Kreditvergabe
Studie bringt Licht ins Dunkel chinesischer Institutionen
Chinas Vorgehen in Entwicklungsländern ist komplex, aber nicht so intransparent wie oft behauptet. Das sagt die Sinologin Marina Rudyak. Sie ist akademische Mitarbeiterin am Centrum für Asienwissenschaften und transkulturelle Studien der Universität Heidelberg und forscht zu Chinas Entwicklungshilfe. Das Problem sei vielmehr, dass ein Großteil der Informationen ausschließlich auf Chinesisch vorliege.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat Rudyak für die Nichtregierungsorganisation Urgewald unter dem Titel „Who is who in the Chinese lending institutional landscape“ eine Analyse erstellt. Darin geht sie detailliert auf die wichtigen Geberinstitutionen und ihre Rolle im chinesischen Regierungssystem ein und beschreibt, welche Arten von Krediten China zu welchen Konditionen anbietet.
Laut Rudyak trennt China stark nach bilateralen und multilateralen Krediten. Politisch verantwortlich für multilaterale Kredite ist das Finanzministerium, für bilaterale Kredite hingegen das Handelsministerium.
Die wichtigsten Geber bilateraler Kredite sind die China Development Bank (CDB), die mit einem Vermögen von 2,4 Billionen Dollar die größte nationale Entwicklungsbank der Welt ist, und die Export-Import Bank of China (Exim-Bank) mit Vermögenswerten von 610 Milliarden Dollar. Die CDB soll moderat profitorientiert Kredite vergeben und hat den Rang eines Ministeriums, das direkt dem Staatsrat, Chinas höchstem Verwaltungsorgan, unterstellt ist. Von der Exim-Bank hingegen werden laut Rudyak keine Profite erwartet. Sie habe den Rang eines Vizeministeriums und sei ebenfalls direkt dem Staatsrat unterstellt.
Im Rahmen des Mega-Infrastrukturprojekts „One Belt One Road (OBOR) Initiative“ (siehe Beitrag von Katja Dombrowski im Monitor des E+Z/D+C e-Paper 2017/10) gibt es laut Rudyak jedoch keine klare Arbeitsteilung zwischen den beiden Banken. Hinzu kommt, dass auch die vier großen kommerziellen Staatsbanken eine wichtige Rolle bei der Finanzierung von OBOR-Projekten haben. Für eine „Schuldenfallen-Diplomatie“ sieht Rudyak jedoch keine Belege. „Chinesische Kredite bergen nicht mehr Risiken als andere“, sagt sie.
Der Analyse zufolge gibt es eine Reihe weitere, dem Handelsministerium untergeordnete Akteure, die bei der Vergabe bilateraler Kredite mitmischen. Die Abteilung für Auslandsinvestitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit (DOIEC) etwa ist für die Kreditvergabe mit zuständig. Die Agentur für Internationale Wirtschaftszusammenarbeit (AIECO) setzt große Infrastrukturvorhaben schlüsselfertig um.
In den Empfängerländern sind die Büros für Wirtschafts- und Handelsberatung (ECCO) in den chinesischen Botschaften und Konsulaten die zentralen Anlaufstellen. Sowohl chinesische Firmen als auch die jeweiligen Regierungen können hier ihre Projektvorschläge einreichen, zudem sind die ECCOs verantwortlich für die Aufsicht vor Ort. Weitere Abteilungen des Handelsministeriums kümmern sich um Entwicklungshilfe und Entwicklungshilfe-Kredite. Die dem Außenministerium unterstellten Botschafter dürfen zudem Mittel für kleinere Projekte vergeben.
Die politische Steuerung der chinesischen Entwicklungshilfe liegt seit 2018 bei der chinesischen Agentur für Internationale Entwicklungszusammenarbeit (CIDCA). Ihre Verantwortlichkeiten sind jedoch laut Rudyak nicht stimmig geregelt. So solle die CIDCA theoretisch das Handelsministerium bei der Umsetzung der Entwicklungsprojekte überwachen. Da sie als Vizeministerium aber einen niedrigeren Rang habe als das Handelsministerium, sei ihr Einfluss darauf nur sehr gering.
Laut Nora Sausmikat, Leiterin der China-Abteilung von Urgewald, hat sich der Bedarf für die Publikation dieser Analyse in Workshops gezeigt. Immer wieder sei sie von NGO-Vertretern aus dem globalen Süden gefragt worden, wer für sie auf chinesischer Seite Ansprechpartner und welche Bank wie einzuordnen sei. Das nun veröffentliche Papier solle daher ein „Werkzeug für die Zivilgesellschaft“ sein und zukünftig in Workshops eingesetzt werden.
Link
Urgewald, 2020: Who is who in the Chinese lending institutional landscape.
https://urgewald.org/node/865