Lebensmittel
Lieferkette neu konzipiert
Was bringt Twiga Kleinbauern?
Twiga schafft per Mobiltelefon Zugang zu einem fairen und transparenten Markt, so dass sie höhere Preise erzielen. In der Vergangenheit verloren sie häufig Geld, Zeit und Waren, weil sie von Zwischenhändlern abhängig waren. Ihre Waren wurden über Großhändler und Einzelhändler geliefert. An jedem Glied der Kette wurde Geld verlangt, und das Familieneinkommen sank. Twiga bietet den 17 000 Bauern in unserem Netzwerk höhere und stabilere Preise.
Und was haben informelle Lebensmittelhändler davon?
Wir liefern ihnen hochwertige Waren an die Haustür. Früher mussten sie um 4 Uhr früh aufstehen und zum Großmarkt gehen. Jetzt bringt Twiga die Waren direkt an die Verkaufsstände. Wir beliefern rund 6000 Verkaufsstellen. Derzeit decken wir etwa 40 Prozent des Angebots eines typischen informellen Händlers ab, wobei unsere Preise zehn bis 20 Prozent unter denen des Großhandels liegen – bei zuverlässig hoher Qualität.
Wie nutzt Twiga digitale Technik?
Twiga will die Agrar-Lieferkette umgestalten. Wir setzen digitale Mittel zum Nutzen sowohl der Bauern, von denen wir Waren beziehen, als auch der Kleinhändler, an die wir liefern, ein. Wir verarbeiten alle Daten in Echtzeit. Außerdem kooperiert Twiga mit Anbietern digitalisierter Finanzdienstleistungen, sodass Händler nun Routinebestellungen mit Krediten finanzieren können, die drei Tage lang zinsfrei sind. Auf unserer E-Commerce-Plattform können informelle Händler Bestellungen aufgeben, deren Historie einsehen und zukünftige Beschaffung planen.
Weshalb begann Twiga mit dem Vertrieb von Bananen?
Nairobis Verbraucher lieben Bananen und geben ungefähr 2,5 Prozent ihres verfügbaren Einkommens dafür aus. Weil Bananen schnell verderben, ist es wichtig, sie schnell zu vermarkten.
Was macht Twiga besser als das konventionelle Vertriebssystem?
Twigas digitale Systeme verarbeiten Daten in Echtzeit, sodass wir Preise und Routen kontinuierlich an Angebot und Nachfrage anpassen können. Wir liefern mittlerweile viele im Einzelhandel übliche Produkte: Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Wassermelonen und vieles mehr. Im Angebot sind auch Grundnahrungsmittel wie Zucker, Reis und Mais sowie Milch, Säfte und sogar Süßigkeiten. Wir decken ungefähr 75 Prozent dessen ab, was städtische Haushalte brauchen. Weil wir die Produktpalette ständig erweitern, werden wir für unsere Partner auch ständig wertvoller.
Warum ist der informelle Einzelhandel so wichtig?
Afrikas Städte hängen von ihm ab. Sie wachsen schnell, aber es gibt kaum formale Geschäfte oder gar Supermärkte. Wir verbessern Qualität und Effizienz des Warenangebots, weil wir die Nachfrage tausender Kleinhändler bündeln. Wir liefern zu attraktiven Preisen und zum richtigen Zeitpunkt.
Wenn das überall in Afrika gleich ist, müsste Ihr Geschäftsmodell auch an anderen Orten funktionieren?
Ja, zu 100 Prozent südlich der Sahara. Wir lernen ständig dazu und perfektionieren unser Geschäftsmodell. Heute kostet hier eine Banane, die nur wenige Kilometer entfernt von Nairobi gewachsen ist, ebenso viel wie eine Banane in London nach tausenden von Transportkilometern. In vielen Ländern Afrikas geben die Leute 50 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel aus, in London aber nur 13 Prozent. Wir treiben Veränderungen zum Nutzen von Bauern, Kleinhandel und Verbrauchern voran und wollen bald in weitere afrikanische Städte expandieren.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie derzeit, und wie hoch ist Ihr monatlicher Umsatz?
Wir haben 500 Mitarbeiter. Unser monatlicher Umsatz lag im Frühjahr bei etwa 1 Million Dollar.
Peter Njonjo ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Twiga. Das Interview wurde per E-Mail geführt. Hans Dembowski begegnete ihm auf einer Reise, welche die DEG, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, organisierte. Die DEG kooperiert mit Twiga, weil dieses Unternehmen einen Beitrag zur Verbesserung sowohl des städtischen als auch des ländlichen Lebens leistet. Die DEG gehört zur KfW-Bankengruppe.
Twitter: @njonjo2012