Ernährung

Eine Menschenrechtsfrage

Drei Viertel der hungernden Men­schen weltweit sind Kleinbauern oder produzieren selbst in kleinem Rahmen Nahrungsmittel. Es reicht nicht, sie mit genug Essen zu ver­sorgen. Ein Wandel verlangt Be­din­gungen, die diesen Menschen Chan­cen eröffnen.

Der UN-Sonderbeauftragte für Nahrungssicherung und Ernährung David Nabarro nennt die wachsende Zahl der Hunger leidenden Menschen „horrend“. Eine Milliarde hungernder Menschen müssten immer ganz oben auf der Agenda stehen, wenn sich die politischen Führer der Welt treffen, fordert er. Frustrierend sei die fehlende Koordination zwischen vielen Hilfsprogrammen. Nach einer Konferenz zum Thema Nahrungssicherheit in Berlin lobte er die deutsche Regierung dafür, dass sie den Kampf gegen den Hunger auf dem G8-Gipfel im vergangenen Jahr zum Thema gemacht hatte.

Die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hält ebenfalls eine bessere Koordination der Geber und politischen Entscheidungsträger für zentral: „Es wirkt, als wenn viele Leute versuchen zu helfen, aber meist nicht sehr koordiniert, egal auf welcher Ebene“, sagte sie nach der Konferenz. Die hatte diskutiert, welche Themen auf die Tagesordnung des UN-Komitees zur Welternährung (CFS) im Oktober kommen soll. Laut Aigner formulierten die Teilnehmer verschiedene wichtige Arbeitsfelder, wie
– Stärkung der Rechte der Armen,
– Sicherstellung verantwortlicher Investitionen,
– Gewährleistung von Transparenz in den Entwicklungsländern und
– Integration von Gesundheitsaspekten in die Ernährungssicherheitsdebatte.

„Genug zu essen reicht nicht“, erklärte die Landwirtschaftsministerin: „Auch die Qualität ist entscheidend.“Die ugandische Landwirtschaftsministerin Hope Mwesigye sagte in Berlin, auch für ihre Regierung sei Nahrungssicherheit ein wichtiges Thema, aber um dieses Ziel zu erreichen, „müssen wir zuerst die Probleme von Armut und ungleichem Einkommen angehen“. Die ugandische Verfassung garantiert ein Recht auf Nahrung. Die Regierung sei bestrebt, die Produktivität auf dem Land zu steigern. Die Ministerin betonte zudem die Bedeutung verbesserter Frauenrechte für das Thema, nicht zuletzt weil viele Frauen für andere Nahrung produzierten.

Flavio Valente ist Generalsekretär von FIAN International, einer Organisation, die die Bedeutung der Menschenrechte im Kampf gegen den Hunger betont. Er plädierte in Berlin dafür, dass auch die Nahrungsproduzenten – wie Bauern oder Fischer – im reformierten Komitee für Welternährung Einfluss erhalten. Ihr Wissen sei ausschlaggebend, wenn die internationale Gemeinschaft neue Strategien zur Nahrungssicherung umsetzen will.

Dreiviertel aller hungernden Menschen auf der Welt sind Kleinbauern oder produzieren in kleinem Rahmen Nahrungsmittel, so Valente. Und diese Menschen werden viel Unterstützung brauchen, wenn sie aus ihrer oft verzweifelten Situation herausfinden sollen. Valente begrüßte, dass die deutsche Regierung im Zusammenhang mit Ernährungssicherheit die Menschenrechte betont. Gleichzeitig gehört FIAN International zu denjenigen, die die europäischen Landwirtschaftssubventionen kritisieren, weil sie die Marktchancen für Kleinbauern in den armen Ländern beeinträchtigen. (Thomas Marzahl)