aus dem missglückten Abkommen mit dem Präsidenten aussteigen. Tatsächlich schwindet die Parlamentsmehrheit des MDC allmählich, weil bereits ein gutes Dutzend Abgeordneter dieser Partei inhaftiert wurden.

Trotz solcher politischen Manöver ist das Leben für Simbabwes Bevölkerung leichter geworden. Nachdem Tsvangirai den simbabwischen Dollar ausgesetzt hat, konnte sich die Wirtschaft erholen. Derzeit dienen internationale Währungen wie der US-Dollar und der südafrikanische Rand als Zahlungsmittel. Die Preise haben sich stabilisiert und die Läden sind wieder voller Waren. Zwar liegen die meisten Löhne unter der Armutsgrenze und der Zugang zu sozialen Diensten wie medizinischer Versorgung und Transportmitteln bleibt schwierig, aber der Lebensstandard ist gestiegen.

Es gab indessen Hoffnung auf mehr. Das GPA sollte westliche Unterstützung für Simbabwe wieder ins Rollen bringen. Tsvangirai hat aber nur einen geringen Teil der Hilfe mobilisieren können, die er angestrebt hatte. Europa und Nordamerika wollen Simbabwes Regierung erst wieder unterstützen, wenn die ZANU PF sich an das GPA hält. Bis dahin wird sich die internationale Gemeinschaft auf humanitäre Hilfe über nichtstaatliche Organisationen beschränken.

Mehrere GPA-Vereinbarungen wurden nicht eingehalten. Zahlreiche Kommissionen, die laut Abkommen innerhalb eines Jahres Reformen einleiten sollten, wurden noch nicht einmal berufen. Simbabwe hat immer noch keine Medien-, Wahl- und Menschenrechtskommissionen.

Das GPA sollte die Medienlandschaft für neue Akteure öffnen. Pläne für neue Zeitungen wurden aber noch nicht verwirklicht, weil es ohne Medienkommission eben auch keine Zulassung für sie gibt. Die Regierung lässt CNN und BBC aus dem Land berichten, aber die journalistischen Arbeitsbedingungen sind schwierig. Für einheimische Berichterstatter hat sich eigentlich nichts geändert.

Im Lauf des Jahres sind mehrere Wahlkreise verwaist. Laut Verfassung sollen Nachwahlen innerhalb von drei Monaten stattfinden – aber ohne Wahlkommission ist das nicht möglich.

Tsvangirai steht unter Druck und hat angekündigt, er werde sich mit den Wählern über den Weg voran beraten. Simbabwes Bevölkerung wird ihren Premier­minister aber kaum zum Rücktritt drängen. So frustriert viele über Mugabes Mogeleien sind, haben die meisten eben doch Angst vor einer Rückkehr der Lebensmittelnot, der Finanzengpässe und der ausufernden Gewalt.