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Kommentar

Mehr als Handel

Manila scheint unentschlossen, was den Beitritt zur Trans-Pacific Partnership (TPP) angeht. US-Präsident Barack Obama strebt dieses Handelsabkommen an. Befürworter sehen riesige ökonomische Chancen und Kritiker große Nachteile.
„Telekomunternehmen würden zu Spionen“: Nutzer von Smartphones und Tablet­computern halten sich bereit, um Papst Franziskus im Januar in Manila zu knipsen. Bullit Marquez/AP Photo/picture-alliance „Telekomunternehmen würden zu Spionen“: Nutzer von Smartphones und Tablet­computern halten sich bereit, um Papst Franziskus im Januar in Manila zu knipsen.

2014 Jahr sagte Präsident Benigno Aquino, seine Regierung „prüfe“ die Optionen, was TPP angeht. Im März urteilte dann sein Handelsminister Gregory Domingo, das Land werde unter der aktuellen Regierung nicht beitreten, weil die Zeit zur Prüfung fehle. Im Mai teilte er dagegen mit, TPP sei „lebendig“ und schreite voran.

Der Hintergrund ist, dass 2006 Brunei, Chile, Singapur und Neuseeland die Trans Pacific Strategic Economic Partnership Agreement unterzeichneten und die USA zwei Jahre später mit ihnen Verhandlungen aufnahm, um Finanzdienstleistungen zu liberalisieren. Mittlerweile nehmen auch Australien, Peru, Vietnam, Malaysia, Kanada, Mexiko und Japan an den TPP-Verhandlungen teil.

Für Manilas Unentschlossenheit gibt es zwei mögliche Gründe. Erstens hofft die Regierung vielleicht auf größere Vorteile durch die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), der Alternative, die China zur TPP vorschlägt. Zweitens will Aquino in seinem letzten Amtsjahr möglicherweise nicht viel politisches Kapital in ein arg umstrittenes Unterfangen stecken.

Die TPP-Befürworter sehen riesige Chance wie etwa jährliche Ausfuhren im Wert von 10 Milliarden Dollar. Kritiker finden dagegen viele Mängel. Erstens wird das Bündnis heimlich ausgehandelt, und zweitens belegt das, was dennoch bekannt wurde, dass TPP weit über herkömmliche Handelspolitik mit Zöllen und Quoten hinausgeht. In 29 Kapiteln sollen die Mitglieder weitreichende Verpflichtungen eingehen, die vor allem großen Konzernen dienlich würden.  

Befürworter sagen, die Verhandlungen müssten geheim laufen, damit die Gesprächsstrategien durchgehalten werden können. Gegner halten das für Unsinn. Der Intellektuelle Walden Bello urteilt über TPP und sein europäisches Gegenstück TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership): „Würden sie offen verhandelt, gäbe es keine Chance, dass die Völker sie akzeptieren würden.“ Seiner Meinung nach geht es in beiden Fällen darum, „Konzernmacht über jeden Aspekt unseres Lebens durchzusetzen – mittels Rechten auf geistiges Eigentum und Verfahren für Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten.“

Zu den berüchtigtsten TPP-Regeln gehören die über geistiges Eigentum und über  Schiedsstellen für Investor-State Dispute Settlement (ISDS). TPP-Partner werden sich, was Copyright und digitale Rechte angeht, an die strengen US-Normen halten müssen. Patente könnten dann Medikamente und Bücher teurer machen. Auch müssten Telekomunternehmen in Mitgliedsländern Kunden überwachen, um Rechtsverstöße im Internet zu verhindern, und würden so zu Spionen und Zensoren werden. Zudem würde die Veröffentlichung von „Handelsgeheimnissen“ unter Strafe gestellt, sodass Journalisten und Whistleblowern Haft drohen würden.

Dank ISDS könnten Unternehmen Staaten vor Spezialgerichte ziehen, wenn sie meinen, deren Politik bedrohe ihre Gewinne oder auch nur ihr Recht auf faire Behandlung. Pharmaunternehmen könnten klagen, um Medikamente teuer zu machen, und Tabakkonzerne könnten sich gegen die Pflicht zu Gesundheitswarnungen auf Zigarettenpackungen wehren.  

Letztlich hieße ISDS, dass nicht nur das jeweils höchste Gericht eines Landes neue Gesetzgebung prüft, sondern ausländische Investoren sich auch an eine zweite Art von Justiz wenden könnten. Die wäre nicht dazu da, die Verfassungsordnung aufrecht zu erhalten, sondern sie könnte gegen alles entscheiden, was einen Investor stört. Es ist unwahrscheinlich, dass der US Supreme Court solchen Rechtspluralismus zulässig fände. Klar ist aber, das gut bezahlte Rechtsanwälte ihr Bestes geben werden, um das doppeldeutige System im Sinne großer Konzerne auszunutzen – beispielsweise mit lukrativen Schlichtungen.

Für die Philippinen werden diese Dinge aber vielleicht gar nicht den Ausschlag über TPP geben. Geopolitische Erwägungen könnten wichtiger sein. Angesichts des forschen Auftretens Chinas im Südchinesischen Meer könnte es Manila vor allem darauf ankommen, sich mit den USA gut zu stellen. Angesichts der Skepsis im US-Kongress gegenüber Obamas Handelspolitik, muss Manila aber vielleicht am Ende auch gar nicht entscheiden.



Alan Robles ist freier Journalist in Manila.
alanrobles@gmail.com