Interview

„Wissen bündeln“

Die Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank findet im Mai in Frankfurt statt. Eine Frage wird dann sein, was die neue Konkurrenz der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) für das multilaterale Institut bedeutet. Hans-Joachim Fuchtel, der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), sagt, dass es angesichts großer Armut für beide Banken genug zu tun gibt.
„Deutschland hat gemeinsam mit der Asiatischen Entwicklungsbank eine Initiative für die schnell wachsenden Städte Asiens ins Leben gerufen. So können wir heute dafür sorgen, dass die Städte von morgen klimagerecht wachsen.“ U-Bahn-Passagierin in Delhi. Lineair „Deutschland hat gemeinsam mit der Asiatischen Entwicklungsbank eine Initiative für die schnell wachsenden Städte Asiens ins Leben gerufen. So können wir heute dafür sorgen, dass die Städte von morgen klimagerecht wachsen.“ U-Bahn-Passagierin in Delhi.

Aktuell rutschen mehrere Schwellenländer in Wirtschaftskrisen ab. Welche Aufgabe kommt dabei den multilateralen Entwicklungsbanken zu?
Die Schwellenländer waren lange der Motor der globalen Wirtschaft. Stottert der Motor, spüren wir das weltweit, auch in Deutschland. Die multilateralen Entwicklungsbanken können hier entgegenwirken. Sie haben schon in der letzten Finanzkrise bewiesen, dass sie gerade die Schwellenländer vor dem Einbruch der Wirtschaft bewahren können. Wenn private Banken keine Kredite mehr geben, können die Entwicklungsbanken einspringen.

In jeder Krise liegt auch eine Chance. Wenn Schwellenländer wie China boomen, dann kann es doch nicht sein, dass die Menschen in den großen Städten ihre Wohnung nicht mehr verlassen können, ohne großer Luftverschmutzung ausgesetzt zu sein. Wir müssen deshalb auf ein nachhaltigeres Wachstum setzen, gerade auch in den aufstrebenden Ländern. Die multilateralen Entwicklungsbanken haben das Wissen und das Kapital, ihnen dabei zu helfen.


Wie schätzen Sie im Besonderen die Rolle der Asiatischen Entwicklungsbank ein, zu deren Wirkungsbereich riesige Schwellenländer wie China, Indien und Indonesien sowie mehrere kleinere gehören?
Klar ist: Der Bedarf an Investitionen und Reformen ist enorm, sowohl in den großen Schwellenländern als auch in den ärmeren Ländern Asiens. Deutschland hat deshalb dafür gesorgt, dass die Asiatische Entwicklungsbank ihr Ausleihvolumen in den kommenden zehn Jahren um rund ein Drittel ausbauen kann.

Zur Bekämpfung des Klimawandels wird die Bank schon in den nächsten vier Jahren ihre Investi­tionen verdoppeln. Denn nur mit Asien können wir den Klimawandel stoppen. Das ist übrigens für die ärmeren Länder Asiens genauso wichtig wie für die Schwellenländer. Die Bedeutung der SDGs wird hier besonders deutlich. Was allerdings auch deutlich wird, ist die Tatsache, dass der CO2-Ausstoß in Asien besonders hoch ist, der Ausstoß pro Kopf in Europa aber noch höher ist.

Wir befinden uns heute auf einer globalen Baustelle, auf der intelligente Finanzkonzepte gefragt sind, um Lösungen zu finden. Die Menschen, die in Bangladesch an der Küste leben, wissen das genau und ganz konkret. Sie sind nicht daran schuld, dass ihr Hab und Gut im Meer versinkt. Hier stehen wir alle in der Verantwortung, die für den Klimawandel verantwortlich sind.

Deutschland hat gemeinsam mit der Asiatischen Entwicklungsbank eine Initiative für die schnell wachsenden Städte Asiens ins Leben gerufen. So können wir heute dafür sorgen, dass die Städte von morgen klimagerecht wachsen: guter öffentlicher Nahverkehr, energiesparende Stadtbeleuchtung, erdbebensichere Häuser, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wir wollen die diesjährige Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank im Mai in Frankfurt dafür nutzen, dass die Bank noch mehr auf Nachhaltigkeit setzt. Wenn die Bank die Länder in Asien in ihren nationalen Wirtschaftsstrategien berät, muss Nachhaltigkeit ganz oben stehen. Dazu zählt die Bekämpfung des Klimawandels genauso wie das Thema globale Lieferketten. Nur wenn wir auch am Anfang der Wertschöpfungskette existenzsichernde Löhne bezahlen, schaffen wir für die Menschen in den Herstellerländern unserer Kleidung eine Perspektive. Die Näherin in Bangladesch muss von ihrem Lohn leben können.


In welcher Beziehung wird die ADB dabei zur AIIB stehen, die von den Schwellenländern unter anderem gegründet wurde, um das Feld nicht den etablierten Wirtschaftsmächten zu überlassen?
Der Bedarf an Infrastruktur in den Entwicklungs- und Schwellenländern ist enorm. Sie brauchen Bahnlinien, Straßen, Schulen und Krankenhäuser. Noch immer leben mehr als 1,6 Milliarden Menschen in Asien von weniger als zwei Dollar am Tag. Wenn nun also die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank ihren Betrieb aufnimmt, kann das nur in unserem Interesse sein. Wir müssen allerdings sicherstellen, dass Umwelt- und Sozialstandards auch hier gelten. Dafür wird die Bundesregierung als Anteilseignerin sorgen.


Ein wichtiges Anliegen der multilateralen Entwicklungsbanken ist die Armutsbekämpfung mit besonderer Berücksichtigung der am wenigsten entwickelten Länder. Welche Aufgaben sollten dabei die regionalen Entwicklungsbanken und welche die global tätigen Institutionen übernehmen, und läuft diese Kooperation gut?
Globale Institutionen wie die Weltbank arbeiten immer enger mit den regionalen Entwicklungsbanken zusammen. Immer öfter tun sie sich bei großen Infrastrukturinvestitionen oder Haushaltskrisen zusammen und entwickeln gemeinsame Konzepte und Standards. Hier dürfen wir übrigens auch unsere deutschen Organisationen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit nicht vergessen. Bestes Beispiel dafür ist das gerade eröffnete weltgrößte Solarkraftwerk in Marokko. Gemeinsam haben die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, Deutschland und weitere Geber die Energiewende in Afrika eingeleitet.

Es macht natürlich keinen Sinn, wenn alle alles machen. Wir brauchen deshalb eine sinnvolle Arbeitsteilung. Die regionalen Banken sind näher dran an den regionalen Problemen.

Viele Herausforderungen machen aber nicht an den Grenzen einzelner Länder oder Kontinente halt. Der Klimawandel zeigt uns das eindrücklich. Hier müssen wir Wissen bündeln. Das ist die Stärke der globalen Institutionen.


Hans-Joachim Fuchtel ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
http://www.bmz.de

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