DR Kongo

Gefährliches Spiel mit der Macht

Präsident Joseph Kabila hat die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Demokratischen Republik Kongo bereits zum dritten Mal verschoben; sie sollen nun am 23. Dezember 2018 stattfinden. Die politische Hängepartie führt zu einer immer schlechter werdenden sozialen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Lage.
Die Sicherheitslage wird immer schlechter: Binnenflüchtlinge in Bunia im Ostkongo. Al-Hadji Kudra Maliro/picture-alliance/AP Photo Die Sicherheitslage wird immer schlechter: Binnenflüchtlinge in Bunia im Ostkongo.

Kabilas Familie hat sich ein Firmenimperium aufgebaut, dessen Profit sie sich zu gro­ßen Teilen in die eigene Tasche wirtschaftet. Gleichzeitig mauert sich der Präsident zunehmend ein: Er hat eine private Präsidialgarde installiert und im Zuge einer Reform Posten im Polizei- und Armeeapparat mit Anhängern besetzt. Im Schatten der zum großen Teil nicht funktionierenden staatlichen Institutionen haben sich informelle Strukturen etabliert, die dem Präsidenten zuspielen. Diese Entwicklungen deuten nicht darauf hin, dass Kabila freiwillig auf eine verfassungswidrige dritte Amtszeit verzichten könnte.

Die Regierung ließ verlauten, dass sie die rund 1,2 Milliarden Dollar, die die Wah­len nach ihren eigenen Angaben kosten sollen, selbst aufbringen und sich keinen Konditionen von außen unterwerfen werde. Was dies bedeutet, ist unklar. Bedarf es keiner externen Finanzierung, keiner logistischen und technischen Unterstützung und keiner unabhängigen Wahlbeobachter?

Heftige Debatten werden auch um elektronische Wahlmaschinen geführt. Die unabhängige Wahlkommission CENI befürwortete ihren Einsatz, viele Stimmen aus Opposition und Zivilgesellschaft lehnen ihn ab. Man dürfe nicht mit unbekannten Technologien experimentieren, die Anwendung sei kompliziert, die Umsetzung in ländlichen Gebieten nicht möglich. Zudem dient die Verwendung von Wahlmaschinen Kritikern zufolge dazu, die Wahl im Sinne der Regierung zu manipulieren.

Angesichts des politischen Vakuums hat sich die Sicherheitslage enorm verschlechtert. Gewalttätige Übergriffe sind an der Tagesordnung. Aufgrund fehlender Sicherheits- und Justizstrukturen formiert sich neben den Dutzenden aktiven Milizgruppen (s. Interview mit Christoph Vogel in E+Z/D+C e-Paper 2018/02, S. 26) ein unüberschaubares Banditentum. Jahrelang waren Konflikte und Krisen hauptsächlich auf die rohstoffreichen Ostprovinzen des Landes konzentriert, nun weiten sie sich aus. Milizen formieren sich neu, gehen Bündnisse ein und unterstreichen ihre wirtschaftlichen Ambitionen mit politischen Parolen. Leidtragende der zunehmenden Gewalt ist die lokale Bevölkerung. Das UN-Flüchtlingswerk zählt aktuell rund 4,5 Millionen Binnenvertriebene sowie mehr als 622 000 Menschen, die in Nachbarländer flüchteten.

Katholische Laienorganisationen haben im Januar und Februar landesweit zu friedlichen Protesten gegen den Machtmiss­brauch und für einen gewaltfreien Regierungswechsel aufgerufen. Ihnen schlug die brutale Gewalt der Sicherheitskräfte entgegen. Die UN-Blauhelmmission MONUSCO spricht von mindestens acht Toten, über 150 Verletzten und mehr als 220 Verhafteten – darunter auch viele Geistliche.

Die Regierung verurteilt diese Vorkommnisse nicht. Im Gegenteil: Der katholischen Kirche wird politische Einmischung vorgeworfen. Sie könne sich zu sozialen Themen äußern, habe aber zu politischen zu schweigen. Zudem habe die Regierung alles Recht, der „terroristischen Gewalt“ Einhalt zu gebieten. Unter den Begriff werden schnell alle kritischen Stimmen gefasst. Unter diesen Umständen ist es absolut unverständlich, dass die DR Kongo im Oktober 2017 als Mitglied in den UN-Menschenrechtsrat gewählt wurde.

Der UN-Sicherheitsrat stimmte am 27. März einer Verlängerung des Blauhelmmandates  für die DR Kongo zu und beschloss eine Erweiterung zum Schutz von „friedlichen Demonstranten“. Das stellt die Mission vor neue Herausforderungen und drängt auch den Sicherheitsrat zu stärkerem politischen Agieren, denn rein operativ wird die Mission bei den schwierigen Verhältnissen keine Fortschritte machen.

Aufgrund der Zersplitterung der Opposition fehlt ein Korrektiv zur amtierenden Regierung. Daher sind die Erwartungen an die Kirchen hoch. Die katholische Bischofskonferenz CENCO fordert trotz aller Repressalien weiterhin einen friedlichen Amtswechsel, politische Verantwortung, die Einhaltung der Verfassung und transparente und faire Wahlen. Sie benötigt dringend die Unterstützung der protestantischen Kirchen; große Hoffnung ruht diesbezüglich auf dem neuen Präsidenten der großen protestantischen Kirche ECC. Auch die Europäische Union muss die Kirchen und die Bürgerbewegungen im Land in ihren Anliegen unterstützen und den Druck auf die Regierung, aber auch die Gespräche mit der Afrikanischen Union und den Nachbarstaaten intensivieren.

Gesine Ames ist Koordinatorin des Ökumenischen Netzes Zentralafrika (ÖNZ).
office@oenz.de