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Entschuldung

G20-Pläne greifen zu kurz

Die Schuldenlast armer Länder steigt weiter. Anstatt in Bildung und Gesundheit fließt viel Geld in die Tilgung von Schulden und Zinsen. Ein internationales, unabhängiges Insolvenzverfahren für Staaten findet derzeit jedoch wenig Unterstützung innerhalb der G20.
Risikoreiche Investition: Ein Schiff der Korea Gas Corp. bohrt nach Flüssiggas vor der Küste von Mosambik. Kogas/picture-alliance/dpa Risikoreiche Investition: Ein Schiff der Korea Gas Corp. bohrt nach Flüssiggas vor der Küste von Mosambik.

Die Zahl der kritisch verschuldeten Länder ist im vergangenen Jahr von 108 auf 116 gestiegen. Eine besonders negative Dynamik stellt der Schuldenreport 2017 des Bündnisses erlassjahr.de für Länder der ehemaligen Sowjetunion und Nordafrika fest . Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ihres Landes weisen diese Länder beispielsweise viel zu hohe Auslandsschulden auf. Viele osteuropäische Länder finanzierten nach Zusammenbruch der Sowjetunion den Übergang zur Marktwirtschaft durch Schulden im Ausland.

Der Schuldenreport kritisiert, dass hoch verschuldete Länder auf das Wohlwollen der Gläubiger angewiesen seien, meist reicher Staaten aus dem Norden. Internationale Standards zur Kreditvergabe fehlten. Die Autoren fordern faire und transparente Verfahren für Schuldenerlasse. Die frei gewordenen Mittel sollten der Armutsbekämpfung zugutekommen.

Viele Staaten Subsahara-Afrikas haben von vergangenen internationalen Entschuldungsinitiativen, den HIPC- und MDRI-Initiativen (Heavily Indebted Poor Countries, Multilateral Debt Relief Initiative), profitiert. Allerdings verschlechtere sich ihre Lage erneut, da die Staaten ihre wiedergewonnene Kreditwürdigkeit nutzten, um weitere Schulden aufzunehmen, informiert der Report.

Dies ist umso leichter, da Afrika aufgrund der niedrigen Zinsen in Europa aktuell internationale Investoren anlockt. Besonders beliebt sind laut Schuldenreport rohstoffreiche Staaten. In Mosambik investierten internationale und mosambikanische Unternehmen beispielsweise in den Aufbau einer Infrastruktur für die vor der Küste gefundenen Erdgasvorräte. Diese Investitionen seien jedoch nicht ohne Risiko, da die Unternehmen mit steigenden Preisen im Erdgassektor kalkulierten. Gehe diese Rechnung nicht auf, steige die private Auslandsverschuldung bei geringem Wirtschaftswachstum. Im schlimmsten Falle, so warnt erlassjahr.de, müsste der mosambikanische Staat einspringen, um einen schwachen Erdgassektor zu stützen.

Staatsverschuldung ist auch ein Thema für die G20, zu deren Mitgliedern selbst stark verschuldete Staaten wie Italien und Japan zählen. Nach Ansicht der Schuldenreport-Autoren gehen die Pläne unter der deutschen G20-Präsidentschaft nicht weit genug. Deutschland hält am sogenannten „Pariser Club“ fest, einem informellen Gremium reicher Staaten, das Entscheidungen über Schuldenerlasse fällt. Die Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer (G77 und China) schlägt hingegen einen formellen Rechtsrahmen für Entschuldungen und Umschuldungen vor. Auch die Einführung einer Insolvenz für Staaten steht derzeit nicht auf der deutschen Prioritätenliste, obwohl er auf UN-Ebene seit 2014 diskutiert wird.

Investmentfonds als Instrument zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten finden derzeit internationale Unterstützung. Allerdings treiben auch sie die Schuldenbilanz der Entwicklungsländer nach oben.


Deutscher Fonds in der Kritik

Der Schuldenreport kritisiert beispielsweise den landwirtschaftlichen Investmentfonds Africa Agriculture and Trade Investment Fund, der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), der KfW-Entwicklungsbank und der Deutschen Bank aufgesetzt wurde. Mit einem Mix aus öffentlichen und privaten Geldern soll die afrikanische Landwirtschaft gestärkt werden. Allerdings ist ein Großteil der Investitionen bislang an Firmen geflossen, die ihren Sitz in sogenannten Steueroasen haben. Steuern, die den Haushalten der armen Länder zugutekämen, werden so vermieden.

Auch die Wirkungen des Investmentfonds, die am Beispiel Sambias untersucht werden, sind laut dem Schuldenreport fragwürdig. Ein landwirtschaftlicher Großbetrieb vermochte es beispielsweise trotz eines 10-Millionen-Dollar-Kredits bislang nicht, die erwünschten Arbeitsplätze zu schaffen. Stattdessen kam es zu Landkonflikten mit der örtlichen Bevölkerung.

Einen Einblick in die Kreditvergabe der „neuen Geber“ vermittelt der Beitrag über Indien. Das in vielen Teilen selbst noch arme Land versucht seinen Einfluss insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent auszubauen und konkurriert somit mit China, das seit Jahren dort investiert. Der Schuldenreport bemängelt die fehlende Transparenz und Kontrolle durch Indiens Zivilgesellschaft.



Link
Erlassjahr.de: Schuldenreport 2017.
http://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2017/03/Schuldenreport-2017-online-1.pdf