Klimaschutz
Junge Aktivisten weltweit
2015 zogen im US-Staat Oregon 21 Minderjährige und junge Erwachsene mit Hilfe zweier nichtstaatlicher Organisationen (Our Childrens Trust und Earth Guardians) gegen die US-Regierung vors Distriktgericht. Sie machten geltend, dass deren ungebremste Ausbeutung fossiler Brennstoffe die Klimakrise anheize und damit ihre Zukunft gefährde. Dabei beriefen sie sich auf einen, in vielen Staaten geltenden Rechtsgrundsatz, die „Public Trust Doctrine“. Sie besagt, dass die Entscheidungsträger alle natürlichen Ressourcen wie Wasser, Luft und Boden für künftige Generationen schützen müssen.
Mehrere Jahre lang plädierten Vertreter des US-Justizministeriums dafür, die Gerichte für nicht zuständig zu erklären sowie die unter „Juliana v United States“ berühmt gewordene Klage abzuweisen. Dagegen insistierte Julia Olson als Anwältin der Klägerin, es sei sehr wohl „Sache des Gerichts, von der Regierung zu fordern, dass sie Maßnahmen ergreift, um die Schadstoffe der globalen Erwärmung abzubauen“. „Diese Kinder werden viel länger leben als Sie“, appellierte sie vor Gericht – und zwar „bis zum Ende des Jahrhunderts, wenn die Meere um zehn Fuß höher gestiegen sind“. Schließlich lehnte die Vorsitzende Richterin die Eröffnung eines Verfahrens ab, wies aber beide Parteien an, sich auf einer „Settlement Conference“ so gut es geht zu einigen.
In Kolumbien wiederum reichten 25 Jugendliche vor drei Jahren eine aufsehenerregende Klage gegen ihre Regierung ein: Weil deren Entscheidungsträger bei weitem nicht genug gegen das Abholzen der Regenwälder am Amazonas unternähmen, sehen sie ihre in der Verfassung garantierten Rechte auf einen gesunden Lebensraum gefährdet. Darauf ordnete der Oberste Gerichtshof im April an, dass die Regierung binnen von vier Monaten einen Aktionsplan zur Reduzierung der Abholzungen vorlegen muss. Außerdem wurden die Präsidentschaft sowie die Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft auf einen „Inter-Generationen-Pakt für das Leben des kolumbianischen Amazonas“ unter Beteiligung der Kläger, betroffener Kommunen und Wissenschaftler verpflichtet.
„Es ist offensichtlich, dass der kolumbianische Staat das Problem der Abholzung am Amazonas ungeachtet zahlreicher internationaler Vereinbarungen, Abkommen und Rechtsprechung nicht effizient angegangen ist“, erläuterten die Richter ihre Entscheidung. Sie wurde von dem Anwalt der Kläger als „historisches Urteil“ gefeiert – weil sie kommenden Generationen unbestreitbare Rechte zuspreche und darüber hinaus die Regierung auf einen Aktionsplan festnagele.
2019 reichte die „Fridays for Future“-Gründerin Greta Thunberg mit 15 anderen Jugendlichen am UN-Gerichtshof eine Beschwerde gegen fünf Länder mit hohen Treibhausgasemissionen ein. Die Länder Argentinien, Brasilien, Frankreich, Deutschland und die Türkei würden ihre in der UN-Kinderrechtskonvention garantierten Menschenrechte verletzen. Die Staaten lehnen es ab, ihre Klage gesondert in den einzelnen Ländern zu verhandeln, weil dies „nicht die Art einer weitreichenden, internationalen Entlastung“ erbringe, die es zur Wende in der Klimakrise bräuchte.
Unabhängig von den Urteilen ist überall ein ähnliches Grundmuster zu erkennen. Die Heranwachsenden nehmen den schleppenden Gang der Maßnahmen gegen den Klimawandel auf politischer Ebene nicht einfach hin, sondern ergreifen mit Hilfe von Anwälten und Nichtregierungsorganisationen als „Children of the Prosecution“ die Initiative. Ganz so, wie es der damals 15-jährige Aktivist Xiuhtezcatl Martinez, Mitbegründer von Earth Guardians, 2015 bei seiner beeindruckenden Rede vor der UN-Vollversammlung angekündigt hat: „Wir breiten uns auf den Straßen aus, und wir breiten uns in den Gerichten aus… um der Welt zu zeigen, dass sich da eine Bewegung erhebt und dass unsere Generation an der Spitze dieser Bewegung steht.“ Die Gerichte wiederum nehmen immer mehr die Politik in die Verantwortung.
Martina Dase ist Klimasprecherin von Save the Children Deutschland.
presse@savethechildren.de