Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Wälder

Banane, Kaffee, Gummibaum

Nachhaltige Agroforstwirtschaft schafft Einkommen und schützt die Umwelt. Damit das auf den Philippinen gelingt, muss die ländliche Bevölkerung über ihre Optionen aufgeklärt und in der Umsetzung begleitet werden.

Von Jonas Erhardt und Nele Bünner

Hochlandregionen in Entwicklungsländern sind oft besonders stark von Armut betroffen. Die topographischen Bedingungen erschweren die Landwirtschaft. Oft ist die Infrastruktur schwach und die Anbindung an Handelszentren schlecht. Obendrein stehen natürliche Ressourcen und empfindliche Ökosysteme wegen Holzwirtschaft und Bevölkerungswachstum unter Druck.

Solche Probleme gibt es auch auf den Philippinen, wo ein Viertel der Bevölkerung im Hochland lebt. Die Armut liegt in den Bergen deutlich über dem Landesdurchschnitt. Für die meisten Menschen dort ist kleinbäuerliche Landwirtschaft die einzige Einkommensquelle. Die Böden im Küstentiefland gehören meist Großgrundbesitzern und die Bevölkerung wächst schnell. Die Folge ist Migration von Landlosen in die Gebirge. Eine vor über 20 Jahren begonnene Landreform verläuft leider aufgrund mangelnden politischen Willens im Sande. Entsprechend wächst der Druck zur wirtschaftlichen Verwertung entlegener Teile des Hochlandes.

Die Rodung der bewaldeten Hochlandgebiete ist seit den 1950er Jahren schnell vorangeschritten. Hierfür sind vor allem große Holzkonzerne verantwortlich. Aber auch Binnenmigranten, die Ackerflächen erschließen, spielen eine Rolle. Aktuell sind schätzungsweise nur noch etwa sieben Prozent des philippinischen Hochlands bewaldet. Diese rapide Abholzung hat gravierende Auswirkungen auf die Ökosysteme und gefährdet die wirtschaftliche Existenz der Hochlandbauern. Obendrein werden Umweltkatastrophen wahrscheinlicher. Regen löst in entwaldeten Regionen zunehmend schwere Überflutungen aus. Im Dezember kamen in Nord-Mindanao so fast 1500 Menschen ums Leben.

Die Lage ist in vielen tropischen Ländern ähnlich. Die ökologische Balance bewaldeter Bergregionen ist von zentraler Bedeutung, aber gefährdet. Flüsse dienen der Trinkwasserversorgung, und Wälder schützen den Boden und das Klima. Agroforstwirtschaft, die ökologischen und sozialen Anforderungen gerecht wird, gilt deshalb als vielversprechendes Konzept zur Entwicklung solcher Regionen (siehe Kasten).

Der Kampf gegen die Entwaldung ist seit etwa zwei Jahrzehnten zentrale Aufgabe des philippinischen Umweltministeriums. Große Teile der Hochlandgebiete sind offi­ziell als „Forest Land“ deklariert und somit Staatseigentum. Ihre Nutzung ist rechtlich stark eingeschränkt. Dies verhindert allerdings nicht die weitere Migration und wirtschaftliche Nutzung des Hochlands. Vielfach bewirtschaften Bauern Land daher illegal. Immer restriktivere Regeln haben zudem bewirkt, dass sie nachhaltiger Landnutzung (etwa dem Pflanzen von Bäumen) skeptisch gegenüberstehen, da sie oft nicht wissen, wie lange sie ihre Flächen noch bewirtschaften dürfen.

Im philippinischen Hochland tobt somit ein Interessenkonflikt zwischen Kleinbauern und Umweltministerium. Es scheint, als sei der Kampf gegen Armut und Hunger unvereinbar mit ökologischer Nachhaltigkeit. Beide sind aber international anerkannte Prinzipien und Bestandteile der Millen­niumsentwicklungsziele. Tatsächlich bietet Agroforstwirtschaft die Möglichkeit, diese beiden Ziele zu kombinieren. Welche Schwierigkeiten es dabei gibt und welche Agroforstsysteme vielversprechend sind, hat das Berliner Seminar für Ländliche Entwicklung (SLE) im Auftrag von GIZ und ICRAF im Süden der Insel Leyte und im Norden Mindanaos untersucht.

Agroforstsysteme sollen einen höheren ökonomischen Nutzen haben als konventionelle Landwirtschaft, damit sozio-ökonomische Ziele erreicht werden. Hierbei sind neben dem jährlichen Ertrag (von landwirtschaftlichen annuellen Kulturen oder Fruchtbäumen) auch langfristige Einkommen (durch Verkauf des Holzes) entscheidend. Das Risiko von Ernteausfällen durch Krankheiten und Schädlinge muss gering bleiben.

