Psychische Gesundheit
Kenia diskutiert, Selbstmordversuche zu entkriminalisieren, um psychische Gesundheit zu fördern
In Kenia wird erneut über die Frage debattiert, ob Suizidversuche weiterhin strafbar sein sollten. Im Mittelpunkt steht ein umstrittenes Gesetz, das den Versuch, sich das Leben zu nehmen, unter Strafe stellt. Nach kenianischem Gesetz wird jeder Selbstmordversuch als Vergehen bewertet und mit bis zu zwei Jahren Haft, einer Geldstrafe oder beidem geahndet.
Im August 2024 reichte eine Gruppe von Aktivist*innen unter dem Namen „Decriminalisation of Attempted Suicide“ beim Parlament eine Petition mit der Forderung ein, das Gesetz zu ändern. Der Initiator der Petition, Lukoye Atwoli, Professor für Psychiatrie an einer örtlichen Universität, erklärt darin, dass die Kriminalisierung von Suizidversuchen nicht nur die zugrunde liegenden psychischen Gesundheitsprobleme ignoriere, sondern auch das Stigma und die Scham im Umgang mit psychischen Erkrankungen verstärke.
Laut den Aktivist*innen steht das Gesetz im Widerspruch zu einer anderen Vorschrift, nach der Personen mit psychischer Erkrankung unter anderem „suizidale Gedanken oder Verhaltensweisen“ aufweisen. „Solange Suizid als Straftat gilt, ist es außerdem schwieriger, genaue Daten zu sammeln und Suizid vorzubeugen“, betont Atwoli.
Er kritisiert, dass Kenia eines der wenigen Länder sei, in denen Suizidversuche immer noch gesetzlich bestraft werden. Viele andere Länder hätten diese Regelung bereits abgeschafft. Dort sei es Menschen mit psychischen Erkrankungen möglich, ohne Angst vor einer Strafe die Hilfe zu bekommen, die sie brauchen.
Recht auf Gesundheitsversorgung
„Das Gesetz steht weiterhin im Widerspruch zu Artikel 43 der Verfassung, wonach jede Person das Recht auf die bestmögliche Gesundheitsversorgung hat. Dazu gehört auch der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, einschließlich der reproduktiven Gesundheitsversorgung, und dass niemand im Notfall von einer Behandlung ausgeschlossen werden darf“, erklärt Atwoli.
Die Diskussion hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Einige begrüßen die Petition als Schritt in die richtige Richtung. Kritiker*innen verweisen auf moralische und religiöse Gründe, weshalb Suizid verboten bleiben sollte.
Die Frage bleibt, wie stark der Staat in das Recht eines Menschen eingreifen sollte, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen – auch die über Leben und Tod. Es lässt sich argumentieren, dass der Staat Suizidversuche nicht bestrafen, sondern in bessere Lebensbedingungen investieren sollte.
Die Gründe für Suizid in Kenia sind vielfältig und oft mit den Schwierigkeiten des Alltags verbunden – finanzielle Probleme, sozialer Druck und andere Umweltfaktoren, bei denen der Einfluss von Regierung und Gesellschaft groß ist. Die Regierung ist deshalb mitverantwortlich, wenn ihr Versäumnis, den Lebensstandard anzuheben, Menschen in drastische Entscheidungen wie Suizid treibt.
Einige Aktivist*innen fordern die kenianische Regierung auf, dem Beispiel von Ländern wie dem Vereinigten Königreich zu folgen. Dort ist der Suizidversuch seit 1961 entkriminalisiert. Ebenso wies ein Teil der Parlamentarier*innen darauf hin, dass ein Suizidversuch eine Form einer psychischen Erkrankung sei, die die Weltgesundheitsorganisation als Krankheit eingestuft hat.
„Das ganze Thema ist sehr komplex, weil wir nicht genau wissen, warum Menschen Suizid begehen. Statt Menschen in Not zu bestrafen, sollten wir ihnen eine professionelle medizinische Behandlung ermöglichen. Wir sollten die Gelegenheit nutzen, um alle psychologischen Kenntnisse und Methoden einzusetzen, um die mit der psychischen Gesundheit und den Selbstmorden verbundenen Übel zu beseitigen“, sagt Parlamentarier Julius Sunkuli.
In Kenia und vielen anderen Teilen der Welt ist es dringend notwendig, die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen zu bekämpfen. Die Regierung muss mehr für die Aufklärung der Gemeinschaften tun, damit Menschen mit psychischen Problemen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
Joseph Maina ist freier Autor aus Naivasha, Kenia.
mainajoseph166@gmail.com
Wenn Sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen, sprechen Sie mit Freunden oder Familienangehörigen darüber, und suchen Sie sich professionelle Unterstützung. In Deutschland ist beispielsweise die Telefonseelsorge Tag und Nacht erreichbar unter den Nummern 0800 1110111 oder 0800 1110222. Internationale Suizidhotlines finden sich hier:
https://blog.opencounseling.com/suicide-hotlines/