Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Aufholjagd

„Aus Kinderschuhen herauswachsen“

Mit Südafrika als einzigem Mitglied ist der afrikanische Kontinent in der G20 klar unterrepräsentiert. Obwohl die Afrikanische Union (AU) und die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) zum Gipfeltreffen in Seoul eingeladen waren, verblassten sie neben G20-Riesen wie Brasilien, Mexiko, Indien, China und Indonesien. E+Z/D+C fragte den nigerianischen Wirtschaftsjournalisten Horatius Egua nach seiner Meinung über die G20.

[ Interview mit Horatius Egua ]

Wird die G20 ihrem Ziel gerecht, die Weltwirtschaft aus der Finanzkrise zu führen?
Ich bin überzeugt, dass es die G20 nicht wirklich interessiert, was mit dem Rest der Welt passiert. Die Länder kümmern sich vor allem darum, wie sie ihre Ökonomien aus dem Gröbsten herausführen können. Traurigerweise wird der Wirtschaftsaufschwung ­allein am Wachstum der amerikanischen und britischen Ökonomie gemessen. Diese Wirtschaftsriesen sehen die Entwicklungsländer nur als Belastung. Deswegen beziehen sie die armen Länder nicht in die globale Agenda ein, um die Wirtschaft wiederzubeleben.

Ist der Anspruch der G20, im Namen der Welt zu handeln, gerechtfertigt?
Nein, keineswegs, wie bereits gesagt. Die G20 ist nichts als eine Intrige, geschaffen, um den Interessen der G20-Mitglieder und ihren Handlangern zu dienen.

Was halten Sie davon, wie afrikanische Staaten in der G20 vertreten sind?
Afrika ist katastrophal unterrepräsentiert. Aber auch wenn dies anders wäre, würde das uns nicht wirklich weiterbringen. Der Kontinent hat keine gut strukturierten Wirtschaftsprogramme. Deshalb ist nicht von Interesse für die Wirtschaftsriesen. Ein Beispiel: Die westlichen Ökonomien brauchen Erdöl und Gas. Afrika verfügt über solch natürliche Ressourcen, es mangelt aber an den Technologien, um sie zu verarbeiten und für westliche Absatzmärkte attraktiv zu machen. Die Folge davon ist, dass unsere natürlichen Rohstoffe unverarbeitet verkauft werden und dann später als fertige Produkte zurück auf unseren Kontinent kommen. Solange Afrika den Schritt von der rohstoffbasierten zur multidimensionalen Wirtschaft nicht schafft, wird es den G20-Ländern weiter unterlegen bleiben.

Wie schätzen Sie den Entwicklungskonsens von Seoul ein?
Der Seoul-Konsens ist nichts weiter als Fachsimpelei. Geber sprechen schon immer davon, den armen Ländern bei ihrer Entwicklung zu helfen „ihr maximales Wachstumspotential zu erreichen und zu halten“. Praktisch war dies aber noch nie von Bedeutung. Der Seoul-Konsens ist ein weiteres Versprechen dieser Art. Die G20 sagt den Entwicklungsländern in vielen Bereichen Unterstützung zu, sei es bei der Ernährungs- und Einkommenssicherung, bei finanzieller Inklusion, innerstaatlicher Ressourcenmobilisierung, Infrastruktur, Handel, Personalentwicklung, Privatinvestitionen, Wissensaustausch, oder auch dabei, Jobs zu schaffen und die Millenniumsentwicklungsziele einzuhalten. Wir haben solche Versprechungen immer wieder gehört, aber sie werden nie verwirklicht.

Wird sich der Konsens auf Subsahara-Afrika aus­wirken?
Die Afrikaner sollten ihr Schick­sal selbst in die Hand nehmen; in der G20 gibt es keine Hoffnung. Auf dem Jahrestreffen 2010 der Afrikanischen Ent­wick­lungsbank in der Elfenbeinküste betonte Donald Kaberuka, der Präsident der Bank, dass Afrika seine Ressourcen selbst verwalten und sich selbst helfen müsse. Kein Land der Welt wird uns von den Ketten der Armut und Unterentwicklung befreien. Nigerias Vizepräsident Namadi Sambo teilt diese Meinung, wie ich auch. Wenn die subsaharischen Wirtschaften weiter von westlicher Unterstützung abhängen, werden wir nie aus den Kinderschuhen herauswachsen. Dabei ist das dringend nötig.

China und Indien beanspruchen gern, für alle Entwicklungsländer zu sprechen. Macht die Teilnahme dieser Schwellenländer einen Unterschied für Afrika, verglichen mit der G8?
China und Indien vertreten ihre Interessen und nicht die Afrikas. Leider haben beide Länder die afrikanischen Wirtschaften übernommen, besonders in Nigeria. Chinesen und Inder sind in fast allen Sektoren der nigerianischen Wirtschaft zu finden: Energie, Luftfahrt, verarbeitende Industrie, Automobilindustrie und so weiter. Diese Schwellenländer schützen nicht die Interessen der subsaharischen Volkswirtschaften, sondern ihre immensen Investitionen dort.

Was denken Sie über die „Währungskriege“?
US-Präsident Barack Obama forciert das Thema, weil er es als einfachsten Weg sieht, um die eigene Wirtschaft zu stabilisieren. Das trifft ähnlich auf die Briten und andere EU-Regierungen zu. Entwicklungsländer spielen in deren Köpfen keine Rolle.

Wie betreffen die Währungskriege Ihr Land, und welche Interessen hat Nigeria dabei?
Nigeria ist bisher nicht direkt betroffen – obwohl die US-Währung als globaler Bezugswert auch in Nigeria genutzt wird. In diesem Sinn dient ein stabiler Dollar der globalen Finanzstabilität. Die Krise seit 2008 wurde durch die Rücksichtslosigkeit des US-Finanzsektors ausgelöst. Und dafür zahlte die Weltwirtschaft teures Lehrgeld. Wenn wir der US-Wirtschaft gestatten, die internationale Bezugsgröße zu sein, werden wir schon bald der nächsten Krise entgegeneilen.

Was denken Sie über den Disput zwischen strenger Haushaltspolitik und erhöhten Regierungsausgaben als ökonomischer Stimulanz?
In Nigeria haben wir einen anderen Blickwinkel. Der Fokus der Regierung liegt auf Ausgabeneffizienz. Nigerias Finanzminister Olusegun Aganga sagte vor kurzem, für die Wirtschaftspolitik der Regierung ­gehe es nicht so sehr darum, wieviel Geld ausgegeben wird, sondern um Qualität und Effizienz der Ausgaben. Die Regierung hat ihren Evaluationsprozess verbessert. Minister Aganga betonte, die Regierung habe leistungsorientierte Budgetierung eingeführt. Mit anderen Worten: Wenn die Ausgaben nicht zu Ergebnissen führen, werden sie eingestellt.

Welche Interessen hat Subsahara-Afrika im globalen Machtspiel?
Ich würde sagen, Afrika muss vorsichtig sein: Alles was die Regierungen der reichen Länder machen, dient deren eigenen Interessen, und nicht denen Afrikas oder anderer Entwicklungsregionen der Welt.

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