Medien

Stereotype überwinden

Der afrikanische Kontinent steht in deutschen Medien häufig als Synonym für Armut, Krieg, wilde Tiere und schöne Landschaften. Eine differenzierte Berichterstattung gibt es kaum. Soziale Medien und Blogger aus Afrika könnten dies verändern.
Blogger Mac-Jordan Degadjor spricht über das Afrikabild in westlichen Medien. Jörg Müller Blogger Mac-Jordan Degadjor spricht über das Afrikabild in westlichen Medien.

Medien berichten vor allem dann über den Kontinent, wenn er von Katastrophen erschüttert wird oder wenn ein Bezug zu Deutschland hergestellt werden kann. Eine regelmäßige und facettenreiche Afrikaberichterstattung ist selten. Hinzu kommt, dass wirtschaft­liche Probleme Medienhäuser dazu zwingen, ihre ohnehin wenigen Korrespondenten vor Ort abzuziehen. Etwa jede fünfte Stelle wurde in den vergangenen Jahren gestrichen.

Auch in den Jahren davor konnten Korrespondenten kaum ausgewogen berichten, weil ihre Mittel zu gering und Berichtsgebiete zu groß sind. Laut einer Studie des Afrikaforschers Lutz Mükke aus dem Jahr 2009 muss ein Korrespondent durchschnittlich 33 afrikanische Länder abdecken. Jedem Land gerecht zu werden erscheint angesichts derartiger Strukturen unmöglich. So entstehen und verstärken sich Stereotype.

Der kenianische Schriftsteller Binyavanga Wainaina brachte die Vorurteile westlicher Afrikaberichterstattung in seiner ironischen Anleitung „How to write about Africa" auf den Punkt. Er spottete: „Schreib über Afrika, als wäre es ein Land. (...) 900 Millionen Menschen sind zu beschäftigt damit, zu verhungern und zu sterben, Krieg zu führen und auszuwandern, um dein Buch zu lesen."

„Stereotype sind nicht per se schlecht. Sie helfen uns, die Komplexität der Welt zu reduzieren", sagt Richard Nawezi, Vorstand der Stiftung Partnerschaft mit Afrika, die Zusammenarbeit zwischen Akteuren in Deutschland und Afrika fördern will. Allerdings würden im deutschen Fernsehen und auf Plakaten Bilder über Afrika verbreitet, die noch aus der Kolo­nialzeit stammen. Und dass, obwohl sieben der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Afrika liegen und Unternehmertum und Innovation boomen.

Von diesen Erfolgen wird nur selten berichtet. Bisher hätten Nichtafrikaner die Geschichten über Afrika geprägt, meint der ghanaische Blogger und Aktivist Mac-Jordan Degadjor: „Um Stereotype zu überwinden, müssen Afrikaner für sich selbst sprechen."

Das Internet eröffnet dazu neue Möglichkeiten. Über soziale Medien wie Facebook und Twitter oder Blogs können viele ihre Meinung äußern, Informationen weitergeben oder Missstände anprangern. In zahlreichen afrikanischen Ländern hat sich eine dynamische Bloggerszene entwickelt – auch weil es häufig nur wenige, meist staatlich gelenkte Printmedien gibt (siehe Kommentar von Abdou Lo in dieser Ausgabe).

Rosebell Kagumire, Journalistin und Bloggerin aus Uganda, sieht diesen Wandel positiv: „Das Internet bietet eine demokratische Struktur, innerhalb derer jeder veröffentlichen oder mit anderen diskutieren kann." Sie nennt den Ara­bischen Frühling als Beispiel wie machtvoll neue Medien sein können. Dieser Einfluss kann positiv genutzt werden, um gesellschaftliche Entwicklung voranzutreiben.

Das Internet bietet zwar mehr Meinungsfreiheit und Partizipation, es kann klassische Medien jedoch nicht ersetzen. Medienexperten kritisieren, dass Blog­inhalte nicht immer journalistische Qualität haben. Allerdings erweitern sie die mediale Vielfalt und erreichen vor allem junge Leute. Die meisten Medienschaffenden sehen Blogs als Ergänzung zu Zeitung, Radio und Fernsehen. Sie bieten vor allem die Chance, mehr als nur Katastrophen- und Reiseberichte über Afrika zu liefern.

Die Frage, wie ein differenziertes Afrikabild vermittelt werden kann, diskutierten Teilnehmer eines Medienkongresses der Stiftung Partnerschaft mit Afrika. Zu der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützten Veranstaltung waren im September deutsche und afrikanische Print- und Radiojournalisten sowie Blogger eingeladen, um gemeinsame Projekte zu entwickeln.

Es entstanden erste Entwürfe: Jour­nalisten aus Südafrika und Deutschland hatten die Idee zu einer gemeinsamen Agentur, die Medienbeiträge im jeweils anderen Land anbieten könnte. Weitere Teilnehmer wollen ein Onlineradio gründen, das Beiträge aus Afrika und Deutschland vereinen soll. Bei einem Treffen im nächsten Jahr wollen sich die Medienleute über die Fortschritte austauschen.

Monika Hellstern