Blockiert auf niedrigem Niveau
[ Von Ngozi Okonjo-Iweala ]
Das Problem afrikanischer Frauen liegt nicht darin, unternehmerisch tätig zu werden. Wie die Afrikanische Entwicklungsbank 2004 herausgefunden hat, führen Frauen viele der Kleinst-, Klein und mittelgroßen Unternehmen des Kontinents. In Ländern wie Kenia und Malawi besitzen sie etwa 46 Prozent der Unternehmen, in Swasiland sogar 84 Prozent. Es ist also Zeitverschwendung, zu überlegen, wie man afrikanische Frauen in die Wirtschaft holen kann. Sie sind bereits mittendrin.
Aber die Unternehmerinnen haben oft Schwierigkeiten, ihr Geschäft auszubauen. Denn sie stecken zwar viel Energie in ihr Geschäft, die Mühe macht sich aber nicht in Form von höheren Einkommen bezahlt. Dadurch wirken sich diese Untenehmen auch nicht positiv auf Beschäftigung aus. Deshalb brauchen afrikanische Geschäftsfrauen vor allem Hilfe bei der Führung und Expansion ihrer Unternehmen.
Insbesondere drei Faktoren hindern Frauen daran, ihre Unternehmen auszubauen. Erstens fehlt der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Zweitens brauchen Frauen bessere Beratung und Wirtschaftsdienstleistungen. Und drittens stehen nationale und internationale Regulierungen dem Wachstum oft im Weg. Die Weltbank weist zu Recht darauf hin, dass Gleichberechtigung der Geschlechter wirtschaftlich klug ist. Aber Afrika darf nicht darauf warten, dass die Geber aktiv werden. Wir müssen selbst aktiv werden und Druck auf die Regierungen ausüben, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Eine Möglichkeit sind Mikrokredite. Der Zugang zu solchen Krediten ist besonders in ländlichen Gebieten sehr wichtig. Die Arbeit der Grameen Bank, BRAC und anderer in Bangladesch sind dabei gute Beispiele für uns. Aber die Konzentration auf Mikrokredite allein ist nicht ausreichend. Denn die Geschäfte vieler Unternehmerinnen sind zu groß, um mit solch kleinen Summen etwas anfangen zu können. Was sie brauchen, sind größere Kredite, um zu expandieren und mehr Mitarbeiter anzustellen.
Innovative Garantien
Die meisten afrikanischen Banken sind aber sehr risikoscheu. Das macht die Finanzierung von Investitionen grundsätzlich schwer – für Frauen wie für Männer. Frauen haben aber größere Schwierigkeiten, Sicherheiten vorzuweisen, da die von Banken gerne gesehenen Landtitel meistens auf die männlichen Familienmitglieder eingetragen sind. Das schüchtert die Frauen zusätzlich ein.
Dabei gibt es auch andere Wege, Kreditgarantien zu geben. Im Iran beispielsweise hinterlegen Unternehmerinnen persische Teppiche als Sicherheit. Gold, Silber und Schmuck sind andere Optionen. Prinzipiell kann alles, was sich als Wert auf Papier festhalten lässt, als Sicherheit bei Finanzgeschäften dienen. Hier sind innovative Ansätze gefragt.
In Nigeria gibt die Konsolidierung des Finanzsektors Grund zur Hoffnung. Von 89 Banken gibt es jetzt nur noch 25 und der Wettbewerb unter ihnen ist rauer geworden. In Zukunft müssen Banken außer in Wertpapiere auch in produktive Unternehmen investieren, wenn sie erfolgreich sein wollen. Mit anderen Worten: Die Banken müssen notgedrungen innovativer werden. Das wird auch ihr Interesse steigern, mit Frauen Geschäfte zu machen.
Kredite sind nicht die einzigen Geldquellen, die in Frage kommen. Gebraucht werden auch Mechanismen wie zum Beispiel Risikokapitalfonds für Unternehmen von Frauen. Geber, Regierungen und der private Sektor sollten in dieser Frage zusammenarbeiten. Auch Versicherungen, die bestimmte wirtschaftliche Risiken abdecken, sind erstrebenswert. Kurz: Das gesamte Spektrum an Finanzdienstleistungen muss weiblichen Unternehmerinnen zugänglich werden, wenn sie ihr volles Potenzial ausschöpfen sollen.
Neben Geld fehlt den Unternehmerinnen häufig auch die Fähigkeit, einen systematischen Businessplan oder eine Cash-Flow-Analyse zu erstellen. Das aber kann ihnen helfen zu verstehen, wie es ihrem Geschäft geht und welche Möglichkeiten sie haben. Ganz offensichtlich brauchen sie kompetente professionelle Unternehmensberatung in diesen Fragen, um ihre Geschäfte dynamischer zu entwickeln.
Eine Frage der Qualität
Wichtig ist vor allem, dass Unternehmerinnen lernen, in Lieferketten zu denken. Dabei ist Marketing ein wichtiger Punkt. Denn die Produkte müssen sich auch verkaufen. Es ist aber eine Sache, Blumen zu züchten, und eine andere, sie zu vermarkten. In einem Projekt in Uganda werden Blumenzüchterinnen beispielsweise von der Produktion über Qualitätskontrollen bis hin zum Marketing beraten. Die Ergebnisse lassen sich sehen und möglicherweise kann sich der Ansatz auch in anderen Branchen wie der Textil- oder Bekleidungsindustrie bewähren.
Ist ein Unternehmen Teil der internationalen Lieferkette, erhöhen sich die Chancen auf ein stetiges Wachstum und höhere Einnahmen um ein Vielfaches. Dafür muss die Produktion aber zunächst bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Hier brauchen Unternehmerinnen Unterstützung.
Aber auch ein günstiger rechtlicher Rahmen ist wichtig. Ein Beispiel aus Nigeria zeigt, dass nationale Politik unabsichtlich Unternehmen blockieren kann: Dort schadete der Versuch, die Textilindustrie zu schützen, am Ende vielen Stoffdesignerinnen und Modeproduzentinnen, die ihre Mode ins Ausland verkaufen. Denn ein neu eingeführtes Importverbot jeglicher Textilien stoppte auch Lieferungen, die sie für ihre Produktion brauchten.
Auch internationale Regulierung – beziehungsweise ihr Fehlen – kann Schaden anrichten. Derzeit kopieren chinesische Unternehmen traditionelle nigerianische Batikmuster und überfluten damit unsere Märkte. Durch ihre enorm niedrigen Preise drängen sie zunehmend die nigerianischen Wettbewerber aus dem Geschäft. Unser eigenes geistiges Eigentum wird uns so zum wirtschaftlichen Schaden, weil es auf diese Designs keine Patente gibt. Das ist kein akzeptabler Zustand – auch wenn diese Arbeit in China von Frauen verrichtet wird.