Wind- und Solarenergie
Der richtige Ansatz, um aufzuholen
2018 lag Afrikas Anteil an der Weltbevölkerung bei etwa 15 Prozent, sein Anteil an den globalen CO2-Emissionen dagegen bei nur vier Prozent. Diese Differenz verdeutlicht die Armut des Kontinents – und wie wichtig es ist, seine Energieversorgung auszubauen.
Unter den derzeitigen Entwicklungen wird Afrika im Jahr 2040 voraussichtlich 6,1 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursachen. Danach werden andere Kontinente mit großer Wahrscheinlichkeit weniger ausstoßen, Afrikas Emissionen hingegen weiter zunehmen, und zwar aus zwei Gründen: Afrikanische Länder brauchen Industrialisierung, und ihre Bevölkerung wächst weiter. Dennoch dürften Afrikas Emissionen gegen Ende des Jahrhunderts bei unter acht Prozent des weltweiten Ausstoßes ihren Höhepunkt erreichen.
Es ist ein echter Wandel im Gange. Afrika ist somit für einen deutlich früheren Übergang zu erneuerbaren Energien besser aufgestellt als andere Weltregionen. Von einem niedrigen Niveau ausgehend, werden erneuerbare Energien dort ab 2034 Kohle ersetzen und ab Mitte des Jahrhunderts auch Gas. Dabei hilft, dass der Kontinent einige der besten Standorte für die Erzeugung von Solar-, Wasser- und Windkraft hat. Zudem werden Wind- und Solarkraft preislich international immer konkurrenzfähiger, und das wird sich für Afrika auszahlen. Technologien für Stromspeicherung und Energieeffizienz werden auch immer besser.
Atomkraft wird in Afrika wohl nie eine große Rolle spielen. In Südafrika gibt es zwei kommerzielle Kernkraftwerke, die fünf Prozent zur Stromerzeugung des Landes beitragen. Weil Afrika große Potenziale für erneuerbare Energien hat und wegen der hohen Kosten und Risiken von Kernkraftwerken, werden wohl keine weiteren Reaktoren in Afrika gebaut.
Der Übergang zu erneuerbaren Energien dürfte in Südafrika am schwierigsten werden; die etablierte Energieinfrastruktur basiert auf im eigenen Land produzierter Kohle. Tatsächlich wird die recht alte Infrastruktur beim Übergang zu Nachhaltigkeit auf ähnliche Hürden stoßen wie in Europa und Nordamerika. Es ist teurer und mühsamer, alte Infrastrukturen zu erneuern, als sie ganz neu aufzubauen. So oder so ist die Veränderung aber notwendig.
Reiche Länder tragen Klimaverantwortung
Der Klimawandel betrifft alle Weltregionen. Wegen seiner geringen Anpassungsfähigkeit ist Afrika aber besonders gefährdet. Extreme Wetterereignisse wie Stürme, Dürren und starke Regenfälle werden heftiger und treten häufiger auf. Ernteausfall kann zu Hungersnot führen, Seuchen werden wahrscheinlicher. Auch stärkerer Wettbewerb um lebenswichtige Ressourcen und steigende Wahrscheinlichkeit gewaltsamer Konflikte zählen zu den Klimarisiken.
Die internationale Gemeinschaft hat ein hohes Interesse daran, das Schlimmste zu verhindern. Afrika selbst kann nicht viel für die Eindämmung der globalen Erwärmung tun, zu der es auch bisher nicht viel beigetragen hat. Der Kontinent kann etwa gegen Waldzerstörung angehen, aber seine Zukunft hängt davon ab, dass sich andere Länder für Klimaschutz einsetzen.
Die reichen Länder müssen ohne Frage vorangehen, denn sie haben am massivsten zur Erhitzung des Planeten beigetragen. Zudem können sie es sich am ehesten leisten, in Klimaschutz zu investieren.
Manche Staatschefs, allen voran US-Präsident Donald Trump, behaupten, der Klimawandel sei nicht von Menschen verursacht. Das ist eigennützig und kurzsichtig. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die unter anderem der Weltklimarat zusammengetragen hat, sind eindeutig. Um zu verhindern, dass der Klimawandel noch schlimmere Folgen hat als die, die Entwicklungsländer bereits spüren, müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden.
Die reichen Länder müssen ihren Verbrauch fossiler Brennstoffe reduzieren, und das heißt, dass politische Entscheidungsträger Verantwortung übernehmen müssen. Schließlich bedeutet Politik Führung und nicht nur das Umschmeicheln von Wählern. Sie sollten bedenken, dass viele der heutigen Kinder im Jahr 2100 noch leben. Ihre Welt darf kein reines Umweltdesaster werden.
Politiker reicher Länder belehren andere gern über gute Regierungsführung. Überzeugender wäre es, wenn sie selbst bessere Beispiele für gute Umweltpolitik lieferten. Zu Hause in Klimaschutz zu investieren ist eine der besten Möglichkeiten für reiche Staaten, die Entwicklung südlich der Sahara zu unterstützen. Je mehr sie die globale Erwärmung außer Kontrolle geraten lassen, desto nutzloser wird ihre konventionelle Entwicklungshilfe (Official Development Assistance – ODA). Afrika kann für sich selbst sorgen, sofern seine Entwicklung nicht durch Klimakatastrophen vereitelt wird. Die reichen Länder tragen Verantwortung für das von ihnen verursachte Umweltproblem.
Natürlich sind auch die afrikanischen Verantwortlichen gefragt. Das Bevölkerungswachstum muss gedrosselt und der Lebensstandard besser werden. Gute Regierungsführung und langfristige Planung sind heute in Afrika wichtiger denn je. Die afrikanischen Führungsfiguren wissen um die grundlegenden Veränderungen, tun bislang aber wenig. Die Zusammenarbeit mit internationalen Entwicklungspartnern, einschließlich China, ist notwendig und muss auf Nachhaltigkeit abzielen.
In diesem Zusammenhang sind die Öl- und Gasreserven einiger afrikanischer Länder nicht so segensreich, wie manche Staats- und Regierungschefs glauben mögen. Es könnte zwar sein, dass sich die Ölpreise etwas von der aktuellen Krise erholen, aber langfristig könnten sie durchaus niedriger bleiben als viele erwarten.
Öl ist nach wie vor der Energieträger, der in Afrika am meisten produziert wird. Die Volkswirtschaften haben davon jedoch noch nie in angemessenem Maße profitiert. Die Länder, die diese natürliche Ressource fördern, haben immer auf Einkommen verzichtet, das die Verarbeitung des Öls erbracht hätte. Mangels Raffineriekapazitäten reimportieren sie es. Das ist nun nicht mehr zu ändern. Aber der Neuaufbau von Infrastruktur in Afrika sollte auf erneuerbaren Energien basieren. Sinnvoll ist es auch, Gas zu exportieren, das Öl bald als Afrikas wichtigste fossile Ressource ablösen wird.
Jakkie Cilliers ist Gründer und ehemaliger Direktor des Institute for Security Studies, einer gemeinnützigen Organisation mit Büros in Südafrika, Senegal, Äthiopien und Kenia. Dieser Artikel basiert auf seinem kürzlich von Jonathan Ball veröffentlichten Buch „Africa first! Igniting a growth revolution“. (Cape Town und Johannesburg, 2020, erhältlich bei Amazon).
jcilliers@issafrica.org