Durchführungsorganisationen
Schritt für Schritt lernen
Es ist oft schwer, Armut, Umweltzerstörung und andere Entwicklungsprobleme anzugehen, weil die Ursachen tief in der soziopolitischen Kultur des jeweiligen Landes verwurzelt sind. Lösungen, die funktionieren, müssen auf diesen Kontext zugeschnitten sein und ihn positiv verändern. David Booth und Sue Unsworth vom ODI schreiben in ihrer aktuellen Publikation, es sei nötig, in einem iterativen Verfahren ein Konzept, das greift, zu entwickeln und zu testen und dieses dann kontinuierlich auszuweiten.
Um solche Lösungen zu finden, müssen die Projektverantwortlichen dort, wo sie eingreifen, die politischen Verhältnisse gut verstehen. Sie müssen sich mit Interessengruppen vernetzen und gemeinsame Ziele ausmachen. Dann, so die Autoren, könnten sie Bündnisse schmieden, die Wandel herbeiführen. Wichtig sei, Schritt für Schritt zu lernen und Kontakte zu potenziellen Verbündeten zu knüpfen.
In der Regel wird das Menschen aus dem jeweiligen Land leichter fallen als Angestellten ausländischer Institutionen, heißt es in der Studie. Allerdings könnten auch Ausländer mit guten Ortskenntnissen erfolgreich arbeiten. Die Autoren empfehlen, Geberinstitutionen sollten Vorhaben langfristig unterstützen, vielversprechende örtliche Akteure fördern und Geld flexibel einsetzen. Anfangs seien große Summen nicht hilfreich, weil zunächst das richtige Konzept erarbeitet werden müsse, und dieses gelte es dann anschließend kontinuierlich umzusetzen.
Den Daten zufolge hilft es, wenn die Mitarbeiter der Durchführungsorganisation lange mit dem Thema befasst sind und selbst ein gründliches Wissen der örtlichen Verhältnisse haben. Jedenfalls werde Spielraum gebraucht, um durch Trial and Error zu lernen. Die Autoren fordern, Erfolgserfahrungen sollten genutzt werden, um den Ansatz der politisch cleveren und vor Ort gesteuerten Eingriffe auszuweiten. So setzten Geber auch Reformen in ihren eigenen Ländern um – und es sei ein Zeichen dafür, wie abgehoben sie in der Entwicklungszusammenarbeit agierten, dass daran erinnert werden müsse.
Die ODI-Wissenschaftler stützen sich auf Fallstudien mehrerer Projekte. In drei Projekten ging es um ländliche Entwicklung (in Indien und den Philippinen), in einem um Entwaffnung und Wiedereingliederung von Kämpfern (in der DR Kongo) und in zwei Projekten um bessere Interaktion von Staat und Bürgern (in Nepal und Burma). Eine siebte Fallstudie befasste sich mit dem EU-Programm FLEGT (Forest Law Enforcement, Governance and Trade Action Plan), das illegal geschlagenes Tropenholz vom europäischen Markt fernhalten soll und in verschiedenen Ländern implementiert wird.
Die beiden Autoren räumen ein, dass sie ihre Erfolgsgeschichten willkürlich ausgewählt haben. Dennoch betonen sie, ihre Einsichten seien verallgemeinerbar. Zu viele Entwicklungsvorhaben scheiterten jedenfalls daran, dass sie nicht auf die örtlichen Bedingungen eingingen und die soziopolitischen Verhältnisse nicht änderten.
Die Studie beurteilt die Fähigkeit von Geberinstitutionen, nachhaltigen Wandel zu fördern, optimistisch. Sie fordert aber, dass die Durchführungsorganisationen die richtigen Mittel systematisch anwenden müssten. Allzu oft seien Managementvorgaben dagegen kontraproduktiv. So schränkten etwa eng definierte Fristen für Mittelabfluss und Projektimplementierung den nötigen Spielraum für iterative Erprobung der Konzepte ein. Externe Fachleute, die zu wissen meinen, was funktioniert, unterhöhlten zudem die Eigenverantwortung örtlicher Akteure. Booth und Unsworth schreiben, Geber sollten Praktiken aufgeben, die auf der Annahme beruhten, Entwicklung sei „einfach, vorhersagbar und von außen lieferbar“.
Hans Dembowski
Link:
Booth, D., und Unsworth, S., ODI, September 2014:
Politically smart, locally led development.
http://www.odi.org/publications/8800-politically-smart-locally-led