Zusätzlich sollten die Agroforstsysteme deutlich mehr Umweltschutz als konven­tionelle Landwirtschaft leisten. Für die Bauern sind die Steigerung der Bodenqualität und der Erosionsschutz besonders wichtig, denn beides dient der langfristigen, lokalen Einkommenssicherung. Für das Umweltministerium wiederum sind Wasserspeicherung und CO2-Bindung zentral.

Wahlmöglichkeiten

Agroforstsysteme basieren auf verschiedenen Kulturen und weisen, je nach Kontext, auch unterschiedliches Potenzial für Umweltschutz und Entwicklung auf:
– Auf Nutzholz basierende Systeme verbinden die ökologischen und sozioöko­nomischen Anforderungen sehr gut. Umweltschutz und Marktpreis der Nutzhölzer sind im Vergleich zu anderen Systemen deutlich höher. Allerdings wird dieses Potenzial aufgrund der lokalen Umstände oft nicht ausgeschöpft. Die restriktive Schutzpolitik sorgt selbst in nachhaltigen Agroforstsystemen für hohe bürokratische Hürden beim legalen Holzeinschlag. Zudem zahlen Zwischenhändler Kleinbauern für Nutzholz vergleichsweise niedrige Preise. Den Kleinbauern mangelt es an Wissen über Marktverhältnisse. Weil sie keine Transportmöglichkeiten haben, sind sie auf die Zwischenhändler angewiesen. Nutzhölzer nehmen viel Platz ein und zahlen sich nur langfristig aus. Viele Kleinbauern haben aber nur wenig Land und können auf kurzfristige Erträge nicht verzichten.
– Lukrativer sind auf Gummibaum basierende Systeme. Kautschuk kann ab dem fünften Jahr alle zwei Wochen geerntet werden. Das ICRAF (International Centre for Research in Agroforestry, heute World Agroforestry Centre) und die Bauernorganisation Landcare bieten einschlägige Trainings. Aufgrund der engen Pflanzabstände speichern diese Systeme fast genauso viel Kohlenstoff wie Nutzholzkulturen.
– Kokosnuss- oder Bananenkulturen tragen kaum zum Umweltschutz bei, und die Erträge sind oft zu gering. Aber sie bringen mehrmals im Jahr Einkommen, und das Wissen über ihren Anbau ist weit verbreitet. Diese Praxis kann mit anderen mehrjährigen Kulturen klug kombiniert werden und dann nachhaltig gelingen.

Systeme, die auf ähnlichen Kombina­tionen von Kulturpflanzen beruhen, führen zu recht unterschiedlichen Ergebnissen. Es kommt deshalb besonders auf angemessenes Management an. Hierzu gehören Unkrautbekämpfung, Verjüngen des Baumbestandes (besonders bei Kokosnuss) oder Eigenerzeugung von hochwertigem Saat- und Pflanzgut. Ebenso bedeutsam ist die Nutzung von selbsterzeugten kosteneffizienten Dünge- und Pflanzenschutzmitteln wie „Vermicomposting“ (Kompostierung durch Würmer) oder Hühnerdung.

Aufgrund ihrer Einkommensarmut und des Mangels an Anbauflächen ist es für Kleinbauern sehr wichtig, vom ersten Jahr der Umstellung auf ein Agroforstsystem relevante Erträge zu erzielen. Bis zur Ernte mehrjähriger Kulturen werden vermehrt einjährige Kulturen eingesetzt. Bauern benötigen im Übergangsmanagement Unterstützung, um die jeweilige Phase am effektivsten ausnutzen zu können.

Die Untersuchung des philippinischen Hochlands hat gezeigt, dass der Einsatz von Agroforstwirtschaft auch unter schwierigen Rahmenbedingungen einträglich sein kann. Kleine und möglicherweise steile Landflächen können ein annehmbares regelmäßiges Einkommen generieren. Gleichzeitig leisten Agroforstsysteme gesellschaftlich bedeutenden Umweltschutz wie Kohlenstoffbindung und Bodenschutz.

Erfolg hängt aber vom Systemmanagement ab. Es reicht nicht, den Anbau mehr- und einjährigen Kulturen zu kombinieren und als Allheilmittel gegen Bodenerosion und für besseres Einkommen zu propagieren. Begleitendes Capacity Building für die Bauern ist zwingend notwendig, um die nachhaltige umfassende Entwicklung ökologisch sensibler Regionen anzustoßen.

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.