Ernährungssicherheit

Urbane Armut

In vielen armen Ländern steigt die Anzahl der Stadtbewohner mit sehr geringen Einkommen. Die urbane Infrastruktur und die medizinische Grundversorgung sind schwach. Eine Studie vom International Institute for Environment and Development (IIED) warnt, dass Lebensmittelunsicherheit künftig verstärkt in Städten vorkommen wird.
Zugang zum informellen Handel hilft: Kartoffelverkäufer in Arusha, Tansania. Dembowski Zugang zum informellen Handel hilft: Kartoffelverkäufer in Arusha, Tansania.

Viele Städter arbeiten im informellen Sektor oder gehen Aushilfstätigkeiten nach. Ihre Einkommen sind gering, unregelmäßig und krisenanfällig, schreibt Cecilia Tacoli vom IIED in einem Briefingpaper. Als 2007 und 2008 die Preise für Lebensmittel, Kraftstoffe und Transportdienstleistungen rasant stiegen, war  diese Bevölkerungsgruppe besonders hart betroffen gewesen.

Üblicherweise geben städtische Haushalte über die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Forschungen in elf Städten im südlichen Afrika haben laut Tacoli gezeigt, dass vier von fünf Haushalten nicht durchgängig genug zu Essen bekommen. Wenn Einkommen einbrechen,  hat das schwerwiegende Auswirkungen, wie die Expertin ausführt. Um mit weniger Geld auszukommen, werde an Nahrungsqualität und -quantität gespart. Zugleich arbeiteten die Menschen aber mehr und härter, was zu Gesundheitsschäden führen könne. Vor allem Frauen litten unter Mangel, weil sie der Versorgung ihrer Kinder oft Vorrang geben.

Tacoli weist darauf hin, dass die Bewohner von Slumsiedlungen nur sehr wenig Wohnraum haben. Es fehle an Platz zum Kochen und zur Lagerung von Lebensmitteln. Folglich könnten auch keine Vorräte preisgünstig beschafft werden, wenn Lebensmittel saisonal bedingt billig sind. Kleine Imbissstände beurteilt Tacoli als nützlich. Sie böten Frauen eine Möglichkeit, Erwerbstätigkeit und  Kinderbetreuung zu verbinden. Für ihre Kunden sei es oft günstiger fertige Mahlzeiten zu kaufen, als selbst zu kochen.

Ungenügende Wasser- und Sanitärinfrastruktur verschärft die Probleme laut Tacoli, denn  Durchfallerkrankungen sind häufig. Zudem werde der Klimawandel zu mehr Überschwemmungen führen, die vielen Slumsiedlungen zu Schaffen machen. In diesen Zeiten wird die Beschaffung und Zubereitung von Lebensmitteln besonders schwer.

In Städten und ihrem Umland sind Grundstücke wertvoll. Vielfach wären Kleingärten wertvoll, um eigene Lebensmittel anzubauen, schreibt Tacoli. Sie führt aber aus, dass diese Möglichkeit  angesichts hoher und steigender Bodenpreise oft nicht gegeben ist. Andererseits produzierten die Landwirte im städtischen Umland vor allem hochwertige und teure Lebensmittel wie Obst, Gemüse oder Milchprodukte. Deshalb müssten Grundnahrungsmittel von weiter her beschafft werden oder sogar importiert werden, was für die armen Städter höhere Kosten und Abhängigkeit vom Weltmarkt bedeute.

Die Expertin führt aus, dass arme Städter ihre ländlichen Verwandten häufig mit Geld unterstützten, was letzteren in Notlagen helfe, sich die nötige Nahrung zu beschaffen. Im Gegenzug versorge die Landbevölkerung städtische Familienangehörige oft mit Naturalien. Beides trage zur Ernährungssicherheit bei. Tacoli warnt aber, dass nicht alle armen Menschen über solche Beziehungen verfügen, und dass diese Beziehungen auch nicht immer zuverlässig funktionieren.

Die wichtigste Voraussetzung für Ernährungssicherheit in der Stadt sind sichere Einkommen, urteilt Tacoli. Wer genug Geld habe, bekomme auch die nötigen Nahrungsmittel. Zusätzlich müssten Wohnraum und Infrastruktur verbessert werden. Wichtig ist aus ihrer Sicht auch der Zugang zu formalen und informellen Märkten. Wer Märkte in der Nähe habe, müsse für den Transport keinen großen Aufwand betreiben und könne kurz vor Ende der Verkaufszeit Restposten günstig erwerben.

Sandra Abild

 

 

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