Entwicklung und
Zusammenarbeit

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Arbeit

Transkulturelles Training

Entscheidungsträger aus Deutschland haben die Chance, im Rahmen des Exposure- und Dialogprogramms (EDP) Entwicklungs­länder kennenzulernen. Die Teilnehmer treffen Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Behörden und lernen Berufsausbildungsstätten kennen. Kern des Programms sind jedoch Aufenthalte in Familien, die von Armut betroffen sind. Das EDP wird von einem katholischen Verein durchgeführt. Sheila Mysorekar hat Pater Savio Silveira, den Geschäftsführer der Don Bosco Development Society in Mumbai, über seine Erfahrungen mit dem EDP interviewt.
Learning to repair motor scooters. Ute Lange Learning to repair motor scooters.

Warum ist die Don Bosco Development Society in Mumbai ein Partner von EDP?
Don Bosco ist eine internationale Organi­sation, die zurzeit in 132 Ländern weltweit aktiv ist. Bedingt durch diesen internationalen Charakter sind wir der festen Überzeugung, dass Zusammenarbeit in internationalen Programmen für alle Beteiligten eine bereichernde Erfahrung ist. In Mumbai arbeitet Don Bosco in verschiedenen Armenvierteln, mit Jugendlichen, Frauen und Stammesangehörigen. Da das EDP-Programm darauf fokussiert ist, Entscheidern die Möglichkeit zu geben, direkte Erfahrungen mit den Realitäten der Entwicklungsthemen zu machen, sind wir liebend gern Partner in dieser Initiative.   

Was ist Ihre bisherige Erfahrung?
Wir haben 2010, 2012 und 2013 mit dem EDP kooperiert. Unsere Erfahrung dabei war sehr positiv und jedes Mal sehr bereichernd. Die Teilnehmer aus Deutschland kommen mit großer Offenheit und mit Enthusiasmus; sie wollen lernen, aber auch ihre eigene Expertise teilen. Das ist eine neue Erfahrung für die Gastfamilien in den Slums, die ausländische Gäste bei sich zu Hause aufnehmen.


Warum ist der persönliche Kontakt so wichtig?
Die Beziehung zwischen dem Teilnehmer und der Gastfamilie ist der Schlüssel zur Lernerfahrung, auf der der gesamte EDP-Prozess aufbaut. Wenn einmal das grundsätzliche Vertrauen und entspannter Umgang da ist, können die Teilnehmer die gesamte familiäre Situation wirklich ver­stehen, also was das Training dem Auszubildenden bedeutet, und inwiefern es für ihn und seine Familie etwas verändert. Auf diese Weise bekommen die Teilnehmer nicht nur unpersönliche Informationen über Ausbildungen, sondern sie können persönlich etwas damit verbinden. EDP erweitert nicht nur Konzepte im Kopf, sondern berührt auch das Herz.

Wie beurteilen die Gastfamilien ihre Erfahrung mit dem EDP?
Die Gastfamilien waren sehr glücklich mit den Teilnehmern. Für sie ist es eine einmalige Erfahrung, ausländische Gäste zu beherbergen. Obwohl es kurze Aufenthalte sind, hinterlassen sie einen tiefen Eindruck. Es ist eine Ehre, Gäste zu empfangen, und es stärkt das Selbstbewusstsein der Menschen. Arme Menschen in Indien sind es nicht gewohnt, dass sie von Bessergestellten anerkannt werden, und deswegen bedeutet es ihnen viel, sich mit wohlhabenden Besuchern aus dem Ausland anzufreunden. Aber außerdem ist EDP für Don Bosco eine gute Gelegenheit, um unsere Partnerschaften und Perspektiven zu erweitern.

Was sind Ihrer Einschätzung nach die wichtigsten Errungenschaften des EDP?

  •  Erstens ist es die Absicht des EDP, den deutschen Teilnehmern ein tiefer­gehendes Verständnis für Ausbildung in Indien zu ermöglichen. Sie lernen den familiären Kontext der Auszubildenden kennen, erfahren mehr über deren Pläne, Hoffnungen und Zukunftschancen. Wir haben den Eindruck, dass am Ende von jedem Programmzyklus die Teilnehmer mit genau diesen Erfahrungen nach Deutschland zurückgekehrt sind.
  •  Zweitens knüpft das Programm gute Verbindungen zwischen deutschen Unternehmensniederlassungen und Don- Bosco-Einrichtungen hier im westlichen Indien. Dadurch wird die Ausbildung besser, die wir anbieten.
  •  Zu guter Letzt hat das EDP Don Boscos Ruf als globalen Anbieter von Ausbildung gestärkt.


