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Kommentar

Unglücklicher Moment

Nigerias Volkswirtschaft steckt in einer schweren Krise. Ob Präsident Muhammadu Buhari die Dinge zum Besseren wenden kann, ist offen. Im Juni wurde die nationale Währung vom Dollar abgekoppelt. Das zeigt, dass die Regierung die Probleme erkennt, bedeutet aber noch nicht, dass sie ihnen gewachsen ist.
Demonstration gegen Subventions­abbau wegen steigender Treibstoffpreise. Alamba/AP Photo/picture-alliance Demonstration gegen Subventions­abbau wegen steigender Treibstoffpreise.

Den offiziellen Daten zufolge rutschte Nigeria im zweiten Quartal in eine Rezession. Die Wirtschaft schrumpfte um 0,36 Prozent. Der Abschwung hat mehrere Gründe, wobei am wichtigsten ist, dass der Ölpreis auf dem Weltmarkt tief gefallen ist. Gewalt im ölreichen Niger-Delta hat aber auch die Förderung um rund ein Drittel zurückgehen lassen. Viele Menschen wissen nicht, wie sie zurechtkommen sollen, denn Verbraucherpreise und Arbeitslosigkeit steigen rasant.

Der Boko-Haram-Konflikt im Nordosten ist in erster Linie natürlich ein Sicherheitsproblem. Er hat aber auch ökonomische Folgen, da Militäreinsätze Staatsmittel in erheblichem Umfang erfordern.

Lange Zeit schien die Buhari-Regierung die wirtschaftlichen Probleme nicht ernst zu nehmen. Der Präsident hoffte wohl, es reiche, wenn seine Regierung einerseits die Korruption konsequent bekämpfe und andererseits die volkswirtschaftlichen Kommandohöhen besetzt halte.

Buhari war Mitte der 1980er Jahre der Kopf einer Militärregierung und bezeichnet sich heute als „bekehrten Demokraten“. Bislang rückte er aber von den ökonomischen Konzepten der 80er Jahre nicht ab. Damals glaubten die Spitzenpolitiker ehemaliger Kolonien, sie könnten die Volkswirtschaft entwickeln, indem sie Unternehmen Anweisungen erteilten. Den Wechselkurs zu garantieren war dabei eine Frage des Stolzes.

Buhari gewann 2015 die Präsidentschaftswahlen, weil die Bürger sein Versprechen, die Korruption zu bekämpfen, gut fanden. Er wollte sogar Schmiergelder zurückholen. Die Nigerianer sind es leid, in Armut zu leben, während eine kleine Elite den Ölreichtum abkassiert. Zu Jahresbeginn lebten mehr als 60 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, und ihr Anteil ist seither krisenbedingt gewachsen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die staatlichen Haushalte saniert werden müssen. 2015 wies Buhari die Zentralbank an, 27 nigerianischen Bundesländern auszuhelfen, damit sie ihren Staatsdienern ausstehende Gehälter bezahlen konnten. 36 Bundesländer und rund 800 Kommunen sinken tendenziell immer tiefer in die roten Zahlen.

Buhari hat als Präsident Pech. Er trat sein Amt an, als die Wirtschaft in den Abwärtsstrudel geriet. Er kann nichts dafür, dass der Ölpreis abgestürzt ist – aber diese Entwicklung hat seinen Handlungsspielraum deutlich verringert. Vizepräsident Yemi Osinbajo sagte seinerzeit, die neue Regierung übernehme die Volkswirtschaft im schlimmsten Moment ihrer Geschichte. Vorherige Regierungen verließen sich auf üppige Öleinnahmen, aber jetzt sind die Zeiten mager.

In einem radikalen Schritt hat die Zentralbank im Juni die Landeswährung Naira vom Dollar abgekoppelt. Der Dollar kostet nun 280 Naira statt zuvor 199 Naira.

Das neue Wechselkursregime hat klare Vorteile:

  • Nigerias Währungsreserven erodieren nicht so rasant wie zuvor, als der Staat den festen Wechselkurs garantierte; allerdings sind sie schon ziemlich knapp geworden.
  • Der Schwarzmarkt, auf dem Währungen getauscht werden, hat seine Bedeutung verloren.
  • Nigerias Exporte sind billiger geworden, und das kann die Wirtschaft in Schwung bringen.

Es gibt aber auch Nachteile. Vor allem sind Importe deutlich teurer geworden, was die Inflation weiter anheizt. Leider führt Nigeria außer Öl eigentlich nichts aus, und auf dem Weltmarkt hat die nationale Währung wenig Relevanz für die Ölnachfrage, sodass die Wirkung auf das Exportvolumen begrenzt bleiben dürfte.

Buhari hat sich politisch viel vorgenommen. Die Menschen nehmen ihm ab, dass er sowohl der Korruption als auch Boko Haram und der Gewalt im Delta ein Ende setzen will. Wenn er aber die Wirtschaftsprobleme nicht in den Griff bekommt, wird es ihm schwer fallen, überhaupt etwas zustande zu bringen.


Ibrahim Mohammed ist nigerianischer Journalist.
ibrahim.mohd80@yahoo.com