Leserbrief
Reaktion eines Lesers
Nebel des Politiksprechs
E+Z/D+C 2014/2, S. 76 ff.,
Gerd Müller: „Globale Zukunfts- und Friedenspolitik“
Bundesminister Gerd Müller stellt klar, dass wir im „Schicksalsjahr“ 2015 die Überwindung von extremer Armut und Hunger in der ganzen Welt sowie ökologische Nachhaltigkeit im Fokus haben müssen. Leider aber geht er hinsichtlich notwendiger politischer Schlussfolgerungen und praktischer Schritte nicht auf das Problem von Investitionsabkommen zwischen Entwicklungsländern und der EU ein, die europäischen Unternehmen freien Zugriff auf Böden in den Entwicklungsländern erlauben und damit zu einer neuen Landnahme im Süden beitragen. Auch die Förderung von Agrartreibstoffen oder die Subventionierung der Massentierhaltung tragen dazu bei, dass große Flächen mit Monokulturen aus Soja, Mais oder Ölpalmen überzogen werden und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern von ihrem Land verdrängt werden. Herr Müller argumentiert, dass ein nachhaltiger und sozial ausgewogener Strukturwandel in den ländlichen Regionen herbeigeführt werden muss. Nicht gesagt wird jedoch, dass in der EU der eigene Markt weiterhin von den betroffenen Ländern abgekoppelt ist und afrikanische Länder weiterhin mit europäischen Agrarprodukten überschwemmt werden und einheimische Kleinbauern dadurch vom Markt gedrängt werden. Zudem wird eines der größten Probleme nicht genannt: die exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln auf deregulierten Finanzmärkten. Herr Müller versäumt es auch, die nach wie vor nicht zurückgenommene Zusage Deutschlands, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen, anzusprechen und klare Aussagen hinsichtlich ihrer Umsetzung zu treffen. Damit bleibt vieles an Konkretem und dringend zu Leistendem im Nebel des Politiksprechs. Helmut Scholz, Mitglied des Europäischen Parlaments