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Weiße Schwarze

Albinismus beruht auf einem Gendefekt, der dazu führt, dass der Körper kein Melanin produziert. Dieses aber ist notwendig für die Pigmentierung von Haut, Augen und Haar. Menschen, denen diese Pigmentierung fehlt, werden von der Sonne verbrannt statt gebräunt. Das UV-Licht kann ernste Krankheiten verursachen. Besonders gefährdet sind Albinos in tropischen und sonnenreichen Ländern, in Afrika leidet etwa ein Drittel von ihnen bereits mit 30 Jahren an Hautkrebs. Die African Albino Foundation verteilt in acht Ländern Sonnenschutzmittel an die Betroffenen und klärt sie über Gesundheitsrisiken auf. Zu den gesundheitlichen Problemen kommen soziale: Menschen mit Albinismus werden oft stigmatisiert, Vorurteilen ausgesetzt und diskriminiert.


[ Von Daphne Blaauw ]

Die Tatsache, dass die meisten afrikanischen Albinos die Ursachen ihres Zustands nicht kennen, ist keine große Überraschung. Wenn ein Albino zur Welt kommt, wird in den Familien normalerweise nicht darüber gesprochen. Das Thema ist dermaßen tabuisiert, dass viele betroffene Kinder nicht einmal ihre Eltern danach fragen, warum sie mit einer weißen Hautfarbe geboren wurden. Es dennoch zu tun, wäre nicht nur unhöflich sondern würde auch als Mangel an Respekt gesehen.

In stark religiös geprägten Ländern wird Albinismus als eine Art Vorherbestimmung angesehen. Einige Betroffene glauben, dass ihre Hautfarbe der Wille Gottes sei. Mehr brauchen sie darüber nicht zu wissen – sie müssen nur damit leben.

Unabhängig vom Glauben an den Willen Gottes gibt es in den verschiedenen afrikanischen Ländern aber noch viele andere Erklärungen für Albinismus. Häufig werden sie nicht öffentlich geäußert. Da sie aber in den Köpfen der Menschen existieren, sind sie relevant. Eine solche Vorstellung ist beispielsweise, dass eine Frau von einem Geist geschwängert wurde und der Geist – durch den Leib der Mutter – in den Körper des Kindes gelangt ist. Ein Betroffener sagte einmal: „Ich bin nicht Teil der menschlichen Welt. Ich bin Teil der Geisterwelt.“ So war es ihm erklärt worden. Ein anderer Glaube bezieht sich darauf, dass die Eltern zur falschen Zeit Sex miteinander gehabt hätten – beispielsweise während der Periode der Frau, bei Vollmond oder am helllichten Tag.

Auch wenn Albinos in manchen afrikanischen Gesellschaften relativ gut integriert sind, werden sie nirgends vollständig akzeptiert. In ihrem Alltag werden sie mit vielen Vorurteilen konfrontiert – die allerdings nicht alle negativer Art sind. Beispielsweise werden Albinos häufig als besonders intelligent angesehen. Die Art und Weise, wie man ihnen entgegentritt, ist jedoch oft widersprüchlich und ambivalent – wie das oft der Fall ist, wenn Menschen anders sind als andere. Einige Menschen glauben, dass Albinos Glück bringen; andere denken, dass sie im Gegenteil das Unglück anziehen. Die meisten aber glauben, dass Albinos besondere Kräfte besitzen. Man sollte sich also besser gut mit ihnen stellen, weil man nie so genau wissen kann, wie sie reagieren.

Es wird behauptet, dass in Blut und Haaren von Albinos besondere Kräfte stecken, die Wohlstand, Macht und Glück bringen. Das ist eine der Kehrseiten: Die Betroffenen sind ständig in Gefahr, von jenen, die an Macht und Wohlstand gelangen wollen, verletzt oder gar geopfert zu werden. Immer wieder ist aus einzelnen Ländern zu hören, dass Albinos brutal ermordet worden sind, um ihre Körperteile für Zaubertränke zu verwenden. In Tansania haben Albinos gegen solche Praktiken protestiert. Es gibt auch etliche Geschichten und Gerüchte darüber, dass Menschen mit Albinismus gerade zu Wahlzeiten „verschwinden“.

Gesundheitsrisiken

Über diese Probleme hinaus, sind Albinos besonderen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Vor allem ihre Haut und ihre Augen sind gefährdet. Das Selbstbewusstsein der Betroffenen steht – wenig überraschend – ebenfalls auf dem Prüfstand. Wer schwarz mit einer weißen Haut ist, fällt sofort auf. Die deutlichen Zeichen, die die Sonne auf ihrer Haut hinterlässt – Narben, Blasen, Ausschläge und dergleichen – lässt die Albinos noch stärker hervortreten. Und natürlich ist auch ein dauernder Sonnenbrand nicht nur schmerzhaft sondern auch peinlich.

Die meisten Albinos sind sich der Schäden nicht bewusst, die der bloße Aufenthalt an der Sonne bei ihnen bewirkt, und unternehmen deshalb nichts, um sich zu schützen. Aber selbst wenn ihnen das tödliche Hautkrebsrisiko bewusst wäre, hätten nur wenige die Möglichkeiten, sich entsprechend zu verhalten. Sonnenschutzmittel – im Westen ein Produkt, das es überall gibt – sind in der afrikanischen Gesellschaft praktisch unbekannt. In vielen Teilen des Kontinents sind sie auch gar nicht erhältlich – und wenn doch, dann sind sie unerschwinglich teuer.

Die African Albino Foundation schickt deshalb seit dem Jahr 2004 Sonnenschutzcremes an Vermittler in mehreren afrikanischen Ländern. Diese verteilen die Schutzmittel an die Betroffenen und klären sie gleichzeitig über das Hautkrebsrisiko auf. Menschen mit Albinismus müssen außerdem gute Sonnenbrillen tragen, um ihre Augen vor der UV-Strahlung schützen.

Der Vorstand der Stiftung besteht aus fünf Freiwilligen, viele weitere Menschen helfen mit. Derzeit verteilen sie Sonnencreme an mehr als 1500 Albinos in acht Ländern (Malawi, Sambia, Uganda, Guinea-Bissau, Senegal, Burkina Faso, Mali und Tansania).
Das Ziel der Stiftung ist einfach: Sie will die Lebensqualität von Albinos in Afrika verbessern. Und tatsächlich zeigt ihr Einsatz schon Wirkung. Unglaublich, dass etwas so Einfaches wie Sonnencreme – die man im Westen in jeder Drogerie bekommt – so viel Positives bewirken kann.

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