Krisenprävention
Evaluierung zur Qualitätskontrolle
Vom Gelingen von Friedensmissionen hängt viel ab – vor allem Menschenleben. Um einen erfolgreichen Ausgang zu garantieren, sind Evaluierungen der laufenden Arbeit eine gute Methode. Gutachter ziviler Krisenpräventionsmaßnahmen haben jedoch keine leichte Aufgabe. In komplexen Konfliktsituationen ist es besonders schwierig, kohärente Daten zu erheben. Dabei spielen Evaluierungen eine wichtige Rolle als Korrektiv von Wirkungsannahmen in Friedensmissionen.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) benennt die spezifischen Herausforderungen:
- Ein hohes Gewaltrisiko kann die Gutachter dabei einschränken, kritische Fragen zu stellen, Daten zu erheben, lokale Mitarbeiter anzuwerben, Gesprächspartner zu treffen, Erkenntnisse zu veröffentlichen und Quellen offenzulegen. Informationen sind unter Umständen verzerrt, zensiert oder unvollständig.
- Gutachter müssen ausreichende Flexibilität mitbringen, um den Herausforderungen unberechenbarer Veränderungsprozesse zu begegnen, in denen viele Akteure mit häufig widerstreitenden Interessen beteiligt sind.
- Es mangelt an vereinbarten, bewährten Strategien für die effektive zivile Krisenprävention, sodass es auch keinen Konsens über geeignete Indikatoren zur Erfolgsmessung geben kann.
- Es ist schwer, statistische Methoden richtig anzuwenden, weil es an zuverlässigen und systematisch erhobenen Daten mangelt.
- Wegen der Politisierung internationaler Beziehungen und Empfindlichkeiten in nationalen Kontexten haben Gutachter oft wenig Handlungsspielraum.
Ohnehin stehen Evaluierer oft unter dem Verdacht, ihren Auftraggebern Gefälligkeitsgutachten zu liefern (siehe Interview mit Jim Rugh in E+Z/D+C 2012/07, S. 300). Deshalb ist es wichtig, dass sie möglichst vielfältige Informationsquellen nutzen. Philipp Rotmann vom Global Public Policy Institute sagt: „Wirkungsanalysen müssen in einem partizipativen Ansatz mit Einbeziehung aller am Einsatz beteiligten Akteure durchgeführt werden.“ Dies schließe die Zivilbevölkerung ebenso wie Entscheidungsträger ein.
Laut Christine Toetzke vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ergeben Evaluierungen oft, dass die mit einer Maßnahme angestrebten Ziele zu hoch gesetzt und Risiken unterschätzt wurden. Auch eine systematische Kontextanalyse bleibe oft aus. Eine konkrete Abgrenzung des Feldes sei unbedingt notwendig, betonte Toetzke auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum Ende letzten Jahres.
Die staatliche Entwicklungspolitik steht unter dem Generalverdacht, Mittel zu verschwenden. Deshalb tun sich Durchführungsorganisationen oft schwer, Probleme in der eigenen Arbeit einzugestehen, wie Thania Paffenholz vom Schweizer Graduate Institute of International and Development Studies ausführt. Sie betont, Evaluierungen sollten zu Lernprozessen anregen. Das sei aber nur begrenzt möglich, wenn Evaluierungen zugleich oder sogar in erster Linie der Legitimation dienen sollen. Sie spricht sich dafür aus, langfristige Kapazitäten und Expertise durch Eigenevaluierungen aufzubauen, anstatt vor allem auf „Auftragsbewertung“ abzuzielen.
Zudem sollten Durchführungsorganisationen Evaluierungen auch dazu nutzen, ihre eigene Position im globalen Kontext zu verstehen, erklärt Paffenholz. Geber müssten sich schließlich auch daran orientieren, was international als „State of the art“ gilt. Paffenholz plädiert deshalb für Forschungs- und Evaluierungspartnerschaften auf internationaler Ebene. Zugleich warnt sie, dass die gewohnten Wirkungshypothesen oft auf Konfliktsituationen nicht passten und dem jeweiligen Kontext entsprechend modifiziert werden müssen. Sie hält es für wichtig, nicht nach „Schema F“ vorzugehen.
Floreana Miesen