Das EDP betont den Dialog mit Poli­tikern, Führern und Geschäftsleuten. Warum ist das wichtig?
Politiker und Privatunternehmen zusammenzubringen, ist sehr nützlich. Es kann dazu führen, dass bessere Politik zur Unterstützung von Ausbildung gemacht wird, vor allem für die Armen und Benachtei­ligten. Gleichzeitig hat das EDP uns gute Partnerschaften mit Firmen verschafft. Zu den Unternehmen, die beim EDP mitgemacht haben und nun mit Don Bosco Mondo kooperieren, gehören der Bremsenhersteller Knorr-Bremse und das Sanitärunternehmen Grohe. Das Ergebnis sind bessere Ausbildungsstätten, verbesserte Ausbildungspläne und in manchen Fällen auch gemeinsame Abschlusszeugnisse. Solche Dinge verbessern natürlich die Chancen für diese jungen Menschen, einen Arbeitsplatz zu finden – und das ist unser oberstes Ziel.

Welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen, um Gäste unterzubringen?
Die Hauptschwierigkeit ist es, geeignete Gastfamilien zu finden. Die Auszubildenden freuen sich darauf, die Gäste zu sich einzuladen, machen sich aber auch Sorgen. Sie fragen sich zum Beispiel, ob ihr Gast damit zurechtkommt, in einem Slum zu wohnen? Es ist auch nicht leicht, den Eltern das Konzept der Auszubildenden zu erläutern. Denn sie können sich einfach nicht vorstellen, warum Leute aus dem Ausland bei einer Slum-Familie unterkommen wollen. Andererseits sollten die Wohnungen, die wir auswählen, ein Minimum an Komfort bieten. Es muss genug Platz geben, damit der Gast schlafen kann, und Bad und Toilette müssen relativ sauber sein. Am ersten Tag, wenn die Gäste zu ihren Gastfamilien kommen, müssen andere Hürden überwunden werden. Wir müssen die kulturellen Unterschiede überbrücken. Aber wenn die erste Scheu vorbei ist, läuft alles wie von selbst.

Inwiefern würden Sie sagen, dass das Programm gut konzipiert ist?
Der erste Punkt, der uns beim EDP beeindruckt hat, ist die Präzision, mit der es geplant ist. Das Organisationsteam kommt immer einige Wochen vor dem Start des eigentlichen Programms nach Indien und besucht jede Institution und Gastfamilie. Darüber hinaus wird jedes Detail des Programms genau besprochen und – wenn möglich – geprobt. Das war eine wichtige Erfahrung für uns. Hinzu kommt, dass die Beziehungen, die zwischen den Teilnehmern und den Gastfamilien in nur wenigen Tagen aufgebaut werden, bemerkenswert sind. Manchmal kommen Angehörige der Teilnehmer sie dort besuchen, bevor sie wieder nach Deutschland zurückfliegen. Schließlich ergeben sich auch immer wieder neue Perspektiven während der Dialogtage. Es ist interessant und inspirierend, unsere Arbeit durch die Augen von Außenstehenden zu sehen. Wir gewinnen neue Perspektiven und Ideen, wie wir unsere Ausbildung verbessern können.

Ist nichtformelles Training ein guter Weg zu beruflicher Beschäftigung?
Indien ist nach wie vor ein Entwicklungsland, und die Armut muss mit unterschiedlichen Mitteln bekämpft werden. Eine Schlüsselstrategie ist es, junge Menschen mit nützlichen Fähigkeiten auszustatten. In Indien macht ein großer Prozentsatz der Jugendlichen keinen Schulabschluss, also ist nichtformelle Ausbildung fast die einzige Möglichkeit für sie, etwas zu lernen, was sie für einen Arbeitsplatz brauchen. Nichtformelle Ausbildung ist zwar nicht der beste Start ins Berufsleben, aber sie hilft jungen Leuten, bezahlte Arbeit zu finden. Wichtig ist, dass sie Fertigkeiten erwerben, die die Wirtschaft benötigt.

Ist Jugendarbeitslosigkeit ein Problem in Indien?
Ja, das ist es. Die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe zwischen 15 bis 29 ist bedeutend höher als für Arbeitsfähige im Allgemeinen. Das gilt für junge Männer und Frauen, in städtischen ebenso wie in ländlichen Gegenden. Bessere Ausbildung ist deswegen äußerst wichtig. Und man darf nicht vergessen, dass die Situation von Jugendlichen aus marginalisierten Gemeinschaften und entlegenen Re­gionen am schlimmsten ist. Sie leiden unter vielen Ungerechtigkeiten. Deswegen ist es wichtig, sich gerade an sie zu wenden und ihnen Möglichkeiten zu eröffnen. Nicht-formelles Training ist in diesem Kontext eine gute Option.

Was empfehlen Sie für die Zukunft?
Bis jetzt hat sich das EDP auf Ausbildung und Beschäftigung konzentriert. Aber da Don Bosco auch an anderen Themen arbeitet, wie zum Beispiel die Förderung von Frauen, Umweltproblematik et cetera, wäre es gut, zukünftige Programme mit Fokus auf einige dieser Themen zu planen.

Pater Savio Silveira ist Geschäftsführer der Don Bosco Development Society in Mumbai. savioraj@gmail.com

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